Kommentar Braunkohlepolitik Linkspartei: Macht als einziges Argument
Stimmt die Linke einem neuen Braunkohletagebau in Brandenburg zu, ignoriert sie ihr eigenes Programm. Und macht sich unglaubwürdig.
W as die Linkspartei in Brandenburg zu ihrem Plan bewegt, am Dienstag für einen neuen riesigen Braunkohletagebau zu stimmen, ist rational nicht zu erklären. Zunächst argumentierte der Wirtschaftsminister, die landschaftzerstörende und klimaschädliche Energieform könnte für die Stromversorgung notwendig sein. In einem Bundesland, das 60 Prozent seines Stroms exportiert, war das schon immer eine gewagte Annahme; mittlerweile ist sie auch durch ein Gutachten der Landesregierung selbst widerlegt.
Darum argumentiert die Partei nun zum einen, der anstehende Beschluss sei kein Problem, weil er im weiteren Verfahren noch revidiert werden könne. Selbst wenn das stimmen sollte, wäre es eine erstaunliche Strategie, mit der vagen Hoffnung auf spätere Korrekturen durch Verwaltung und Justiz eine erklärtermaßen falsche politische Grundsatzentscheidung zu fällen.
Als zentrale Aussage bleibt damit allein die Behauptung, dass eine Ablehnung des Tagebaus durch die Linke das Ende der rot-roten Koalition in Brandenburg bedeuten würde. Auch hier stellt sich zunächst die Frage, ob das stimmt. Im Koalitionsvertrag ist der neue Tagebau nicht erwähnt. Und auch für die SPD wäre es ein beträchtliches Risiko, angesichts der klaren Mehrheiten gegen die Braunkohle die Regierung wenige Monate vor der Landtagswahl wegen dieser Frage platzen zu lassen.
Doch auch wenn sie das tatsächlich tun würde, wäre eine Zustimmung der Linken zum Tagebau ein großer Fehler. Eine Partei, die ihr eigenes Programm komplett ignoriert, wenn das dem Machterhalt dient, braucht kein Mensch. Die Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt würde Schaden nehmen. Und die Glaubwürdigkeit der Linkspartei wäre schwer erschüttert – weit über Brandenburg hinaus.
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