Kommentar Entwicklungsministerium: Das System Niebel bleibt
Niebel hat die Entwicklungshilfe bürokratisiert und machte aus dem Ministerium ein FDP-Sozialamt. Das wird ihn als Minister überleben.
W er glaubt, die Bilanz von FDP-Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel ist desaströs, weil er nur an die deutsche Wirtschaft und an Exporte denkt, irrt. In dieser Hinsicht war er viel weniger schlagkräftig, als er selbst gerne vorgibt.
Das viel größere Problem illustriert der Fall Büssemaker. Niebel hat die Entwicklungshilfe aufgebläht und der FDP zu eigen gemacht. Selbst angenommen, dass es im September zum Machtwechsel kommt: Das System Niebel bleibt.
Niebel, der beharrliche Verfechter eines schlanken Staats, in dem Eigeninitiative und Subsidiarität so wichtig sind – er hat die Entwicklungshilfe bürokratisiert. Einst wollte Niebel das Amt abschaffen. Da war er noch nicht der Chef. Als er dies überraschend übernahm, erklärte er, er werde kein „Weltsozialamt“ leiten. Man muss sich das noch mal in Erinnerung rufen, um den Widersinn zu erkennen.
Niebel schaffte nicht nur die staatliche Anlaufstelle für die Initiativen in der Entwicklungshilfe, die diese gar nicht wollten. Er machte aus drei bundeseigenen Hilfsorganisationen eine große, die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), eine Art staatlichen Monopolisten. Er vergrößerte sein Ministerium, so gibt es nicht nur fünf statt vorher drei Abteilungsleiter. Letzendlich machte er aus dem Entwicklungsministerium ein FDP-Sozialamt.
Ein FDP-Minister brachte alte FDP-Kollegen unter, gescheiterte Bundestagskandidaten, Vorsitzende aus Ortsvereinen. Niebel besetzte nicht nur die Schlüsselpositionen mit seinen Günstlingen. Das machen andere übrigens auch. Niebel stellte selbst bei Referentenstellen die fachliche Eignung hinten an.
Nun kann eine Nachfolgerin des FDP-Ministers Referenten aus gutem Grund nicht einfach feuern. Niebel bleibt fest im Staatsapparat verankert. Zu fest.
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