Kommentar E-Mobilität in Deutschland: Altmaier kommt zu spät
Die bräsige Autoindustrie hat den Umstieg aufs E-Auto verpasst. Den Vorsprung anderer aufzuholen, wird mehr kosten als Altmaiers Milliarde.
D ieser Kommentar braucht eine Kurzreportage, denn das Problem der deutschen Industrie- und Verkehrspolitik (leider ist das ja hierzulande dasselbe) lässt sich am besten im Auftritt des Wirtschaftsministers Peter Altmaier von der CDU erleben: Da klettert am Dienstag dieser wuchtige, überaus selbstbewusste Mann bei einer Industriekonferenz aufs Podium, zieht sein Jackett aus und krempelt die Ärmel hoch. Dann redet er. So, heißt das, jetzt pack ICH mal das Problem an.
Das Problem heißt: Die Zukunft Europas als technologisch weltweit führender Industriestandort ist gefährdet, Arbeitsplätze und Wohlstand sind bedroht. Die heimische Autoindustrie hat den rapiden Umstieg vom Verbrennungsmotor hin zum elektrischen Fahrzeug, der sich derzeit in vielen Ländern beobachten lässt, verpasst, weil sie gerade mit 200 PS und 180 km/h auf der Autobahn unterwegs war. Politisch zu wuchtig und ökonomisch zu selbstbewusst verhinderte sie Maßnahmen der Regierung, die sie auf die Spur gebracht hätten – ambitionierte Ziele für niedrigere Kohlendioxid-Werte etwa. Und nun haben wir den Salat. In Sachen E-Mobilität sind die europäischen, am wenigsten die deutschen, Hersteller weltweit derzeit nicht konkurrenzfähig.
Wesentliche Teile der Wertschöpfungskette haben sie nach Asien und die USA abgegeben. Die Batteriezellen, Herzstück von Elektrofahrzeugen, kaufen die Europäer gänzlich in Asien ein. Und die interessantesten Entwicklungen im autonomen Fahren kommen aus den USA. Das aufzuholen wird mehr kosten als die eine Milliarde, die der Wirtschaftsminister jetzt in seinem Haushalt gefunden hat. Und es wären mutigere politische Schritte nötig, um den Verkehr und die Industrie in Deutschland zukunftsfest zu machen. Einen Ausbau der erneuerbaren Energien etwa, der nicht nur aufs Geld guckt. Oder Investitionen in den öffentlichen Verkehr. Die Verkehrswende ist schließlich viel mehr als nur der Austausch der Antriebe in Pkws.
Übrigens: Zu seiner Rede auf der Konferenz kam Altmaier 20 Minuten zu spät. Er musste erst noch frühstücken.
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