Kommentar Deutsche Drohne: Ethische Fragen entsorgt
Das Verteidigungsministerium denkt über eigene Drohnen nach. Die sollen bewaffnungsfähig sein. Besser: weiterhin von den USA und Israel leasen.
E s klingt recht harmlos. Der Presse- und Informationsstab des Verteidigungsministeriums spricht von „einer Absichtserklärung für eine Definitionsstudie für die Entwicklung einer neuen europäischen Aufklärungsdrohne“, die Ursula von der Leyen gemeinsam mit ihren AmtskollegInnen aus Frankreich und Italien unterzeichnet hat.
Die Formulierung ist irreführend. Denn zum Anforderungsprofil des unbemannten Flugobjekts gehört mehr, als nur aufklären zu können: Sie soll „bewaffnungsfähig“ sein. Damit Europa endlich auch seine eigene Kampfdrohne bekommt.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD noch versichert, vor einer Entscheidung „alle damit im Zusammenhang stehenden völker- und verfassungsrechtlichen, sicherheitspolitischen und ethischen Fragen sorgfältig prüfen“ zu werden. Aber das war nicht mehr als Politlyrik. Wie ihr Vorgänger Thomas de Maizière will auch Ursula von der Leyen die Mordsmaschinen in ihrem Bestand haben.
Von der Leyen macht knallharte Industriepolitik. Selbst unterstellt, dass die Bundeswehr Kampfdrohnen benötigt: Es macht wenig Sinn, auf ein Eigenprodukt zu setzen, das frühestens in zehn Jahren einsatzfähig ist. Effektiver und kostengünstiger wäre es, sie sich von den USA oder Israel, den beiden Marktführern, zu leasen oder zu kaufen. Nur: Davon hätte die deutsche Rüstungsindustrie nichts.
Zu einem Koalitionskrach werden von der Leyens Drohnenambitionen nicht führen. Der Widerstand der SPD wird sich auf die eine oder andere Sonntagsrede beschränken. Denn immerhin wirbt auch die IG Metall für die Drohne, die ein von Airbus geführtes Konsortium entwickeln soll. Es geht schließlich um Arbeitsplätze – die Standardargumentation der DGB-Gewerkschaft. Da müssen ethische Fragen hintenanstehen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!