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Kommentar CSU-KampagneFeindbild Roma

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Einwanderer sind keine potenzielle Gefahr, sondern ein Gewinn für den deutschen Wohlstand. Die CSU-Kampagne vergiftet das Klima.

Sieht Völkerwanderungen, wo keine sind: Horst Seehofer. Bild: dpa

E in Willkommensgruß sieht anders aus. Auf die vollständige Öffnung des Arbeitsmarktes in der EU für Bürger aus Bulgarien und Rumänien, die seit dem Jahreswechsel gilt, antwortet die CSU ausgerechnet mit einer Kampagne gegen angebliche Sozialbetrüger aus anderen EU-Ländern.

Damit stellt sie nicht nur alle Einwanderer aus diesen Ländern unter Generalverdacht. Sie schadet damit auch dem Ansehen Deutschlands, das auf Zuwanderung angewiesen ist. Viele deutsche Krankenhäuser und Altersheime etwa wären ohne Ärzte und Pfleger aus Osteuropa und dem Rest der Welt schon jetzt längst zusammengebrochen.

Dabei ist klar, dass unter den neuen Zuwanderern auch welche sein werden, die womöglich nicht in der Lage sind, sich allein durch ihrer Hände Arbeit zu ernähren. Um sich auf diese Herausforderung einzustellen, brauchen notorisch klamme Städte wie Duisburg, Dortmund oder Berlin Unterstützung.

Das geht aber auch, ohne Panik vor einer angeblich drohenden Völkerwanderung aus den Armenvierteln Südosteuropas zu schüren. Ziemlich unverhohlen zielt die CSU damit auf weit verbreitete Ängste und Vorurteile gegenüber Roma, die als schwer integrierbar gelten.

Der Grund dahinter ist simpel: In Bayern stehen in diesem Jahr neben der Europawahl im März auch Kommunalwahlen an. Die CSU will natürlich ihre Vorherrschaft behaupten. Aus regionalpolitischem Kalkül ist sie deshalb bereit, eine Menge europäisches Porzellan zu zerschlagen.

Für Angela Merkel wäre es an der Zeit, ein paar deutliche Worte zu sprechen. Sie hat es sich ja mal auf die Fahnen geschrieben, für eine „Willkommenskultur“ zu sorgen, die Einwanderer nicht mehr als potenzielle Gefahr, sondern als Gewinn für den deutschen Wohlstand begreift. Die CSU-Kampagne aber vergiftet das Klima.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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15 Kommentare

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  • Was tun Daniel Bax und wir, wenn Türken und andere "Alteingesessene" gegen die sich verstärkende Roma-Kultur sturmlaufen?

     

    Sind diese Ausländer plötzlich dann alle Rassisten?

    • T
      T.V.
      @AhaEffekt:

      Wer sein Gehirn eingeschaltet hat, erlebt dann zumindest keinen Ahaeffekt mehr.

       

      Schubladen sind schon was Bemerkenswertes.

  • Ich verstehe die Aufregung nicht. Es ist doch meines Wissens EU Recht, dass Zuwanderer in den ersten drei Monaten der Arbeitssuche keinen Anspruch auf Unterstützung des Aufnahmelandes haben. Zuwanderer, die keine Arbeit finden und deren Integration nach einer Einzelfallprüfung aussichtslos erscheint, können innerhalb der ersten fünf Aufenthaltsjahre wieder abgeschoben werden.

    Klingt doch eindeutig und etwas anderes als dies anzuwenden fordert die CSU doch auch nicht.

  • P
    pippilotta

    schließe mich Irma an - das argument des wirtschaftlichen vorteils ist in dieser debatte nur ein klägliches "ja-aber" argument. Rassismus müssen wir schon offensiver entgegentreten!

  • S
    Sören

    Die CSU darf mit ihrer ekelhaften Kampagne keinen Erfolg haben. Hier geht es um die Frage, ob wir eine weltoffene, moderne Gesellschaft sein wollen oder nicht. Ohne Zuwanderung wird die deutsche Wirtschaft Probleme bekommen; mit solchen Debatten verschrecken wir aber gerade die gut ausgebildeten, die sich aussuchen können, wohin sie innerhalb der EU gehen.

     

    Zwei Dinge sind sicher sehr problematisch. Zum einen das Menschenbild, was Horst Seehofer offenbart. Nicht nur mit Blick auf die Bevölkerungsgruppen, denen er hier pauschal entwas unterstellt, sondern auch gegenüber den Deutschen. Denn bei dieser Debatte geht er offenbar davon aus, mit rassistischen Untertönen punkten zu können.

     

    Zum anderen zeigt sich in Beiträgen (im Internet) aber auch, dass man hier die schlimmsten Reflexe auslösen kann. Fehlende Weltoffenheit ist ein Nachteil im globalen Wettbewerb. Wer nicht begreift, dass der Erfolg der deutschen Wirtschaft auch davon abhängt, versteht die veränderte Welt nicht.

     

    Das Grundproblem ist, dass Politiker Europa nicht erklären, und es für solche Kampagnen nutzen. Für viele Menschen ergeben sich durch die EU neue Chancen. Aber die Menschen in den westlichen Staaten, die schon abgehängt sind (bspw. wegen fehlender Ausbildung) haben nichts davon. Europa muss auch ein Europa der Chancen (für alle) werden, um besser akzeptiert zu werden.

  • E
    edwina

    "Viele deutsche Krankenhäuser und Altersheime etwa wären ohne Ärzte und Pfleger aus Osteuropa und dem Rest der Welt schon jetzt längst zusammengebrochen." So so... Könnte eine deutsche Krankenschwester von Ihrer Arbeit incl. Nachtschichten leben, weil sie ein für ihre gute Qualifikation angemessenes Gehalt bekommt, würden sie nicht - wie so viele - nach Dänemark, Norwegen, Schweden, in die Schweiz etc auswandern, und in Deutschland gäbe es in dieser Branche keinen Fachkräftemangel!

