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Kommentar Fusion von ARD und ZDFSeehofers Scheindebatte

Anne Fromm
Kommentar von Anne Fromm

Bayerns Ministerpräsident fordert, ARD und ZDF zusammenzulegen. Der Vorschlag geht am eigentlichen Problem vorbei.

Seehofer vergisst, dass seine Schwesterpartei das ZDF überhaupt erst möglich gemacht hat Foto: dpa

N ach den Attacken auf die Kanzlerin und seinem Getose um die Flüchtlingspolitik, versucht sich Horst Seehofer erneut populistisch: In der Bild am Sonntag fordert er, ARD und ZDF zusammenzulegen. Die Grundversorgung könne auch von einer Fernsehanstalt geleistet werden. Das klingt, mal wieder, wie AfD-Ideen, verpackt in Seehofer-Sprech.

Neu ist der Vorschlag nicht, am eigentlichen Problem geht er aber vorbei. Es ist unstrittig, dass die Öffentlich-Rechtlichen aufgeblasene, teure Apparate sind. Nur würde eine Fusion weder Bürokratie abbauen, noch Effizienz steigern: Tausende Mitarbeiter müssten versetzt werden, Führungsetagen neu geordnet, Rundfunkräte neu aufgestellt. Ressourcen für die journalistische „Schlagkraft“ würden über Jahre in Umzügen und Strategierunden versanden.

Viel wichtiger sind Diskussionen über die tatsächlichen Probleme der Öffentlich-Rechtlichen: Es mangelt an Transparenz – sowohl in der Berichterstattung, als auch in den Sendern.

Seehofer vergisst, dass seine Schwesterpartei das ZDF überhaupt erst möglich gemacht hat. Es war der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU), der, weil ihm die ARD zu regierungskritisch berichtete, einen regierungsfreundlichen zweiten Sender wollte. Zwar kippte das Bundesverfassungsgericht 1961 das „Adenauer-Fernsehen“. Knapp drei Monate später unterzeichneten die Ministerpräsidenten allerdings den Staatsvertrag über die „Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts Zweites Deutsches Fernsehen“.

Seehofers Vorschlag ließe sich nun getrost ignorieren, hätte nicht der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm, vor einigen Wochen in der Zeit einen ähnlichen Gedanken geäußert. „Wenn man noch mal neu anfinge, würde man sicher nicht ARD und ZDF getrennt aufbauen, sondern eine Anstalt für ganz Deutschland […].“ Das klingt der Seehofer Position doch schon recht ähnlich.

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Anne Fromm
Reporterin
Ressortleiterin Reportage & Recherche und Vorständin der taz. // Berichtet vor allem über sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch, Rechtsextremismus und Desinformation. // Davor war sie Medienredakteurin im Gesellschaftsressort taz2. // Erreichbar über Threema: 9F3RAM48 und PGP-Key: 0x7DF4A8756B342300, Fingerabdruck: DB46 B198 819C 8D01 B290 DDEA 7DF4 A875 6B34 2300
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18 Kommentare

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  • "Spatensendermoderatoren"- JAU!

     

    Das gräbt echt - JUST IN TIME -;)

    • @Lowandorder:

      Bury Their Hearts at Wounded Knee

  • Da ich schon zu den älteren Semestern gehöre, kann ich mich tatsächlich noch an Zeiten erinnern, da das ZDF eher das konservative, die ARD das "fortschrittliche" Publikum ansprach. Innerhalb der ARD gab es dann noch Abstufungen vom "linken" WDR bis zum BR, der sich aus manchen allzu freizügigen Übertragungen ausschaltete.

    Das waren noch Zeiten!

    Heute ist alles nur ein einziger Medien-Einheitsbrei. Wenn dadurch die Rundfunkgebühren preiswerter würden, könnte man sich von mir aus gern auf nur einen Sender beschränken.

  • „Ja, und was wird denn dann mit deinem CSU-Eigentum „BR“, lieber Horst?“

     

    Will er sich etwa zukünftig das gewohnheitsmäßige Recht beschneiden den BR-Chefredakteur selbst auszuwählen? Der deutschen TV-Landschaft würden wahre Prachtexemplare unabhängigen, hart recherchierenden Qualitätsjournalismus´ vorenthalten werden! Ich nenne nur den Namen Siegmund Gottlieb! Die Älteren unter uns werden sich noch an zwei Vorgänger namens Rudolf Mühlfenzl oder Wolf Feller erinnern. (Bei auftretenden Gruselgefühlen befragen Sie Ihren Rundfunkrat).

