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Kommentar Defizitstrafen der EUEin Fehler im System

Kommentar von Eric Bonse

Wolfgang Schäuble kann sich auf die Schulter klopfen, Spanien und Portugal werden abgestraft. Europas Probleme löst das aber nicht.

Für die Länder der iberischen Halbinsel verstärkt sich der Druck aus Brüssel Foto: imago/Global Images

H istorisch soll sie sein – und wegweisend noch dazu. Das sagte Wolfgang Schäuble nach der Entscheidung der EU-Finanzminister, erstmals Strafen gegen zwei Euroländer zu verhängen, weil sie vom vorgeschriebenen Sparkurs abweichen. Portugal und Spanien werden nun abgestraft, als nächstes soll Frankreich folgen.

Ihnen wird vorgeworfen, ein „exzessives Defizit“ im Staatshaushalt auszuweisen. Deshalb sollen sie nun Strafen zahlen und weniger EU-Hilfen bekommen. Allein das ist schon ein Widerspruch in sich. Wie soll ein Haushalts-Defizit abgebaut werden, wenn man dem „Defizitsünder“ Milliarden wegnimmt?

Offenbar ist da ein Fehler im System. Er wird auch nicht dadurch besser, dass die nun fällige Strafe auf eine symbolische Höhe von Null Euro angesetzt werden könnte. Denn auf Finanzhilfen aus den EU-Strukturfonds sollen die „Übeltäter“ auf jeden Fall verzichten, sagte Schäuble. Strafe muss sein! Wirklich?

Nein, denn die Strafen machen nur Sinn, wenn sie die Stabilität des Euro sichern. Das ist ja die Idee hinter dem verschärften Stabilitätspakt, der der Entscheidung zugrunde liegt. Es kann jedoch keine Rede davon sein, dass Portugal oder Spanien derzeit ein Stabilitätsrisiko sind. Die Gefahr liegt ganz woanders.

An Europa verzweifeln

Sie liegt im Brexit und seinen Folgen: Die EU-Kommission rechnet mit weniger Wachstum, was die kraftlose Erholung in Euroland weiter schwächen dürfte. Und sie liegt in der Bankenkrise, die vor allem Italien erschüttert, aber nicht nur. Auch die Deutsche Bank ist ein Systemrisiko, warnt der Weltwährungsfonds.

Doch zu diesen Risiken sagen die Finanzminister nichts. Statt sich um die wirklichen, akuten Probleme in Europa zu kümmern, beharren sie wie Schäuble auf Regel-Einhaltung. Das ist nicht historisch, sondern dumm – wie der ganze deutsche Stabilitätspakt. Es ist nicht wegweisend, sondern starrsinnig.

Und es dürfte das Vertrauen der Bürger in die EU weiter untergraben. In Deutschland kann Schäuble vielleicht einen Blumentopf damit gewinnen, dass er „die Regeln“ verteidigt. In Portugal, Spanien und morgen vielleicht auch in Frankreich werden die Menschen aber an diesem Europa verzweifeln.

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42 Kommentare

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  • 3G
    34998 (Profil gelöscht)

    Es handelt sich doch sowieso nur um politische Absichtserklärungen. Da wird eh nie ein Cent wirklich fließen. Und das wissen auch alle Beteiligten schon jetzt ganz genau. Denn Frankreich fliegt noch dieses Jahr Dank des Supersozis Hollande (und der landesweiten 35 Stunden Woche bis zum 60ten Lebensjahr bei Mindestlohn und mit politischem Streikrecht) sein Haushalt um die Ohren (6% Defizit). Und wer will schon im Wahljahr 2017 gegen Frankreich vorgehen, wenn man damit quasi die neurechte Marianne - also LePen - auf den Schild hebt...

  • Wow, na da sind wir ja die totalen Vorbilder, immerhin halten wir ja schon seit ein paar Jahren die 3 Prozent... nachdem wir zig Jahre ebenfalls dagegen verstossen haben, natürlich ohne Strafen. Die gibt ja erst seitdem wir die 3% einhalten.

