Kommentar EU-Präsidentschaft: Verlorene Monate für Athen
Für Griechenland ist die EU-Präsidentschaft eine Last. Es wird diese Aufgabe als Musterschüler bewältigen, aber nicht davon profitieren.
A usgerechnet die Griechen! Sie werden ab Januar für ein halbes Jahr die Präsidentschaft in der EU übernehmen, was auf viele wie ein vorgezogener Aprilscherz wirkt. Denn die Griechen gelten als die Versager der Eurozone. Drei Verdachtsmomente kehren immer wieder, sobald es um den griechischen EU-Vorsitz geht. Erstens: Die Griechen können es schlicht nicht, denn ihr eigener Staat funktioniert ja auch nicht. Zweitens: Wenn Griechen organisieren, wird es bestimmt korrupt und teuer. Drittens: Die Griechen denken nur an sich und werden den Vorsitz nutzen, um weitere Hilfsgelder zu erbeuten.
Die Realität dürfte sehr anders aussehen. Griechenland wird versuchen, sich als Musterland zu präsentieren, das billig und effizient die EU-Präsidentschaft bewältigt. Denn die griechische Regierung weiß, dass man sich ein Debakel nicht leisten kann.
Bleibt die Frage, wie es mit den Hilfen für Griechenland weitergeht. Auch hier könnte es anders kommen als gedacht. Die EU-Präsidentschaft dürfte sich als ein Hindernis für die Griechen erweisen, denn sie müssen als Moderatoren agieren – was es schwierig macht, eigene Anliegen vorzubringen. So paradox es ist: Weil Griechenland den EU-Vorsitz hat, wird Griechenland nicht prominent auf der Tagesordnung stehen.
Für die Griechen ist die EU-Präsidentschaft also kein Geschenk, sondern eine Last. Sie können höchstens indirekt versuchen, ihre Interessen voranzutreiben, indem sie etwa – ganz allgemein – die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa thematisieren. Aber für Griechenland selbst sind die nächsten sechs Monate verloren.
Bisher hangelt sich das Land von Troika-Besuch zu Troika-Besuch. Das hat keine Zukunft. Doch über Lösungen kann erst ab Juli debattiert werden – wenn die Griechen den EU-Vorsitz endlich wieder los sind.
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