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Kommentar Deutsch-türkischer HandelOhrfeige für die Opposition

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die Bundesregierung hebt ihre Begrenzung von Bürgschaften für Lieferungen in die Türkei auf. Das ist ein fatales Zeichen für den dortigen Umbau.

Ziel vieler deutscher Exportgüter: der Hafen von Izmir Foto: dpa

E s ist die falsche Entscheidung zum falschen Zeitpunkt: Die deutsche Regierung geht auf Entspannungskurs zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Sie entschärft die Reisehinweise für die Türkei und hebt ihre Begrenzung von Bürgschaften für Lieferungen an den Bosporus auf. Damit nimmt sie ihren ohnehin zu geringen Druck auf Erdoğan ganz weg.

Handelspartner aus der EU stützen Erdoğan mit ihren Geschäften, denn wirtschaftliche Stabilität ist für seinen Machterhalt wichtig. Das mag ManagerInnen egal sein. Nicht egal ist ihnen aber die Gefahr, dass türkische GeschäftspartnerInnen pleitegehen und ihre Rechnungen nicht zahlen. In dieser Lage übernimmt die Bundesregierung wieder mehr sogenannte Hermes-Bürgschaften, statt sie ganz einzustellen. Der deutsche Staat spannt für Unternehmen einen größeren Schutzschirm über Türkeigeschäfte auf. Das wird den Handel ankurbeln und Erdoğan stärken. Die Botschaft an den Präsidenten: Er hat freie Bahn. Das ist eine Ohrfeige für die Opposition.

Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner der Türkei. Die Bundesregierung hat ein enormes wirtschaftliches Druckpotenzial – gerade jetzt. Der türkischen Wirtschaft geht es schlecht. Erdoğan verunsichert Unternehmen und schwächt die Kaufkraft. Die türkische Lira hat stark an Wert verloren. Importierte Waren werden teurer. Unternehmen geraten in Schwierigkeiten, wenn sie Lieferungen oder Kredite in Euro oder Dollar bedienen müssen – und das müssen viele.

Statt dem Autokraten zu helfen, sollte die Bundesregierung ihre Möglichkeiten nutzen, um ihm beim weiteren Umbau der Türkei in eine Diktatur in den Arm zu fallen. Der formal aufgehobene Ausnahmezustand wird in Form neuer „Anti-Terror-Gesetze“ und durch das neue Präsidialsystem institutionalisiert. Die Gefängnisse sind voll von Oppositionellen, die Presse ist längst nicht mehr frei. Rechtsstaat und Demokratie verschwinden täglich mehr. Dass die Bundesregierung das auch noch belohnt, ist fatal.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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6 Kommentare

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  • Während ganz Deutschland auf Özil einbasht (ich mag ihn als Fußballer auch nicht), küsst unsere Wirtschaft und die Politik Erdogan die Füße.

    Warum genau muss ein Fußballer noch einmal moralisch besser handeln, als Führungskräfte und Politiker?

  • Ist noch niemanden aufgefallen, dass die Regierung nicht mehr viel zu sagen hat?

    Hier regieren die Wirtschaft, die Industrie und die Banken und wenn die mit Diktaturen zusammen arbeiten wollen, dann wird das eben möglich gemacht, unabhängig von dem was Richtig wäre!

    Oppositionen in anderen Ländern unterstützen bringt keinen Umsatz für die "Dark Three"!

    Auch sollte die Regierung einmal daran denken, welche Aussage sie mit dem Auflösen der Handelsbarrieren zur Türkei in der Innenpolitik setzt, denn es wird die Erdogan Anhänger in Deutschland bestärken, sich an ihren Führer zu binden und nicht an die Neue Heimat, denn die wurde von Erdogan in die Knie gezwungen!

    Vielleicht wäre es auch Sinnvoll, noch ein mal über den, ach so wichtigen Iran -Atom Deal nachzudenken!



    Ein Regime, welches der USA mit der "Mutter aller Kriege" droht, ist sicher nicht der vertrauensvollste Partner für ein solches Bündnis.



    So wie der Iran sich verhält, ist er absolut auf Konfrontation aus und das sollte nicht von den Europäern belohnt werden!

    Wenn man Trump auch nicht mag, hier sollte man ihm langsam ein bisschen entgegen kommen, denn der Iran verbraucht mit seinen Drohungen gegen die EU und den Kriegsdrohungen gegen die verbündete USA jedwede Glaubwürdigkeit!!!

  • Tatsächlich ist doch alles schon vorbei. Wie soll man mit dieser Verfassung ohne Gewaltenteilung und Rolle für das Parlament und der völligen Abschaffung der Pressefreiheit denn politisch noch etwas ausrichten? Die Türkei ist zu einer der härtesten totalitären Diktaturen verkommen, die wir aus den letzten hundert Jahren kennen, ob sie hernach noch zu einem milderen Erbkalifat wird, werden erst die Jahre zeigen. Da ist der Ansatz "Wandel durch Annäherung" nach DDR-Vorbild eigentlich der richtige.

  • "Sie entschärft die Reisehinweise für die Türkei"

    Wie was warum wieso? hat sich den irgendwas geändert an der Lage? außer das der Diktator keinen Außnahmezustand zum durchregieren braucht? Wer hat das gemacht? Außenminister oder Kanzleramt?

    • @danny schneider:

      Fragen Sie Herrn Maas, der ist zuständig.

  • Wie mit dem Iran.



    Da gibt es auch nur Investment-Ratgeber auf deutsch und farsi.



    Es scheint keiner auf die Idee zu kommen Oppositionelle aller politischen Richtungen aus dem Iran ins Europaparlament einzuladen oder in den Bundestag oder beides.



    Der pro-Diktatur-Isolationismus ist längst Regierungspraxis.



    Wo bleibt die Solidarität?