  • L
    lechts=rinks

    "Viele deutsche Krankenhäuser und Altersheime etwa wären ohne Ärzte und Pfleger aus Osteuropa und dem Rest der Welt schon jetzt längst zusammengebrochen."

     

    Das ist für die heutigen Linksradikalen also der Maßstab? Ekelhaft …

    Dabei ist es ganz einfach: Wenn Deutschland zu dämlich ist, sich seinen medizinischen Nachwuchs selbst auszubilden – wie fast alle Länder der Welt übrigens – dann bricht es eben zusammen. Der von den Linken als "Erfolg" gepriesene Diebstahl von Medizinern aus Osteuropa ist nicht weiter als dumpfer linker Imperialismus. Schon mal auf die Idee gekommen, ihr Baxe dieser Welt, dass diese Fachkräfte in ihrer Heimat fehlen und dann die

    rumänische Krankenhäuser und Altersheime zusammenbrechen? Ganz offenbar Ist in der Logik der Linken ein toitscher Kranker mehr wert als ein rumänischer …

    • G
      gast
      @lechts=rinks:

      Wieso denken Sie, das nur die Linken dafür verantwortlich wären, das man Pflegekräfte von überall herholt. Das wollen doch alle Politiker hier.

       

      Wer logisch denken kann, der wird es sehen wie Sie, wenn wir in anderen Ländern die Arbeitskräfte "klauen", dann wird deren System irgendwann zusammenbrechen.

       

      Aber hat das schon mal jemanden (Politiker) interessiert.

       

      Auch wenn man noch so viele Arbeitskräfte für Pflegeheime holt, werden dann die Heime billiger ?

       

      Die letzten Jahre eines arbeitsreichen Lebens sind nicht mehr bezahlbar, auch nicht wenn diese Leute dann alt und pflegebedürftig werden, selbst der Tod wird unbezahlbar.

       

      Deutschland sollte mal nachdenken, ob man es der Bevölkerung nicht überlassen sollte, wie (preiswert) sie beerdigt werden wollen. Aber die Kirchen und Co. wollen von ihrem recht einträglichen Geschäft nicht abweichen.

       

      Normale Beerdigungen sind doch nicht so optimal für das Grundwasser oder ? Aber Verbrennungen wollen unsere Grünen auch nicht, ist nicht gut wegen Umwelt. Was bleibt dann. Heute muss man kostengünstig sterben, Kinder können und wollen oftmals für die Kosten der Alten nicht aufkommen.

       

      wohin führt das System ?

  • Was wäre die deutsche Frittenbudenkultur ohne Schachlik oder `Zigeunersauce` ? Und vor allem gäbe es nie die berühmte Currywurst ohne indische Einwanderer die den Curry in Europa kultiviert haben? Rassismus führt zu einseitiger Ernährung, ständig nur Weisswurst und Schweinshaxe führt zu Blähungen, Herr Seehofer

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Wenn die Roma nicht arbeiten wollen, ist es nicht recht, und wenn sie arbeiten wollen, auch.

  • Ist nun der deutsche Wohlstand endgültig das Maß aller Dinge geworden oder wollen wir nicht vielleicht doch über den Menschen an sich und seine Würde und Werte sprechen? Wollen wir eine neue Dienstboten-Kaste im alleruntersten Lohnsegment schaffen oder Menschen, die vor Rassismus und politischer Perspektivlosigkeit fliehen, eine Zuflucht und ein Leben in Würde bieten? Ist es nur das Bruttosozialprodukt, was am Ende zählt? Man sollte sich schon genau überlegen, wie man gegen rechte Panikmache und rassistisches Gedankengut anargumentiert.

    • P
      Pritzi
      @Irma Kreiten:

      Irma Kreiten: Diese Zuwanderer haben oftmals eine schlechte oder gar keine Ausbildung und haben schon in ihrem Herkunftsland nicht gearbeitet. Wenn sie überhaupt einen Job in Deutschland oder in einem anderen europäischen Land kriegen, dann vermutlich schwarz oder mit geringer Bezahlung. Das heißt aber gleichzeitig, dass andere Menschen, die hier schon leben und auch nicht qualifiziert sind, noch weniger Chancen auf einen Job haben. Den Mindestlohn können Sie sich dann auch wieder von der Backe putzen, weil es immer jemanden geben wird, der für weniger Geld arbeiten wird. Was um Himmels Willen hat das mit Rassismus zu tun? Eigentlich hat es nur etwas mit Logik zu tun und der Befürchtung, dass es den armen Bevölkerungsschichten, die es (Jawohl!) auch hier gibt, noch schlechter geht. Oder sind die Ihnen egal, weil sie Deutsche und keine Ausländer sind?

    • G
      Gast
      @Irma Kreiten:

      Exakt das wollte ich auch gerade schreiben.

  • O
    Ostwest

    Schon seltsam. Hier wird kritiklos die Staatspropaganda der Einheitspartei CDUGrünSPDFDP wiedergegeben.

  • G
    Gast

    "Der Grund dahinter ist simpel: In Bayern stehen in diesem Jahr neben der Europawahl im März auch Kommunalwahlen an."

     

    Genau. Und weil der Stammtischrassismus längst salonfähig ist und auf eine breite Akzeptanz quer durch alle Gesellschaftsschichten stößt, spricht Horsti aus, was insgeheim viele denken.

    Und sichert sich damit Stimmen des gesamten Spektrums.

     

    Als wenn ein paar Tausend Roma oder Bulgaren oder sonstwer einem der reichsten Länder der Erde ernsthaft schaden würden... ich könnte kotzen!