Kommentar Führungsstreit in der AfD: Schwierige Persönlichkeiten
Nach den Antisemitismusquerelen in Stuttgart ist die Führung tief zerstritten. Eine erneute Spaltung würde die Partei kaum überleben.
D ie AfD hat ein Antisemitismusproblem. Und einen so offenen Machtkampf in der Führungsspitze, dass es undenkbar scheint, dass die beiden ParteichefInnen weiter zusammenarbeiten. Zu befürchten ist aber, dass die rechtspopulistische Partei auch die bitteren Querelen in Baden-Württemberg überstehen wird – weil diese den großen Teil ihrer WählerInnen wenig kümmern.
Natürlich ist die Partei mit dem Austritt des Abgeordneten Wolfgang Gedeons, der eindeutig antisemitische Thesen vertritt, aus der übrig gebliebenen AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag nicht antisemitismusfrei. Die Fraktionsmitglieder, die gegen den Ausschluss Gedeons stimmten, haben Judenhass zumindest in Kauf genommen.
Parteichefin Frauke Petry hat einen schnellen Ausschluss Gedeons und damit ein klares Signal gegen Antisemitismus ihrem machtstrategischen Kalkül geopfert. Björn Höcke, AfD-Rechtsaußen aus Thüringen, hat noch vor wenigen Monaten Gedeons Schriften öffentlich gepriesen. Und auch Martin Hohmann, einst wegen antisemitischer Äußerungen aus der CDU ausgeschlossen, wurde von der AfD mit offenen Armen empfangen und vertritt die AfD inzwischen im Fuldaer Kreistag.
Und dennoch: Wird die AfD künftig auf Antisemitismus angesprochen, wird ihre Antwort lauten: Wolfgang Gedeon hat auf unser Betreiben die Fraktion verlassen. Das zeige doch: Für Antisemitismus ist in der AfD kein Platz. Einem kleinen Teil der WählerInnen wird das vielleicht nicht reichen, er wird sich abwenden. Ein Großteil aber wird es schlucken – wie schon so vieles zuvor. Und dass zahlreiche AfD-AnhängerInnen mit Antisemitismus ohnehin kein Problem haben, hat gerade erst die neue „Mitte-Studie“ aus Leipzig gezeigt.
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Die nächste Spaltung?
Deutlich schwieriger wird es für die AfD, aus ihrem Führungsstreit herauszufinden. Dieser gärt seit Langem und ist jetzt in seiner ganzen Unerbittlichkeit in Stuttgart offen zutage getreten. Steht also eine erneute Spaltung der AfD an, die dann zum Ende der rechtspopulistischen Erfolgswelle führen wird?
Dagegen spricht zweierlei. Erstens geht es in der Auseinandersetzung – anders als beim Kampf Petry gegen Lucke vor einem Jahr – nicht um den Kurs der AfD. Denn inhaltlich unterscheiden sich Petrys Lager auf der einen und Meuthen und seine Verbündeten auf der anderen Seite kaum. Vielmehr geht es um den Führungsanspruch schwieriger Persönlichkeiten, um Macht und Ausschluss, Intrigen und Verletzungen.
Zudem dürfte allen Beteiligten klar sein, dass die AfD eine dritte Chance wohl nicht bekommen wird. Dass sie sich nach dem Abgang Luckes – damals rutschte sie in Umfragen kurzzeitig auf drei Prozent – so schnell erholte, ist in einer historisch wohl einmaligen Situation begründet: dass eine CDU-Kanzlerin Hunderttausende Flüchtlinge zunächst mit offenen Armen empfing und ihre Politik wieder einmal als alternativlos darstellte.
Der Streit in der Parteispitze könnte die AfD in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin, wo im September gewählt wird, einige Parteipunkte kosten. Zwist in der Führung mögen WählerInnen nicht. Doch von Rostock und Schwerin aus betrachtet sind die Stuttgarter Querelen auch sehr weit weg.
Da sich aus der Parteiführung vermutlich niemand freiwillig zurückziehen wird, könnte es am Ende zu einer Kampfabstimmung auf einem Bundesparteitag kommen. Wer einen Abwahlantrag mit welcher Mehrheit überstehen würde, gilt derzeit als nicht ausgemacht.
Entscheidend wird sein, wie der Prozess verläuft und wie sich die Verlierer verhalten – ob sich also eine destruktive und demütigende Dynamik wie auf dem Essener Parteitag, als die AfD Bernd Lucke vertrieb, wiederholen kann. Das Geschehen in Stuttgart deutet zwar in diese Richtung. Doch es gibt auch Stimmen in der Partei, die zur Einigung mahnen.
Leider ist nicht ausgeschlossen, dass die AfD aus Essen gelernt hat.
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