Kommentar Flugverbotszone über Syrien: Moralische Empörung ohne Folgen
Ohne Kooperation mit der Regierung Putin ist eine Flugverbotszone nicht durchsetzbar. Die USA und Russland müssen zusammenarbeiten.
J a, die Forderung nach einer Flugverbotszone über Syrien ist richtig. Nicht nur um die in Aleppo und anderswo bombardierten Menschen zu retten und endlich dringend benötige humanitäre Hilfe in die – überwiegend von Regierungstruppen – belagerten Städte zu bringen. Ohne Flugverbotszone wird es auch keinen funktionierenden Waffenstillstand geben und keine Verhandlungen über die politische Zukunft Syriens.
Doch bei aller berechtigten Kritik an der Rolle Russlands im Syrienkonflikt: Die Forderung nach einer Flugverbotszone und ihrer militärischen Durchsetzung ohne Kooperation mit der Regierung Putin – oder gar gegen den erklärten Willen Moskaus – ist nur folgenlose moralische Empörung. Denn sie ist aus offensichtlichen Gründen völlig unrealistisch: Weder die USA noch irgendein anderes Land werden angesichts der Präsenz russischer Luft-und Bodenstreitkräfte in Syrien zu einem solchen Risiko bereit sein.
Eine Flugverbotszone wird es nur geben, wenn die USA und Russland das dafür erforderliche Mandat des UN-Sicherheitsrates gemeinsam beantragen. Ferner müssten sie das Flugverbot dann auch gemeinsam überwachen und durchsetzen. Die Chancen für eine solche Kooperation mit Moskau würden steigen, wenn die drei ständigen westlichen Vetomächte im UN-Sicherheitsrat – die USA, Frankreich und Großbritannien – Russland, China und den anderen zehn Ratsmitgliedern verlässliche Garantien gäben, dass sie eine Resolution zur Schaffung einer Flugverbotszone nicht zum Krieg gegen Assad missbrauchen werden. Anders als im Fall Libyen/Gaddafi.
Zum Zweiten müssten die westlichen Staaten, statt immer nur Russland zu kritisieren, auch ihr eigenes, durchaus handfestes Eingreifen der letzten Jahre in Syrien und seine negativen Folgen selbstkritisch sehen – und vor allem ändern. Sie müssten die Unterstützung islamistischer Gewaltakteure in Syrien endlich einstellen und dafür Sorge tragen, dass mit Saudi-Arabien und der Türkei auch deren wichtigste Verbündete in der Region dies tun.
Die USA schließlich müssten ihre Zusage aus der Genfer Vereinbarung mit Russland vom 9. September einhalten – und für eine Trennung der von Washington unterstützten „legitimen Oppositionsmilizen“ in Syrien von terroristischen Gruppen sorgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml