Kommentar Brexit-Entwicklungen: Maybe, aber nicht mit May
Großbritannien braucht einen Führungswechsel. Denn solange es Theresa May ist, die den Weg weist, wird ihn niemand einschlagen wollen.
D er „New Deal“ für den Brexit, den Theresa May am Dienstag und Mittwoch vorstellte, ist – abstrakt gesehen – ein attraktives Paket. Er nimmt Kritik sowohl von links als auch von rechts am bestehenden Brexit-Abkommen mit der EU auf, indem er die Umwelt- und Sozialstandards der EU und auch eine Umgehung des ungeliebten Nordirland-Backstops verbindlich macht.
Er trägt dem wachsenden Gewicht des Unterhauses Rechnung, indem den Abgeordneten das letzte Wort bei den Fragen eines zweiten Referendums und einer Zollunion mit der EU zugestanden wurde, ebenso ein Vetorecht für das Ergebnis zukünftiger Verhandlungen mit der EU. Da ist doch für jeden was dabei, dachte sich die Premierministerin in ihrem Selbstbild als aufopfernde Hüterin des Gemeinwohls, die über einem unverbesserlichen Haufen Partikularinteressen thront.
Es hätte möglicherweise irgendwann einen Zeitpunkt geben können, an dem Theresa May mit einer solchen Einschätzung richtig gelegen hätte. Dieser war es nicht.
Jedes Vertrauen hat May verspielt, als sie erst jahrelang darauf beharrte, dass Großbritannien die EU am 29. März 2019 verlässt, und dann nach einer noch entschuldbaren technischen Verlängerung um zwölf Tage eine Verschiebung bis Ende Oktober ohne weitere Konsultation billigte, die vielleicht nicht die letzte Verschiebung gewesen ist.
Ein typischer May-Trick, der nie funktioniert
Ihre eigene Partei ist seitdem nicht länger gewillt, sie bis Oktober im Amt zu belassen, und so fehlt May jetzt die Autorität, um ein komplexes Brexit-Paket, das die Politik über die nächsten Jahre beherrschen wird, durch- und umzusetzen. Es ist für jeden etwas dabei – aber eben auch für jeden noch viel mehr Inakzeptables drin.
Ihr „New Deal“ stößt auf breite Ablehnung aber nicht nur wegen seines Inhalts, sondern wegen des Stils. Im Gesetzesentwurf steht offenbar etwas anderes als das, worauf sich das Kabinett am Dienstag verständigte – ein typischer May-Trick, der nie funktioniert. Der „New Deal“ scheint schon wieder gestorben zu sein, noch bevor er überhaupt ins Parlament eingebracht wurde.
Mays Zeit ist auch aus Sicht ihrer politischen Freunde abgelaufen. Die Frage ist nur noch, ob ihr bevorstehender Rücktritt als Parteichefin vor oder nach den Ergebnissen der Europawahlen erfolgt, und ob er auch ihren Rücktritt als Premierministerin nach sich zieht.
Großbritannien braucht einen Führungswechsel. Nicht durch sofortige Neuwahlen, wie Labour sie fordert – beide großen Parteien, sofern man sie noch groß nennen kann, sind intern viel zu gespalten für einen glaubwürdigen Wahlkampf. Aber mit einem neuen Gesicht in 10 Downing Street, das zumindest den Anschein einer Wahrnehmung der Realität ausstrahlt, wäre viel gewonnen.
Möglicherweise hätte dann ein neuer Brexit-Plan, der von Mays jüngstem Vorschlag wohl gar nicht so weit entfernt liegen dürfte, die Chance auf eine Mehrheit. Aber solange es May ist, die den Weg in die Zukunft weist, wird ihn niemand einschlagen wollen.
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