Kommentar CDU bei der Hessenwahl: Jetzt mit offenem Streit beginnen!
Merkel soll angekündigt haben, auf den CDU-Vorsitz zu verzichten. Das wäre nach den Verlusten in Hessen ein guter Schritt, um die Debatte zu starten.
N ach dem schlechten Wahlergebnis in Hessen so zu tun, als könne es einfach weitergehen für die CDU, das wird nicht funktionieren. Weil: Man ist ja nach wie vor die stärkste Partei. Weil: Man stellt ja wieder den Ministerpräsidenten in Wiesbaden. Weil: Die in Berlin müssen sich jetzt eben ein bisschen mehr anstrengen. Doch klüger wäre es, jetzt, wenige Wochen vor dem Bundesparteitag in Hamburg, sofort mit der Debatte, mit offenem Streit zu beginnen. Über das, was die ChristdemokratInnen politisch umsetzen wollen. Und über das Personal, dem sie ihre Führung in diesen rauen Zeiten tatsächlich zutrauen.
Klug wäre es in dieser Lage also, Anfang Dezember eineN neueN ParteivorsitzendeN zu wählen. Weitsichtig und nützlich wäre es, wenn Angela Merkel dieses Amt zur Verfügung stellte, um als Kanzlerin ihre Große Koalition endlich wirklich führen zu können. Dass sie nach Informationen der dpa in der montäglichen Präsidiumssitzung angekündigt haben soll, nicht wieder für den Parteivorsitz zu kandidieren, lässt hoffen. Die CDU könnte die parteipolitische Moderne ausrufen und mit ihrem Erneuerungsversprechen selbstbewusst in die Europawahl, die drei Ost-Landtagswahlen 2019 und die nächste Bundestagswahl gehen.
Die CDU ist eine erfahrene, eine mit Krisen und Erfolgen vertraute Partei. Sie hat 417.000 Mitglieder. Ihre Vorsitzende Angela Merkel ist seit 18 Jahren im Amt, seit 13 Jahren führt sie die immer komplexer werdenden Regierungsgeschäfte. In dieser Situation so zu tun, als habe man kein Problem, offene Debatte mit Schwäche zu verwechseln – das wäre schlicht fahrlässig.
Ja, es reicht gerade so für Schwarz-Grün in Hessen; CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier kann mit den Grünen weitermachen. Am besten mit einem dritten Regierungspartner, um die Koalition in Wiesbaden kommod durch die kommenden fünf Jahre führen zu können. Aber die 11 Prozent Verlust bei den WäherInnen launig als „hessische Verhältnisse“ abzubuchen grenzte an politischen Selbstmord.
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Kreml-Astrologie in Berlin
Es ist allzu offensichtlich: In Berlin tanzen seit Monaten die Mäuse auf den Tischen. Die drei Koalitionspartner sind sich wahlweise gram oder spinnefeind. Das Irre: Alle warten und hoffen darauf, dass die jeweiligen Parteivorsitzenden ein Einsehen haben und vielleicht hinwerfen, bevor sie gestürzt werden müssen. Die CDU-Vorsitzende sagt mal hier was und dann wieder da – und nicht einmal die eigene Generalsekretärin vermag Angela Merkels hermetische Sätze zu deuten. Geht sie, bleibt sie? Das ist Kreml-Astrologie.
CSU-Chef Horst Seehofer klopft eitel Stammtischsprüche, tut sich selber leid und vernachlässigt seinen Innenministerjob, während sie in München schon seine Nachfolge auskegeln. Und der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles sieht man ihren Kummer und ihre Ratlosigkeit an. Verzweifelt steht sie am Wahlabend im gespenstisch leeren Willy-Brandt-Haus und kann nicht erklären, wofür ihre Partei derart bestraft wird. Die Lösung liegt auf der Hand. Eine Partei verantwortungsvoll zu führen bedeutet unter anderem, zu erkennen, wann es Zeit ist zu gehen. Am besten, bevor man gegangen wird.
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