     

    Sorry, aber Schäuble ist einfach nur der Totengräber der EU, vollkommen egozentrisch, selbstverliebt und arrogant. Er sollte persönlich dafür haftbar gemacht werden, wenn in Zuge seiner vollkommen überflüssigen und anmaßenden Bemerkungen zu Portugal Ratings abgewertet werden sollten.

    Dieser Mensch hat weisgott mittlerweile genug Schaden in Europa und in Deutschland angerichtet und sollte nun endlich gehen.

  • Natürlich ist das ein Fehler im System, die EU funktioniert halt nur über Geldverteilung, daher ist Geldumverteilung auch ihr einziges Strafmittel.

     

    Prinzipiell gibt es 2 verschiedene Möglichkeiten was sie tun kann:

     

    1. Egal was der Regelverstoß ist, es gibt eine Geldstrafe.

     

    2. Egal was der Regelverstoß ist, es gibt keine Strafe.

     

    Bis jetzt hatte sich die EU immer für 2. entschieden, nun ist es mal 1. weil man Angst hat nach dem Brexit hat direkt zur Witzfigur zu werden.

     

    Die harte Diskrepanz in dem Fall kommt auch von der Sichtweise des Kommentators, der offenbar Staatsdefizite für Verkonsumierung für völlig okay hält.

    • @Krähenauge:

      & Sie sollten - die sorry Beschränkheit

      Ihres Krähenauges auch mal in den

      Blick nehmen - "Gott sieht alles -

      Außer Dalles & das Auge - alles -

      Außer sich selbst!"

      kurz - Viel Spaß bei Klarsicht &

      Erweitertem Horizont;))

      • @Lowandorder:

        Oh das war mir schon klar ;-) nur habe ich ja nicht den Kommentar geschrieben und wenn ich so offenkundig wie der Autor Staatsdefizite für nichts schlimmes halt, kann ich doch als logischen Schluss nie eine Strafe dafür für positiv halten.

      • 3G
        34998 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Hhmm, die Erweiterung der erst im vorletzten Jahrhundert gefestigten nationalen contractes social auf die europäische Ebene geschah ohne direkte Beteiligung der Bevölkerung fast aller Mitgliedsstaaten...irgendwie rächt sich das nun gerade wohl?Freunde direkter Demokratie sollten doch erfreut sein, wenn der Wille des Volkes jetzt mehr in den Fokus rückt. Oder gilt links seit dem Brexit nun aus Angst vor weiteren Referenden auch der Spruch: Vox populi = Vox Rindvieh?

        Und Hugin und Munin sind halt doch Thors Augen...da sie fliegen könne, sehen sie weiter als manch erdgebundener Geist ;-) - sind aber auch Raben und keine Krähen :-)

  • Wie soll ein Haushalts-Defizit abgebaut werden, wenn man dem „Defizitsünder“ Milliarden wegnimmt?“ Merkt eigentlich niemand wie völlig idiotisch das ist? Nur seltsam, dass Deutschland, das den Grenzwert bezüglich des Exportanteils am den Bruttoinlandsproduktes von dauerhaft mehr als sechs Prozent seit Jahren überschreitet und damit wesentlich für das Defizit anderer Länder verantwortlich ist, dafür bisher keinerlei Konsequenzen zu fürchten hatte.

    Allerdings ist das kein Fehler im System, sondern die Logik der europaweiten Durchsetzung der neoliberalen Agenda. Wenn Länder Milliarden an Strafzahlungen zu leisten haben, impliziert das doch, dass dann woanders gespart werden muss. Am besten im Bereich der Sozialausgaben, so die klammheimliche Hoffnung in Berlin und Brüssel. Quelle Nachdenkseiten

  • Das muss man sich mal vorstellen. Nach Brexit, der die Anti-EU-Stimmung europaweit anheizt, Verheerungen durch das Brüsseler (bzw. Berliner) Austeritätsdiktat schaffen beide Länder dennoch ein Plus im Wirtschaftswachstum, ein Abbau des Defizites und dennoch ist die Rede von Sanktionen! Wie dumm und ignorant ist diese EU unter deutscher Dominanz geworden??? Wenn die EU wirklich gegen Defizitsünder vorgehen will, dann wären wir mit einem dauerhaften und für die restlichen EU-Länder schädlichen Außenhandelsbilanzüberschuss auch zur Rechenschaft zu ziehen. Quelle Nachdenkseiten

