Kommentar neue IG Metall-Spitze: Neue Führung, alte Logik

Was gut für die deutsche Industrie ist, muss auch gut für die Beschäftigten sein. Diesem Irrtum folgt auch die neue IG Metall-Spitze.

Jörg Hofman und Christiane Benner

Ein bisschen Freude, wenig Vision. Foto: dpa

Die IG-Metall-Führung mag weiblicher werden, aber ihre alte Logik ändert sich nicht: Was gut für die deutsche Industrie ist, ist auch für unsere Beschäftigten gut, glaubt sie. Und zwar ganz gleich, wo und wofür sie arbeiten.

So war es auch kein Wunder, dass die IG Metall vor wenigen Tagen dagegen protestierte, dass das Verteidigungsministerium einen Auftrag für vier neue Mehrzweckkampfschiffe europaweit statt nur national ausschreiben will. Und im Debattenpapier der IG Metall zu ihrem Kongress heißt es, der strukturelle Wandel in der Wehrindustrie dürfe nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen. Das heißt: Rüstungsprojekte sollen weiterfinanziert werden, solange sich den Arbeitnehmern keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten bieten.

Ähnlich problematisch ist die Analyse des Papiers zur europäischen Wirtschafts- und Finanzkrise: Deutschland sei rascher und stärker aus der weltweiten Finanzkrise herausgekommen als viele andere Länder und heute der Wachstumsmotor Europas, heißt es dort. Dies sei auch ein Verdienst der IG Metall und der Arbeit ihrer Betriebsräte. An anderer Stelle wendet sich das Papier gegen die Austeritätspolitik im Süden Europas.

Natürlich weiß auch die IG Metall, dass sie sich damit in die Tasche lügt. Die europäische Krise ist auch eine Folge des deutschen Exportüberschusses. Wer die Krise verringern will, müsste Arbeitsplätze gerade in der deutschen Metallindustrie ab- und im europäischen Süden wieder aufbauen. Fiat und Peugeot müssten mehr Autos verkaufen, Daimler und VW weniger.

Die Volkswagen-Krise könnte daher ein Beitrag zur europäischen Solidarität sein. Das festzustellen, würde die IG Metall natürlich niemals wagen. Stattdessen beschwert sie sich über Fehler des VW-Managements, für die die Beschäftigten nicht büßen dürften. Aber wer auf die Erfolge der deutschen Konzerne setzt, haftet eben auch für ihre Fehler.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.

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