piwik no script img
taz logo

Kommentar G36-GewehreGroße Schaufensterpolitik

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Wer die Bundeswehr häufiger ins Ausland schicken will, muss klären, ob die Ausrüstung ihr Geld wert ist. Grundsatzreden helfen nicht.

Gewehre sollten auch noch geradeaus schießen, wenn die ersten Patronen den Feind verfehlen. Bild: dpa

M it großen Worten hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor eineinhalb Jahren ihr Amt angetreten: Gleichgültigkeit dürfe für Deutschland keine Option mehr sein, in internationale Konflikte müsse sich die Regierung stärker einmischen, für Auslandseinsätze der Armee dürfe es keine Tabus mehr geben.

Bundespräsident Gauck und Außenminister Steinmeier flankierten den Paradigmenwechsel, und auch links der Mitte stieß die Ministerin auf offene Ohren: Es waren die Grünen, die den Vorschlag ins Spiel brachten, die Luftwaffe gegen die Terrormiliz IS einzusetzen.

Alles etwas voreilig, wie die Enthüllungen über die Ausrüstungsmängel zeigen. Wer Krieg führen will, braucht genügend Nachtsichtgeräte (derzeit können etliche Fallschirmjäger nur tagsüber springen), geeignete Flugzeuge (den deutschen Transall-Maschinen ist es südlich von Belgrad zu warm) und eben funktionierende Gewehre (die auch noch geradeaus schießen, wenn die ersten Patronen den Feind verfehlen). Um alle Mängel zu beheben, müsste die Regierung Milliarden ausgeben. Der Austausch der G36-Gewehre wird Jahre dauern.

Im Verteidigungsministerium ist das Ausmaß der Mängel seit langem absehbar. Außerhalb des Ministeriums konnte man ihn nach über zehn Jahren Afghanistankrieg zumindest erahnen. Dennoch lief die Debatte über Deutschlands neue Außenpolitik verkürzt ab.

Wer die Bundeswehr häufiger ins Ausland schicken will, muss nicht nur fragen, ob die Einsätze politisch sinnvoll und moralisch vertretbar sind. Er muss auch klären, mit welchem Gerät die Soldaten losziehen, was die Ausrüstung kostet und ob sie das Geld wirklich wert ist. Wer diese Fragen nicht angeht, kann noch so große Grundsatzreden schwingen: Über Schaufensterpolitik kommt er nicht hinaus.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • "(...) den deutschen Transall-Maschinen ist es südlich von Belgrad zu warm(...)

     

    Die haben da ja auch nix zu suchen.

     

    "Wer die Bundeswehr häufiger ins Ausland schicken will(...)"

     

    ...müsste eigentlich erst einmal das Grundgesetz ändern und ist abgesehen davon nicht ganz bei Trost.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Natürlich treffen keine Patronen! Was ihr meint ist da Projektil! Soviel Genauigkeit muss sein!

taz zahl ich illustration

tazzahl ich

Bei uns haben Sie jeden Tag die Wahl

Denn auf taz.de sind alle Inhalte der taz ohne Paywall und frei zugänglich. Sie können wählen, ob und wie viel Sie dafür bezahlen möchten. Falls Sie gerne und regelmäßig zu Besuch sind, würden wir uns sehr über Ihre Unterstützung freuen. Ihr Beitrag sichert die Unabhängigkeit der taz.

  • Ja, ich will
  • Unterstützen Sie die taz jetzt freiwillig mit Ihrem Beitrag
  • Vielen Dank, dass Sie die taz unterstützen
  • Schon dabei!