  • Wie oft hatte Deutschland die Defizit Kriterien verletzt

     

    Und warum wurde Deutschland in der Vergangenheit nicht zu Strafzahlungen verurteilt? Hier wird erneut mit zweierlei Maß gemessen. Auch deshalb steckt Europa in der Krise. Alle müssen sich an Verträge halten, nur ein Land musste es noch nie.

    • @heino Ewerth:

      naja aber Deutschland hat ja immerhin "seine Hausaufgaben gemacht", im Gegensatz zu den südeuropäischen Ländern.

       

      Dann ist das zweierlei Maß doch zu rechtfertigen, oder?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @heino Ewerth:

      " Alle müssen sich an Verträge halten, nur ein Land musste es noch nie."

       

      Der Herr über diese Verträge ist ein deutscher Deutscher.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Der Rechthaber hat recht und reibt vergnüglich die rote Nasenspitze des obersympathischen Obersympathen.

  • hier existiert ein völlig falscher Schuldenbegriff: Jedem Schuldner steht ein Gläubiger gegenüber - alle Schulden sind gleich den Forderungen der Gläubiger. Geld entsteht durch Kreditvergabe der Banken (Eigenkapital liegt bei nur ein paar Prozent). Ein Staat mit eigener Währung und Zentralbank (Geld drucken) kann nicht pleite gehen, sofern es Inlandsschulden sind - problematisch können Auslandsschulden oder bei den Finanzmärkten sein. die schwarze Null von Deutschland bedingt, dass sich das europäische Ausland (GR, I, ESP, F...) verschulden - möglich wurde dies durch die Dumpinglöhne Deutschlands laut IWF ? sind deutsche Löhne um 31% zu niedrig, damit deutsche Produkte zu billig und zerstören die Wirtschaft in Südeuropa - der Ausweg wie früher durch Abwertung (Franc, Lira, Drachme...) geht im Euro nicht.

    in absehbarer Zeit wird ein großes Land (Frankreich unter le Pen 2017 ?) eine neue Währung einführen, diese massiv abwerten, der Euro ist tot, der deutsche Export bricht zusammen, die Arbeitslosigkeit steigt auf 20 %, wenn dann Renten und Löhne gekürzt werden( wie 1930) steigt sie auf 30% und Deutschland ist dann der kranke Mann in Europa

    • @Michael Kroker:

      Das ist doch das Problem des Euro, das genau dieser Mechanismus (nicht das er zu viel Lebensstandard führte, aber das vergisst man ja lieber wie es in GR,I,ESP,Por aussah bevor man auf Pump konsumierte) eben nicht mehr funktioniert, die Staaten haben keine eigene Zentralbank mehr, sondern nur noch die EZB, aber wenn diese Geld druckt wertet diese nicht das Geld von Portugal ab, sondern eben auch das von Deutschland. Der kompletten Schuldenbearbeitungsapperat von Südeuropa ist durch den Euro ausgeschaltet (genauso wie der Sparapperat in Nordeuropa). Sie kritisieren also, das ein nicht mehr anwendbarer Schuldenbegriff nicht mehr verwendet wird.

       

      Und lesen Sie doch bitte mal genau was der IWF schreibt! Er schreibt das die deutschen Löhne um 31% steigen müssten, um den Produktivitäts- und Weltmarktsvorteil gegenüber anderen EU-Ländern zu verlieren, wenn diese NICHTS tun um dieses zu ändern. Nie wird das wort zu hoch oder zu niedrig oder ähnliches benutzt, es geht um eine reine Verdeutlichung des Defizits (oder glauben sie neuerdings der streng neoliberale IWF wirbt für Lohnerhöhungen), die Aussage ist vielmehr "Deutschland arbeitet fast 1/3 Effektiver als Südeuropa, also muss das etwas tun".