     

    Dass nun ausgerechnet Seehofer auf diesen Zug aufspringt, ist natürlich auch wieder nur blanker Populismus. Wie bei Burkaverbot, Doppelpass oder Obergrenze wird pures Ressentiment bemüht, um von „Rechtsaußen“ wieder was zurückzuerorban ... ich meinte … -erobern. Auseinandersetzung von konservativen Populisten wie Seehofer mit Rechtsradikalen geschieht immer nur unter dem Blickwinkel „Mit welchem Futter kann ich das ach so besorgte Publikum wieder einkassieren?“ „Stimmvieh“ halt in seinen Augen. Nie werden inhaltliche Grenzen gezogen.

     

    Doch wie immer, wenn CSU denen von rechtsaußen hinterher hechelt, sind CDU & CSU unter dem Strich die Verlierer. So radikal wie sich eine Rechtsaußen-Partei AfD mit ihrem Lautsprechern Höcke, Gauland oder Storch aufführt, kann ein sich immer noch als reputierlicher Staatsmann fühlender Seehofer nie sein. Die AfD würde immer noch einen draufsetzen an verbaler Provokation oder beim Anziehen der Eskalations- und Hassspirale. Als verantwortungslose Opposition ist das sowieso einfach und billig.

  • RTl und Sat - verstaatlichen finde ich sinnvoller damit die Volksverblödung aufhört.

    • @Justin Teim:

      Besser wäre es natürlich, statt der Privatsender-Moderatoren die Spatensendermoderatoren von den hinteren Programmplätzen ins Hauptprogramm zu holen, das würde das Niveau noch mehr steigern. Aber Niveau und Bildungsauftrag hat im teuer bezahlten Hauptprogramm wohl Nichts verloren.

    • 3G
      34420 (Profil gelöscht)
      @Justin Teim:

      Das würde nichts nützen. Die Volksverblödung ist eine Art Menschenrecht. Seit ewigen Zeiten. Dagegen ist noch kein Mittel gefunden worden.

       

      arte, 3sat, Phoenix, so einige Dritten etc. sind doch ehrenwerte, vernünftige Versuche. Aber eben doch einigermaßen erfolglos. Siehe Flüchtlingsdiskussion und AfD-Erfolge.

      Das sichtbare Tal will offensichtlich wieder mal durchschritten werden. Irgendwie gespenstisch.

  • Soooo langweilig! Immer wieder taucht, wie das Ungeheuer von Loch Ness, ein Unionspolitiker auf mit der Vorderung: Abschaffung der ARD oder Zusammenlegung mit dem ZDF. Merke: Niemals haben sie versucht dieses Vorhaben umzusetzen. Warum auch. Die Staatsregierung in München betrachtet den Bayerischen Rundfunk seit FJS-Zeiten als persönliches Eigentum. Und beim ZDF sitzen die Großkopferten eh im Fernsehrat.

    Ois nur G'schwätz. Bemerkenswert ist, dass sich beim Thema öffentlich-rechtlicher Rundfunk in der taz reflexartig diejenigen zu Wort melden, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen wollen. Immer mit den selben Textbausteinen: 'Zwangsgebühr' und Begrenzung auf den vermeintlichen Auftrag zur 'Grundinformation'. Die Partei, die das derzeit politisch vertritt ist diejenige, die gerade den Begriff "Völkisch" wieder gesellschaftsfähig machen will. Schöne Leser habt ihr da!

    • @Philippe Ressing:

      Gewiss halten Sie auch immer reflexartig dagegen (ohne Textbausteine ?). So ausgewogen kann Debatte sein. Ich kenne sogar Kommentatoren, die bei taz reflexartig gegen Waffenexporte und Krieg hetzen. Na so was aber auch.

