Kommentar Eurokrise: Der Schuldenschnitt kommt
Wenn die Eurozone überleben soll, muss sofort ein Konjunkturprogramm her. Wer das bezahlt? Vor allem die reichen Euroländer.
I st die Eurokrise jetzt vorbei? Diese Frage taucht immer öfter auf, auch von Lesern. Und tatsächlich hört man derzeit wenig von der Eurokrise. Doch dabei wird es nicht bleiben.
Momentan sorgt nur für Ruhe, dass EZB-Chef Mario Draghi angekündigt hat, bei Bedarf unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen. Dieser Schritt war genau richtig, was sich schon daran zeigt, dass die EZB bisher kein einziges Papier erwerben musste – und trotzdem relative Ruhe auf den Finanzmärkten herrscht.
Aber die fundamentalen Probleme sind ungelöst. Dazu gehört der faktische Bankrott Griechenlands. Ein zweiter Schuldenschnitt wird kommen, der dann vor allem zulasten der anderen Eurostaaten geht. Diese schlechte Nachricht will Kanzlerin Angela Merkel zwar erst nach der Bundestagswahl überbringen, doch dürfte schon die nächste Troika-Mission ab Mitte Januar ergeben, dass Griechenland erneut die Sparziele verfehlt hat. Griechenlands Ministerpräsident Samaras hat seine Worte klug gewählt, als er am Dienstag die Kanzlerin besuchte. Er versprach nur, das „Bestmögliche“ zu tun. Aber bekanntlich ist „das Beste“ nicht immer ausreichend.
Es ist aber nicht allein die Schuld der Griechen, wenn ihre Defizite steigen. Die Sparprogramme haben alle Eurokrisenländer in die Rezession gestürzt, wie ein EU-Bericht vom Dienstag zeigt. Besonders bedrückend ist, dass die Arbeitslosigkeit im Süden unaufhaltsam steigt – und bei Jugendlichen oft über 50 Prozent liegt.
Wenn die Eurozone überleben soll, muss sofort ein Konjunkturprogramm her. Die Gestaltung wäre einfach: Alle arbeitslosen Jugendlichen erhalten eine Ausbildung, kleines Gehalt inklusive. Wer das bezahlt? Vor allem die reichen Euroländer, so schmerzlich dies scheinen mag. Es wäre trotzdem die billigste Alternative.
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