       

      Und ja ich weiß die Erzählung ist stark im linken Lager, aber Deutschland hatte auch starken Export vor dem Euro, und wir ihn auch danach haben, nur werden unsere Importe deutlich billiger sein mit einer nicht 0% Zinswährung.

  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Nein, die Deutschen, die mit ihrer exportorientierten Wirtschaft und dem Lohndumping schon halb Europa ruiniert haben, haben es trotz schöner Versprechen NICHT kapiert.

    Nicht nur das Defizitkriterien, die sie selbst nie beachtet haben, nun für andere gelten sollen.

    Sie treiben auch die Franzosen in die Arme von LePen.

    Hinterher wird man dann, wie in England, niemanden in der CDU/CSU/Bundesbank finden, der die Verantwortung für den angerichteten Schaden übernimmt.

    Für Frankreich, Spanien und Portugal kann das nur heißen: Raus aus dem Euro, damit Schäuble nicht mehr in diese Länder hineinregieren kann.

    Fremdschäm...

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @64938 (Profil gelöscht):

      IWD vom 4.2.16: "Deutschland ist nach wie vor ein teurer Standort für das Verarbeitende Gewerbe – nur in fünf anderen Industrieländern liegen die Lohnstückkosten über dem deutschen Niveau. Seit Beginn der 1990er Jahre sind die deutschen Kosten zudem stärker gestiegen als im Durchschnitt der Konkurrenzländer."

  • doch, das Problem wird so gelöst, langfristig. Es wächst der Unmut über Schäuble. Lange werden sich die Südländer das nicht mehr gefallen lassen. Vielleicht bricht angesichts von Italien das System auch von alleine zusammen. Schäuble hat eine Schlacht gewonnen, sein Kampf ist längst verloren.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Was sollte die EU sonst tun? Die Maastricht-Kriterien für ungültig erklären? Genau diese Art der Krisenbewältigung wurde doch von den Brexitern gegeisselt!

    • @32795 (Profil gelöscht):

      Ganz genau. Die Kriterien wurden und werden von jedem Land, inklusive Deutschland immer mal nicht eingehalten. Da ist aber nichts passiert. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.

       

      So wird das nie was mit der EU, solange es nur ein Konstrukt ist, in dem die Starken die Schwachen ausbeuten. Wie sonst auch mittlerweile überall. Scheint das Grundprinzip dieser elenden neoliberalen Epoche zu sein.

  • "Wie soll ein Haushalts-Defizit abgebaut werden, wenn man dem „Defizitsünder“ Milliarden wegnimmt?

     

    Offenbar ist da ein Fehler im System."

     

    Der liegt aber im gesamten Finanzsystem, warum zahlen Menschen im Dispo mehr Zinsen? Damit sie finanziell schneller wieder auf die Beine kommen und die Bank ein Chance hat, ihr verliehenes Geld je wieder zu bekommen?

    Oder wieso zahlen Leute mit schlechterer finanzieller Ausstattung höhere Immobilienzinsen, etwa auch damit sie mit ihren knappen Geld die Raten besser bedienen können?

     

    Es ist absurd, entspricht scheinbar aber leider dem "gesundem Menschenverstand", der offensichtlich gar nicht so gesund ist (schon gar nicht in finanzieller Hinsicht für den Kreditgeber).

    Leider hat Schäuble auch einen gesunden Menschenverstand....

    • 7G
      73176 (Profil gelöscht)
      @nutzer:

      "Oder wieso zahlen Leute mit schlechterer finanzieller Ausstattung höhere Immobilienzinsen, etwa auch damit sie mit ihren knappen Geld die Raten besser bedienen können?"

       

      Evtl. sollten Sie selbst mal den "gesunden Menschenverstand" anwenden.

      Stellen Sie sich vor, Sie haben die Auswahl zwischen zwei Anleihen von zwei unterschiedlichen Unternehmen mit unterschiedlich hohen Risiken.

