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Kommentar Folterbericht SyrienMenschenrechte ernst nehmen

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Das Rechtsgutachten dokumentiert den syrischen Horror eindrücklich wie nie. Die Menschenrechte waren viel zu lange aus dem Fokus geraten.

Ein verwundetes syrisches Kind wird nach einem Angriff nahe Aleppo weggetragen. Bild: reuters

D as Unbeschreibliche bekommt ein Gesicht. Noch nie zuvor wurde der Horror in den Folterknästen der syrischen Regierung so eindrücklich dokumentiert wie in dem jetzt in London veröffentlichten Rechtsgutachten.

Die renommierten Juristen konnten nur einen Bruchteil der zehntausend Fotos analysieren, die ein syrischer Militärfotograf aus den Verliesen des Regimes herausgeschmuggelt hat und die den tausendfachen Foltertod belegen. Doch sie schließen eindeutig, dass die Beweiskraft des Materials für einen Prozess gegen Syriens Regime wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausreicht.

Endlich kann damit die Frage der Menschenrechte wieder an prominente Stelle in der politischen Diskussion über Syriens Zukunft rücken. Es ist längst in Vergessenheit geraten, dass der Volksaufstand gegen die Assad-Diktatur mit dem Protest gegen das Erschießen von Kindern begann und für Syriens Bevölkerung Menschen- und Freiheitsrechte einklagte. Was damals zentral war, darf heute, nach knapp drei Jahren Gewalt und Krieg mit mittlerweile weit über 100.000 Toten und bald 10 Millionen Flüchtlingen, nicht marginal sein.

Das Verbrecherregime in Damaskus hat nicht erst durch seine Kriegstaktik der verbrannten Erde und der systematischen Vernichtung oppositioneller Bevölkerungsteile seine Legitimität verspielt, sondern schon vorher durch seinen brutalen Umgang mit jeder inneren Infragestellung.

Die Fotos

ACHTUNG: Die Bilder sind schockierend, bitte klicken Sie nur, wenn Sie sicher sind, dass Sie sie sehen wollen: hier.

2013 führten Chemiewaffenangriffe bei Damaskus dazu, dass Syriens Chemiewaffenarsenale unter internationale Aufsicht gestellt und zwecks Vernichtung ins Ausland gebracht werden. Es war schon damals fragwürdig, dass die Weltgemeinschaft zwar mit Assad über seine Waffensysteme sprach, nicht aber über die Menschen, die damit getötet wurden. Wie wäre es jetzt, Syriens Gefängnisse unter internationale Aufsicht zu stellen und die politischen Gefangenen ins Ausland zu bringen, damit sie am Leben bleiben?

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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11 Kommentare

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  • MS
    martina sabra

    Alle bisherigen Statistiken besagen, dass das Assad-Regime weit mehr Menschenrechtsverletzungen begeht als irgendjemand sonst. Die Assad-Dynastie foltert und mordet seit vier Jahrzehnten systematisch. Hier ein Beispiel von vielen: Die ehemaligen politischen Gefangenen, die am Projekt "Der Deutsche Stuhl" teilnahmen, wurden in syrischen Gefängnissen schon seit den 1970er Jahren gequält. http://www.medico.de/blogs/medico-hausblog/2013/04/19/396/

  • der eine oder andere zweifel an dem report ist angebracht

    http://urs1798.wordpress.com/2014/01/22/false-flag-propaganda-gegen-die-syrische-regierung-im-vorfeld-von-genf-2-syrien-syria/

     

    bedeutet nicht, dass in Syrien nicht gefoltert würde. dies ist seit jahrzehnten dokumentiert. und hat seit jahrzehnten gesichter.

    aber: mehr als die behauptung, es handele sich um bilder unter folter getöteter häftlinge kann ich dem report nicht entnehmen. und die ausführungen, warum die quelle glaubwürdig sei - nu ja.

  • AU
    Andreas Urstadt

    ps

     

    Das ist auch das Scheinheilige bei der Tibetfrage. Die kuenstlichen Staatsgebilde im Nahen Osten haben viele "Tibets" untergepfluegt. Am Pflug der Westen. Es sind die Felder, die der Westen gesaeht hat. Die andern koennen nicht auf Israel schimpfen, mehr oder weniger ist kein Staat wirklich durch die Bewohner entstanden.

     

    Diese ganzen Konferenzen sind ein Witz. Die Ein u Ausladerei Irans einfach auch nur lachhaft.

     

    Der Westen zog die Grenzen, das ist dauernd strukturelle Gewalt, da ist nichts mehr echt. Auch die Opposition nicht, die sich in die kuenstliche Form setzen will, die der Westen aufgestellt hat.

     

    Arab spring bedeutet neue Grenzen anstatt Dauerkriege zu provozieren. Die Leute muessen ihre Staaten selbst gruenden. Oder der Westen sollte besser kein Wort mehr ueber Tibet verlieren.

  • Menschenrechte? Interessiert doch keiner.... Hauptsache wir können unser Waffen aus Oberndorf exportieren..... Ob mit oder ohne Embargo, diese werden ihren Weg dorhin finden...