    • @Philippe Ressing:

      Fühle mich jetzt mal von Ihnen angesprochen, weil ich mich in der Tat zu dem Thema schon länger äußere und auch solange äußern werde, bis ein Umdenken und Umlenken einsetzt. Bislang ist davon aber noch keine Spur zu sehen. Was den Bildungs- und Informationsgrundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angeht, so ist der nicht etwa "vermeintlich", sondern war das Hauptargument schlechthin damals für die Einführung eines ö.-r. Rundfunks und wird auch heute in einem völlig veränderten technischen, wirtschaftlichen und sozialen Umfeld nach wie vor unverändert in den Rundfunkstaatsverträgen ins Feld geführt. Ich bin keineswegs für eine völlige Abschaffung des ö.-r. Rundfunks, halte aber einen wohnungsgebundenen Rundfunkbeitrag in der derzeitigen Form und in dem derzeitigen Umfang für nicht vertretbar, unbegründet, unsozial und verfassungswidrig. Das macht mich aber doch noch lange nicht zu einem Anhänger der AfD. Wer meine Beiträge hier regelmäßig liest, der weiß, dass mir kaum etwas ferner liegt, als die AfD und von einer Partei, die mit der Forderung nach Abschaffung der EU gestartet ist und sich heute vom Europaparlament teilfinanzieren lässt, wird man gewiß keine Abschaffung des ö.-r. Rundfunks erwarten dürfen. Die wollen auch nur in den Gremien sitzen und sich ungehindert aus den Geldbörsen der grauen Masse bedienen. Genau dies wird eintreten, wenn es vorher nicht gelingt den ö.-r. Rundfunk auf ein sachlich vertretbares Maß zu begrenzen, denn die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass je mehr Geld die Rundfunkanstalten anhäufen können, umso weniger Geld wird für die Produktion von Sendungen mit einem erkennbar hohem Bildungswert und sorgfältig recherchiertem Informationsgehalt ausgegeben. Alles andere finden Sie heute doch auch für kleines Geld in den zahlreichen Videotheken um die Ecke.

    • @Philippe Ressing:

      Tja, wenn Sie alles ablehnen, was derartige Leute wollen oder mal gewollt haben, dann nutzen Sie keine Autobahnen (Adolf hat viel davon gebaut) wohnen Sie ganz sicher nicht in einem Beton- oder Ziegelhaus (Ziegel wurden von Juden im KZ hergestellt) ...

       

      Ach, das hat nichts miteinander zu tun? Sondern nur, wenn's in _Ihre_ Argumentation paßt? Na so was!

      • @Bodo Eggert:

        Glückwunsch - der Kandidat hat 100 Punkte.

  • Das ist schon ein merkwürdiger Beitrag. Was andernorten, in den letzten 20-30 Jahren des Neoliberalismus, völlig selbstverständlich wurde: die Entlassung von Mitarbeitern bzw. das Wegfallen von Arbeitsplätzen, die Revision von Institutionen, wird hier, weil es um eingefleischte Interessen geht, zur quasi-präzedenzlosen Besonderheit erklärt.

     

    Das "öffentlich-rechtliche" TV-Programm, einschließlich solcher Beglückungen wie der in ihrer Seichtheit immer unerträglicher werdenden "Tages(nachrichtenleichen)schau", verkommt immer mehr zur Dauerboulevardberieselung inklusive dahingehend aufgepeppter Stimmen. Der Zwangsbeitrag für diese Volksverdummmung ist eine einzigartige Frechheit.

  • Das öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist über Zwangsgebühren finanziert! Daraus folt 1.) transparente Rechenschaft über die Mittelverwendung. 2.) Begrenzung auf notwendigen Grundinformationsbedarf - keine Millionenbudgets für Sport und kein seichtes Telenovela. 3.) keine überzogenen Gehälter und überzogene Pensionen und überzogene Sendetechnik.

    Jeder muss die Zwangsgebühr zahlen, nofalls unter Haftandrohung - mancher arme Mensch wird das zu Recht als ungerecht und verachtend empfinden.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Georg Marder:

      Nix Grundinformationsbedarf. Der ÖRF muss umfassend informieren, was er noch nie tat und heute weniger denn je. Sport, Rettet die Million und anderer seichter Müll hat nichts im ÖRF verloren, da gebe ich Ihnen Recht.

  • Zur Grundversorgung im Sinne eines staatlichen Bildungs- und Informationsauftrags braucht man doch überhaupt gar kein Fernsehn. Dazu reichen Radiosender völlig aus.

    Bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten geht es vielmehr um eine ganz andere "Grundversorgung" - nämlich die der Parteien und der großen christlichen Kirchen mit Pöstchen und Einflussnahme.

  • 2G
    25726 (Profil gelöscht)

    "Es ist unstrittig, dass die Öffentlich-Rechtlichen aufgeblasene, teure Apparate sind."

     

    Woher beziehen Sie diese Weisheit? Aus der (räumlichen) Nähe von TAZ und Springerpresse?