      Wenn beide Anleihen den gleichen Kupon hätten, würden alle nur die Anleihe vom gesunden Unternehmen kaufen. Die risikoreichere Anleihe muss also einen höheren Kupon bieten, damit jemand die Anleihe kauft.

      • @73176 (Profil gelöscht):

        sehr schön, als Eröffnung erstmal eine kleine Gemeinheit, aber so ist das halt im Netz...

         

        Ihr Argument ist mir nachvollziehbar, nur ist es trotzdem nicht logisch von einen finanziell weniger Belastbaren höhere Zinsen zu nehmen, da dies dessen Situation zusätzlich verschlechtert.

        Gut, ein Kreditgeber ist keine karitative Einrichtung, aber diese höhere Belastung des Kreditnehmers kann sich durchaus auch negativ,nämlich Zahlungsausfall auf den Kreditgeber auswirken.

        Da in den meisten Fällen jedoch auch diese Kredite abgezahlt werden, bleibt nur die Erklärung, das hier bewußt die Situation des Kreditnehmers ausgenutzt wird.

        Ihre Erklärung ist ja, das es eines finanziellen Anreizes bedarf, um den Kreditgeber zu motivieren, mit anderen Worten seinen Spieltrieb zu wecken (könnte ja auch schief gehen, andererseits das Geld...heißt auch zocken)

        Ich sage nicht, das finanziell Schwächere die besseren Kredite bekommen sollten, noch das das eine Gut und das andere Schlecht sei. Die ganze Sache entbehrt jedoch nicht einer gewissen Absurdität und logischen Inkonsistenz.

        Aber genau dieses hier geschilderte Verhalten, wird im Allgemeinen mit dem gesunden Menschenverstand gleichgesetzt...

      • 3G
        32795 (Profil gelöscht)
        @73176 (Profil gelöscht):

        Könnten Sie den Zinsunterschied auch in einem Markt mit unbegrenztem Geldangebot beschreiben?

         

        Genau das haben wir nämlich, die expansive Geldpolitik schafft faktisch unbegrenzt Geld.

         

        Am Risiko kann es auch nicht liegen, das geht bei Dispokrediten gegen Null.

        • 7G
          73176 (Profil gelöscht)
          @32795 (Profil gelöscht):

          Haben Sie unbegrenzt Geld zur Verfügung?

          Es zählt die individuelle Ebene. Kein Investor oder Spekulant hat unbegrenzt Liquidität zur Verfügung.

          Alle müssen das vorhandene Geld anlegen und dabei einen Ausgleich zwischen Rendite und Risiko finden.

          Die expansive Geldpolitik führt dazu, dass sich die Spreads verringern - diese werden sich aber nicht gänzlich schließen.

           

          (Meine Aussage war auch nicht auf den Dispokredit allein bezogen, sondern insb. auch auf den Bezug zum gesamten Finanzsystem)

          • 3G
            32795 (Profil gelöscht)
            @73176 (Profil gelöscht):

            Es tut mir leid, das ist nicht richtig. Die Kreditgeber sind in den relevanten Fällen die Geschäftsbanken und die können derzeit praktisch (im relevanten Bereich) unbegrenzt Geld zum Nulltarif schöpfen.

             

            Sehen Sie einfach einmal nach London. Die Bankenrettung dort kostete um die 900Mrd. €. Das hatte aber nichts mit dem Privatkundengeschäft zu tun, die ach so solventen und risikoarmen strukturellen Investoren richteten das Debakel an, also eben jene welche auf Grund der von Ihnen genannten Propaganda zu Minizinsen mit Geld versorgt werden.

             

            Das Argument des knappen Geldes ist keines mehr.

            • 7G
              73176 (Profil gelöscht)
              @32795 (Profil gelöscht):

              Muss Ihnen nicht leid tun ... .

              Ich kann Ihnen leider nicht ganz folgen ... .

              1. "Die Kreditgeber sind in den RELEVANTEN Fällen die Geschäftsbanken (...)" Bezogen auf Staatsanleihen und Anleihen von großen Unternehmen gilt (das sind letztendlich die RELEVANTEN Kreditgeber): Stimmt nicht.

