piwik no script img

Kommentar ElfenbeinküsteEin Warnsignal für Afrika

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der Präsident hat einfach die Regierung aufgelöst. Was braucht man denn noch alles an Frühwarnsystemen und Konfliktvermeidungsmechanismen?

D ie neue Krise in der Elfenbeinküste sollte in ganz Afrika die Alarmglocken schrillen lassen. Seit Jahren schon werden die ersten freien Wahlen im wichtigsten Land des frankophonen Westafrika akribisch vorbereitet, mit Überprüfung der Wahlberechtigung von Millionen Einwohnern und einem fein austarierten Friedensprozess, der alle Kräfte des einstigen Bürgerkriegslandes einbindet.

7.000 Blauhelme überwachen den Waffenstillstand zwischen Regierungstruppen und Rebellen, eine internationale Kontaktgruppe überwacht den politischen Prozess, der Präsident Burkina Fasos als Vermittler befindet sich in Dauerkonsultationen mit den Verantwortlichen.

Was braucht man denn noch alles an Frühwarnsystemen und Konfliktvermeidungsmechanismen? Und doch kann der Präsident einfach die Regierung und die Wahlkommission auflösen, seine Gegner entziehen ihm im Gegenzug die Anerkennung, die Elfenbeinküste fällt also auf den Stand von vor den geltenden Friedensabkommen zurück. Diese Krise war außerdem durchaus vorhersehbar, und doch konnten all die Wächter und Vermittler sie nicht aufhalten.

Bild: taz

Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur der taz.

Die Elfenbeinküste ist nicht das einzige Land Afrikas mit einer solchen gefährlichen Konstellation. In Kenia droht nach einem Streit zwischen Präsident und Premierminister über die Entlassung zweier Minister der Zusammenbruch der Regierung der Nationalen Einheit, die nach den blutigen Unruhen von 2007/2008 mit über 1.300 Toten entstand. In Togo droht wegen eines Streits über faire Wahlbedingungen das Scheitern der für Anfang März angesetzten Wahlen, die nach den über 800 Toten infolge des letzten Urnengangs 2005 ein Beweis für neue Stabilität sein sollten. Von Guinea über Sudan bis nach Burundi droht die Vorbereitung schwieriger Wahlen neue Krisen zu erzeugen. Wie soll irgendjemand in all diesen Ländern neue Gewalt verhindern, wenn das nicht einmal in der streng überwachten Elfenbeinküste gelingt?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • CG
    Christin Gumpert

    Lieber Dominic Johnson,

     

    es ist in der Tat zum Verzweifeln - die Elfenbeinküste kommt einfach nicht zur Ruhe, findet keine Stabilität. Ich bin mit einem Ivorer verheiratet, reise daher seit 1997 jährlich in die Elfenbeinküste und verfolge aus Deutschland interessiert und persönlich betroffen seit Jahren die politische Entwicklung.

     

    So ein wunderschönes Land, so viele Möglichkeiten - aber die politischen Schwierigkeiten (die, so mein Eindruck, sehr stark ethnische Hintgeründe haben) (keine große Erkenntnis) verhindern die Entwicklung des Landes. Es ist unglaublich schade, vor allem für die Menschen dort.

     

    Mein Mann, unsere Tochter und ich wollte eigentliche Ende März nach Abidjan, um Urlaub zu machen. Ob das wohl was wird?

     

    Bitte berichten Sie weiterhin aus der Elfenbeinküste. Die taz ist die einzige Zeitung, die hierzu ausführlich berichtet.

    (Ich wusste gar nicht, dass Sie ein Weißer sind, ist aber auch ok).

    Herzliche Grüße aus Hamburg

    Christin Gumpert

  • PZ
    Philipp Ziser

    Wie wahr, wie wahr, Dominic... aber vielleicht will man vielerorts gar nicht, dass sich der Kontinent beruhigt?

     

     

    Beste Grüße aus Bujumbura, Phil

     

    (www.pziser.wordpress.com)

  • S
    Suuna

    Tja, wie soll man die Gewalt stoppen? Wo die Afrikaner doch alle schönen Lösungsideen ablehnen, welche die Weltgemeinschaft für sie entwickelt. Einmarschieren kann ja nicht die Lösung sein, die Sie meinen.Einmarschieren kann ja nicht die Lösung sein, die Sie meinen.

    Eine weitere mögliche Antwort auf die von Ihnen gestellte Frage rückt den Kommentar gefährlich nahe in Richtung von Position wie "die sind doch alle korrupt" oder "Afrika, der Kontinent der Gewalt".

    Und das ist sicherlich auch nicht ihre Antwort.

     

    Wäre besser gewesen, aus dem Kommentar einen Bericht zu machen.

     

    PS:Hatte schon immer den Eindruck, dass die Friedens-und Konfliktforscher zwar schöne Analysen anfertigen können, aber Methoden (Mediation, Frühwarnsysteme usw) gefährlicher Unfug sind und wenig bewegen.