piwik no script img

Kommentar Europas FlüchtlingspolitikDruck auf Transitländer

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Den Schleppern das Handwerk legen. Das ist für die EU ein Hauptziel. Doch es ist die Totalabschottung, die das Schlepperbusiness am Laufen hält.

Das Geschäft mit den Flüchtlingen boomt. Bild: dpa

W ieder einmal will die EU „entschlossen“ reagieren. Darauf, dass die neue Fluchtroute von der Türkei nach Italien an Bedeutung gewinnt. Das heißt Druck auf die Türkei, damit die mit syrischen Kriegsflüchtlingen vollgepackten Frachter bitteschön nicht mehr abfahren, Druck auch auf Griechenland, damit die Behörden dort die Schiffe so früh wie möglich abfangen.

Vorbei scheinen schon wieder die Diskussionen, die vor ein paar Monaten schüchtern eingesetzt hatten: Selbst deutsche Minister konnten sich eine Europäisierung der Flüchtlingspolitik vorstellen.

Jetzt gilt wieder, ganz wie bei der Eurokrise, dass jeder Staat gefälligst seine „Hausaufgaben“ machen soll: Hausaufgaben, die im jeweils nationalen Beitrag zur Abriegelung Europas bestehen. Und die EU hilft bloß mit Frontex: mit der koordinierten Abwehr an der Grenze.

Mare Nostrum, die italienische Rettungsmission im Mittelmeer, war da immerhin schon einen Schritt weiter. Und richtig lag die italienische Regierung mit ihrer Forderung, diese Mission auf europäische Füße zu stellen.

Doch Mare Nostrum war recht besehen ein Notnagel: Die massenhafte Rettung der Menschen ist ja nur deshalb notwendig, weil den Flüchtlingen gar kein anderer Weg bleibt, als sich Schleppern anzuvertrauen, egal ob in Libyen oder der Türkei, und Tickets zu Mondpreisen für Horrorfahrten auf brüchigen Kähnen zu buchen.

Den Schleppern das Handwerk legen: Dies ist angeblich Hauptziel der EU-Politik. Doch das Gegenteil geschieht – erst die Totalabschottung macht ja das Schleuserbusiness zum Multimillionengeschäft.

Ändern wird sich das erst, wenn Europa eine Politik der Flüchtlingsaufnahme einschlägt, statt etwa in der gegenwärtigen Krise Staaten wie die Türkei, den Libanon oder Jordanien mit Millionen Kriegsflüchtlingen alleinzulassen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Die Schlepper sind Fluchthelfer. Fluchthelfer gab´s auch in der DDR und im Dritten Reich - Gott sei Dank, kann man nur sagen.

    • @Dudel Karl:

      daran möchten 'wir' aber garnicht gern erinnert werden. weder an die notwendigkeit von fluchthilfe noch - und das schon garnicht! - an die damit einhergegangenen arisierungsgewinne.

  • Was ein abscheulich bekanntes Unterfangen -

     

    daß es neben den vielen Respektablen

    skrupellose Profiteure gibt -

     

    nun das hat auch bekannte historische

    Parallelen -

    Deren Kinder werden dann

    President of the United States of America et al

    &wg Chicago-Mafia-Deal - erschossen -