              2. Was sind denn bitte "strukturelle Investoren" ... ???

              3. Letzter Absatz: Spekulanten und Banken gelangen nicht an "Minizinsen" ...??? Oder meinen Sie große inst. Investoren / Banken, die sich Geld bei der ZB leihen können ??? Sie schmeißen hier alles durcheinander ... .

               

              QE Programme funktionieren folgendermaßen: Sie und ich (und alle anderen) haben die Möglichkeit unsere Anleihen zu verkaufen - und evtl. ist der Käufer die EZB. Dann bekommen wir Geld. Wir haben aber nur ein bestimmtes Volumen an Anleihen in unseren Depots. D.h. die Menge an Liquidität, die wir bekommen können, ist also limitiert.

              Eine andere Möglichkeit, an Geld der ZB zu gelangen sind Hauptrefinanzierungsgeschäfte, Offenmarktsgeschäfte, etc. Auch hier müssen Sie Sicherheiten hinterlegen. Viel wichtiger ist aber, dass sie das Geld zurück bezahlen müssen!!!

              Für Individuen besteht also keine Möglichkeit, unbegrenzte Mengen an Geld zu horten.

            • @32795 (Profil gelöscht):

              Ähm, sie betrachten hier leider nur einen Faktor von vielen, alleine 2 sprechen schon deutlich gegen ihre:

               

              1. höhere Zinsen resultieren auch aus Risikobewertungen, weil auch das 0% Geld von der EZB will die EZB wieder.Ein Teil der Zinsen soll die erwarteten Ausfälle abdecken über die Gesamtkreditsumme gesehen.

               

              2. Und das ist wirklich amüsant! Auf der einen Seite versucht die EZB mit negativ Zinsen die Banken zu zwingen mehr Kredite zu vergeben, auf der anderen Seite sind die Banken auf Grund der Bankenaussicht (Preisfrage wer ist dafür zuständig, genau die EZB AUCH) verplichtet mehr Stammkapital als früher im Vergleich zu ihren Verbindlichkeiten halten. Ergo bestraft die EZB Banken mit hohem Stammkapital durch Negativzinsen, und bestraft Banken die wenig Stammkapital halten als zu Unsicher und Systemgefährdent, es ist wirklich nett momentan das pure Böse (aka Bank) zu sein.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Typisch linke Sicht auf die Welt: Probleme löst man besten, indem man das Geld amderer mit vollen Händen verteilt.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @80576 (Profil gelöscht):

      Genau diese naive Haltung meine ich. Glauben Sie wirklich, die EZB kann auf Dauer beliebig Geld drucken, ohne dass das irgendwann sehr reale Konsequenzen hat?

    • @80576 (Profil gelöscht):

      Zugegeben, es handelt sich um das Geld der EZB - allerdings erzeugt sie das zum Fastnulltarif, also seh ich da ehrlich gesagt kein Problem.

      • 8G
        80576 (Profil gelöscht)
        @BigRed:

        Genau diese naive Haltung meine ich. Glauben Sie wirklich, die EZB kann auf Dauer beliebig Geld drucken, ohne dass das irgendwann sehr reale Konsequenzen hat?

      • 7G
        73176 (Profil gelöscht)
        @BigRed:

        Wissen Sie was "roll-over risk" ist?

        Ich habe das zwar schon ein paar mal geschrieben aber:

        Staaten zahlen zum großen Teil ihre Schulden nicht zurück, sondern refinanzieren diese ("Roll-over"). Solange alte Schulden durch neue Schulden mit niedrigen Zinsen ersetzt werden können, funktioniert das Schneeballsystem(!). Sobald aber die Zinsen steigen und die alten Schulden (mit niedrigen Kupon) durch neue Schulden (mit höheren Kupon) ersetzt werden müssen, schießt die Zinslast in die Höhe und die Schulden sind nicht mehr tragbar.