  • AU
    Andreas Urstadt

    Es ist unredlich, die Fotos so zu hypen. Man kann taeglich schlimmere Bilder bei amnesty international sehen. Oder kuerzlich die Bilder von zusammen geschlagenen Journalisten in der Ukraine. Bei den Fotos allein kann man gegen Viele los gehen. Folter sieht idR viel schlimmer aus und es gibt Schlimmeres. Es gab auch wesentlich schlimmere Fotos von massakrierten Rebellenopfern. Manche Behoerden in Deutschland sind nicht weniger grausam, die Mittel sind nur andere, aus denen nur ableitbar ist, wenn die koennten wie sie wollten. Ein Zentralregister ueber solche Dinge waere eine Gauckbehoerde in der eigenen Gesellschaft. Es ist da. Man schreckt erst ab dort zurueck, wo die Gegenkontrolle zu stark wird, fehlte die, gaebe es schnell kaum Unterschiede zum Nahen Osten und all den kuenstlichen Grenzen vom Westen mal installiert. Die ganzen Staatsgebilde dort sind Artefakte. Da ist nichts durch die Bewohner entstanden. Assad ist quasi der Nachfolger imperialistischer Interessen. Den Staat gab es in der Form frueher ueberhaupt nicht. Das gilt so ziemlich fuer alle Staaten im Nahen Osten, Arabien und Afrika. Emanzipation hiesse, diese Grenzen los werden. Und nicht noch mit arab spring titulieren, was ueberhaupt nicht in arab form laeuft.

     

    Das alles zu uebersehen ist unredlich. Bei der Syrienkonferenz geht es um ein westlich implementiertes Gebilde, das die Assads uebernommen haben. An den Ursachen ruettelt keiner.

  • Gibt es ein Menschenrecht auf wahrhaftige Berichterstattung?

  • HB
    Harald B.

    Wieder ein sehr einseitiger Artikel. In Syrien ist KRIEG, der syrische Staat kämpft um seine Existenz gegen eine existentielle Bedrohung gegen ein Aggression von außen. In Kriegen geschehen Verbrechen.

    Was der Artikel leider völlig ausblendet, sind die Hintergründe (Sunniten-Schiiten, Suadi-Arabien-Iran, USA-Russland etc) und die grausamen Verbrechen der "Rebellen" , die man sogar auf you tube sehen kann.

    Aus welchem Grund steht die linke taz auf der Seite der Islamofaschisten?

    • @Harald B.:

      "der syrische Staat kämpft um seine Existenz gegen eine existentielle Bedrohung...In Kriegen geschehen Verbrechen." - Also sind Folter und Gistgaseinsätze gegen Kinder Ihrer Meinung nach vollkommen berechtigte Mittel, wenn ein Staat sich gegen wehrhafte Opposition verteidigt - der Staat, auch in Form einer brutalen Diktatur, hat demnach ein "Existenzrecht", im Gegensatz zu seinen Bürgern, denen die Menschenrechte verweigert werden können, sobald "der Staat" sich bedroht fühlt. Interessante Sichtweise...

      • HB
        Harald B.
        @sema:

        Sema:

        Folter benutzen viele Länder, die USA, die Saudis, fast alle arabischen Länder etc.

        Beim Giftgaseinsatz gibt es keine Beweise, dass es Assad war, im Gegenteil aber klare Indizien für die Rebellen.

        Ja, wenn vom Ausland (Saudi-Arabien, Katar, USA) finanzierte "Rebellen" ein Land angreifen, dann muss sich dieses verteidigen und das macht Syrien unter Führung seines Präsidenten Assad.

        Eine Niederlage Assads wäre für die Minderheiten (Christen, Alawiten, Schiiten etc) verheerend. Schon jetzt wurden viele von ihnen von den Islamisten umgebracht oder vertrieben (ebenso wie der größte Teil der Christen im Irak vertrieben wurde). Gerade die Haltung zu den Christen ist ein guter Sensor - unter den bösen Diktatoren Hussein, Mubarak, Ben Ali, Gaddafi, Assad konnten sie sicher leben, unter den Islamisten nicht. Zeigen sie sich mal mit einer Bibel in Saudi-Arabien,in Pakistan oder im Irak, dann werden sie sehen.

      • B
        Brandt
        @sema:

        Die Sache mit den Menschenrechten scheinen Sie nicht ganz verstanden zu haben. Menschenrechte sind ungleiche Verträge zwischen Souverän und Menschen auf deren Territorium. Es existieren keine Menschenrechte zwischen einem Weltstaat und Menschen auf dem Globus. Menschen kämen von sich aus niemals auf den Gedanken, Menschenrechte zu formulieren. Mit dem Allernötigsten gäbe sich nämlich niemand zufrieden. Jede frei menschliche Versammlung gäbe sich selbst weit mehr Rechte, womit sie automatisch alle Nationalstaaten gegen sich haben - vor allem die Staaten die Menschenrechte hochhalten. Tatsächlich sind diese Staaten aber für den Welthunger ursächlich verantwortlich.

        • @Brandt:

          "der syrische Staat kämpft um seine Existenz gegen eine existentielle Bedrohung...In Kriegen geschehen Verbrechen."

           

          Dieses Zitat aus Harald B.s Kommentar war der Ausgangspunkt meines Beitrags. Dabei stellt sich für mich die Frage, ob der Staat für seine Bürger da ist, oder die Bürger für den Staat. Wer argumentiert wie H.B. stellt das Recht des Staates als Macht-Gebilde über das Recht des Menschen. Was Sie da von den Menschenrechten faseln, hängt mir allerdings zu hoch.