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Kommentar Contra BankensanierungUngerechte Symbolpolitik

Kommentar von Karl Lauterbach

Der Staat ist viel zu arm, um wirklich etwas gegen die Bankenkrise auszurichten. Außerdem: Übernimmt der Staat das Risiko, wären noch gefährlichere Spekulationen die Folge.

D ie Krise an den Finanzmärkten hat viele Ursachen. Eine der wichtigsten ist die Veränderung der Rolle der Banken bei privaten Krediten. Die Banken haben sich in den letzten 15 Jahren aus vielen Kreditgeschäften wie Immobilien zurückgezogen und diese Kredite an Privatanleger weiterverkauft. Die amerikanischen Pensionsfonds haben als Erste die von den Banken weiterverkauften Schulden der Privatleute aufgekauft, später kamen die Spekulanten. Die Bank wurde vom Kreditgeber zum Kreditvermittler. Die Schulden der Hausbesitzer wurden gebündelt und wie Aktien gehandelt. Diese Bündel sind die berüchtigten Derivate. Die Banken kassierten hohe Provisionen und hatten ein vergleichsweise geringes Risiko.

Bild: dpa

KARL LAUTERBACH, 44, promovierter Mediziner und Gesundheitsökonom. Er ist der Gesundheitsexperte in der Bundestagsfraktion der SPD.

Der Handel wurde immer gefährlicher, weil gerade Banken davon profitierten, den Wert eines Derivats zu über- und die Risiken zu unterschätzen. Jetzt platzt die Blase - und es leiden solche Banken, die mit einem Teil ihres Eigenkapitals an der Verlusthaftung beteiligt sind. Etwa 200 Milliarden Dollar sind so jüngst bereits verbrannt worden, auf weitere 500 Milliarden Dollar wird das Restrisiko geschätzt. Das scheint zunächst sehr viel zu sein, ist aber nur 1,5 Prozent des Werts aller Derivate. Die Warnungen vor Kettenreaktionen sind also Panikmache. Insgesamt sprechen fünf Argumente gegen Staatshilfen.

Erstens ist der Staat zu arm, um mehr als Symbolpolitik machen zu können. Schon für die Rettung der IKB, die zwar keine Privatbank ist, aber ähnliche Probleme hat, wird am Ende wahrscheinlich ein zweistelliger Milliardenbetrag fällig. Für die Rettung von zwei Banken ließe sich unser ganzes Bildungssystem sanieren. Es ist atemberaubend, in welchem Tempo jene, die bisher den schuldenfreien Haushalt sogar in die Verfassung schreiben wollten, Konjunkturprogramme für das Großkapital auf Pump bereitstellen wollen.

Zweitens gäbe die Staatshilfe das falsche Signal für Banken und Derivatehändler. Wenn das Risiko am Ende der Staat trüge, wären noch gefährlichere Spekulationen die Antwort dieses Marktes. Der Derivatemarkt funktioniert nach gefühlten Risiken, nicht nach echten. Auch wenn der Staat nicht viel zahlen kann, gibt er ein falsches Sicherheitsgefühl. Das wissen gerade die Befürworter staatlicher Hilfe, wenn sie sagen, dass wir uns "den symbolischen Schaden" eines solchen Bankuntergangs nicht leisten könnten. Das Risiko der Kettenreaktion würde also allenfalls steigen, nicht sinken.

Drittens wäre eine staatliche Hilfe auch das falsche Signal an die Bürger. Den Bürgern soll seit Jahren weisgemacht werden, dass nur die private Altersvorsorge und Krankenversicherung vor den Gefahren von demografischer Entwicklung und Globalisierung schütze. Wie bei den Derivaten werden Risiken verschwiegen und Prognosen gehübscht. So sollen die durch Umverteilung gekennzeichneten staatlichen Umlageverfahren schlechtgeredet werden. Der Staat darf sich an einer solchen Täuschung nicht beteiligen.

Viertens ist diese Bankenkrise nicht die Hauptgefahr für deutsche Arbeitsplätze. Der Export hängt viel stärker an der Entwicklung des Dollars und der Aufschwung an der Binnenkonjunktur; auf beides hat die Bankenunterstützung kaum Einfluss. In Deutschland ist die Konjunktur viel weniger abhängig vom Zinssatz für Kredite als in den USA, und bis heute gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass zu hohe Kreditzinsen die Investitionen behindern würden.

Und fünftens wäre eine solche Staatshilfe für Banken eine ungerechte Form der Umverteilung, weil mit den Steuermitteln aller die Vermögen von wenigen Reichen geschützt würden. Die Hälfte der Bevölkerung hat gar kein Vermögen, müsste aber den Vermögensschutz der Wohlhabenden mitbezahlen.

Die Banker locken die Politik derzeit mit dem Argument, sie ließen über Regulation der Märkte mit sich reden, wenn es Geld für marode Privatbanken gäbe. Damit sollen Finanzpolitiker auf die Rolle des Bittstellers bei Bankmanagern reduziert werden, die sich ihr eigenes Versagen bestens honorieren lassen. Wir sollten regulieren, ohne zu zahlen. Und damit eine spätere Krise viel größeren Ausmaßes verhindern.

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1 Kommentar

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  • B
    bluevelvet

    Der Kritik an einer ungerechten Umverteilung von Gütern, die Prof. Lauterbach an fünfter Stelle anführt, sollte höhere Priorität und Beachtung eingeräumt werden. Let's face it: Staatshilfe für marode Banken wäre nichts weiter als ein "umgekehrter Keynesianismus", der zynischerweise nur dann in die Marktprozesse eingreift wenn der Status Quo sozialer Ungerechtigkeit gefährdet ist ? dies verdeutlicht die Abhängigkeit der Gerechtigkeitskonzeption von rein kapitalistischen Interessen und zeigt die Notwendigkeit, Umverteilungsgerechtigkeit durch die institutionelle Grundstruktur unserer Gesellschaft bereitzustellen, anstatt weiterhin an faktisch nicht mehr vorhandene Selbstheilungskräfte des Marktes zu glauben.