        Deswegen ist das Argument, Deutschland solle die niedrigen Zinsen nutzen, um sich zu verschulden, tückisch. Irgendwann werden die Schulden von heute (mit niedrigen Zins / Kupon) refinanziert (roll-over). Wenn dann die Zinsen höher sind, als heute, schießt die Zinslast für den deutschen Staat in die Höhe.

        Sämtliche Staaten haben sich während der Niedrigzinsphase extrem verschuldet. Die momentane Verschuldung der Welt liegt auf Rekordniveau ... . Sobald die Zinsen wieder steigen und die heutigen Schulden durch neue Schulden mit höheren Zins refinanziert werden müssen, kollabieren diese Staaten.

        Und die ZB haben längst die Kontrolle verloren. Wegen Platzmangel nur einige Beispiele:

        Europa: Abschaffung des 500€ - Scheins dient lediglich zur Durchsetzung von NIRP (Negativ Interest Policy). Japan ist uns da bereits voraus. Als im Januar die Zinsen in den negativen Bereich gedrückt wurden, stieg der Yen! Des Weiteren hat die BoJ bereits so viele Staatsanleihen aufgekauft, dass es immer schwieriger wird, noch welche zu finden. Bernanke hat sich mit der BoJ und Abe getroffen: Ergebnis = Helicopter Money noch dieses Jahr.

        Zum Abschluss empfehle ich (als jährliche Pflichtlektüre) BIS Annual Report 2016.

        • 3G
          32795 (Profil gelöscht)
          @73176 (Profil gelöscht):

          Nein, die Staaten kollabieren dann nicht zwangsläufig, sie kollabieren nur wenn sie versuchen die Schulden zurückzuzahlen. Was derzeit geschieht ist ohne Staatsbankrotte nicht mehr zu beherrschen, und genau das wird passieren, inklusive der Anlageverluste der Investoren.

          • 7G
            73176 (Profil gelöscht)
            @32795 (Profil gelöscht):

            Großartig! Ihre Lösung ist also, die Schulden gar nicht erst zurück zu bezahlen?

            Westliche Staaten können ohne Schulden ihre Ausgaben nicht mehr decken. Ein Staatsbankrott würde dazu führen, dass kein Investor / Spekulant auf dieser Welt noch Anleihen vom betroffenen Land kauft. Der Staat wäre also komplett vom Finanzmarkt abgeschnitten. Ausgaben könnten nicht mehr finanziert werden und der Staat kann seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen. Das Ergebnis ist Chaos (siehe Griechenland; dort wurde das Schlimmste abgefedert, weil andere Staaten eingesprungen sind).

            Einfach mal eben Bankrott erklären ... . Evtl. überdenken Sie nochmal Ihre Aussage.

            Übrigens: Die Schuldenprobleme beziehen sich nicht nur auf Staaten, sondern insbesondere auch auf Unternehmen. Stichwort: High Yield Bonds (gewaltige Blase; insbesondere in den Emerging Markets, wo sich viele Unternehmen in USD verschuldet haben. Eine Leitzinserhöhung in den USA ist allein deshalb ausgeschlossen, weil dann das Kapital aus den EM Staaten zurück in die USA fließt, der USD weiter aufwertet und somit das Bedienen der Schulden unmöglich wird. Hier können wir sehr schön an Ihren Kommentar zum Thema expansive Geldpolitik und Risiko - weiter oben - anschließen. Die Geldpolitik hat u.a. den negativen Effekt gehabt, dass Investoren in diese Hochrisikoanlagen getrieben wurden, um noch Geld zu verdienen.).

            • 3G
              32795 (Profil gelöscht)
              @73176 (Profil gelöscht):

              Ich merke wie Sie mit dem Gedanken ringen ihn aber nicht zulassen wollen.

               

              Darum frage ich anders herum. Wie sollte eine Regierung jemals den Konsumverzicht durchsetzen der nötig wäre um die Schulden zurückzahlen zu können? Das wird nicht passieren und irgendwann wird die Entschuldung kommen müssen.

               

              Im Euroraum wird die Sache doch schon vorbereitet. Hier kauft die EZB die Schuldtitel der Nationalstaaten auf. Hier würde eine Entschuldung schlicht bedeuten, daß die EZB nicht auf die Rückzahlung beharrt. Da die in den Markt gepumpten Milliarden offensichtlich wirkungslos verpuffen können sie auch dort bleiben. So what?

               

              Das griechische Dilemma wäre nicht der Staatsbankrott an sich. Wenn die griechische Regierung ohne neue Schulden auskommt wird er auch kommen. Das Thema ist dort doch das nach einem Staatsbankrott der Zugang zu neuen Krediten eine Zeit lang verwehrt ist. Das kratzt aber bei ausgeglichenem Primärhaushalt nicht.

              • 7G
                73176 (Profil gelöscht)
                @32795 (Profil gelöscht):

                Natürlich besteht die Möglichkeit, dass die ZBen Anleihen umstrukturieren zu Zero-Kupon Anleihen mit unendlicher Laufzeit. Allerdings zweifel ich daran, dass die Staaten daraufhin ihre Verschuldung zurückfahren. Sie sehen die Tragödie in Griechenland, um ein ausgegl. Primärhaushalt zu haben, benötigen sie extreme Sparprogramme.

                Oder sehen Sie nach Japan: Wir werden dort ein neues großes staat. Konjunkturprogramm sehen, welches von der BoJ finanziert wird. Schon heute kauft die BoJ mehr Anleihen des jap. Staats, als dieser ausgibt.

                Das Problem ist aber nun, dass die ZBen dieser Welt Anleihen aufkaufen (also dem System Liquidität bereitstellen), ohne, dass diese Liquidität wieder zurück genommen wird (durch 1. den Wiederverkauf der Anleihen, bzw. 2 indem Sie auf die Tilgung der Schuld bestehen). Somit steigt die Gefahr von Hyperinflation. Letztendlich ist das eine indirekte Finanzierung der Staaten durch die Zentralbanken - das hat in der gesamten Geschichte noch NIE funktioniert ... . Es wird also letztendlich egal sein, ob es zu Chaos durch Hyperinflation kommt (weil die Staaten ihre Schulden nicht zurückbezahlen) oder weil sie eben doch versuchen ihre Schulden zu tilgen (und somit sparen müssen).

              • 3G
                32795 (Profil gelöscht)
                @32795 (Profil gelöscht):

                Nachtrag.

                 

                Sie kommen der Sache auch anders herum schon näher. Die Investoren verdienen mit ihrem überschüssigen Produkt "Geld" nichts mehr. Statt Mitleid mit den armen Investoren zu haben sollten Sie das fordern was auch bei anderen Berufsgruppen gilt. Also Umschulungen hin zu etwas produktiveren Betätigungen.

    • @80576 (Profil gelöscht):

      Das kann man doch ganz einfach ändern, indem man sicherstellt, dass nicht nur andere immer Geld haben, sondern auch Linke.

  • 3G
    33324 (Profil gelöscht)

    Vielen Menschen zweifeln schon jetzt an Europa. Aber auch aus vielen anderen Gründen. Die Herrschaft des Kaptals und der Großindustrie ist nur einer davon.

    • @33324 (Profil gelöscht):

      Die Menschen in Portugal, Spanien oder Griechenland "zweifeln" nicht nur am Europa Schäubles und Merkels, sie VERzweifeln. Diese drei kleinen Buchstaben machen einen großen Unterschied. Während Zweifel nämlich manchmal produktiv sein können, wirkt Verzweiflung immer kontraproduktiv.

      • @mowgli:

        Mich würde interessieren wer Schuld ist am Abweichen vom Sparkurs. Hierauf geht der Artikel leider nicht ein, sondern kritisiert nur die "Lösung". Sind es die Länder selber die Reformen nicht umsetzen und die Schuld auf Bruessel schieben? Falls Druck auf die Länder ausgeübt werden soll (aus Fairness den anderen gegenüber), dann muss die EU-Kommission das besser erklären und um Verständnis bei den Bürgern werben. Ich finde auch, dass hier die Presse etwas umdenken muss und sich mehr auf Europa richten sollte als auf die USA.