Kommentar Boko Haram: Eskalation ohne Grenzen
Boko Haram scheint den Armeen immer voraus zu sein. Das wirft die Frage auf, ob sich dahinter wirklich nur verrückte Islamisten verbergen.
A ls Nigerias Wahlkommission am 7. Februar beschloss, wegen anstehender Großoffensiven gegen Boko Haram die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 14. Februar auf den 28. März zu verschieben, hatten manche Beobachter eine finstere Interpretation: Die 175 Millionen Nigerianer und ihr Recht auf freie Wahlen seien nun Geiseln der militanten Islamisten geworden. In Boko Harams Hand liegt es tatsächlich, ob Nigeria Ende März friedlich genug für Wahlen ist. Es liegt aber auch in der Hand des nigerianischen Militärs.
Die Wahlverschiebung ging schließlich auf die Art von „Empfehlung“ seitens der höchsten Generäle zurück, die ein Wahlkommissionspräsident nicht ungestraft ausschlagen darf. Die Gewährleistung friedlicher Wahlen am 28. März hängt ebenfalls davon ab, ob der angekündigte Feldzug gegen Boko Haram funktioniert. Die ersten Anzeichen sind nicht ermutigend.
Anstelle der angekündigten multinationalen Großoffensive gegen Boko Haram ist es Boko Haram selbst, das eine multinationale Großoffensive führt – mit andauernden Angriffen in Niger, den ersten Überfällen im Tschad und der bisher weitestgehenden Bodenoffensive in Nigeria selbst. Am Wochenende fuhren islamistische Kämpfer auf Pick-ups bis in die Stadt Gombe, auf halbem Weg vom traditionellen nordostnigerianischen Kriegsgebiet zur nigerianischen Hauptstat Abuja.
Wer kann der militärischen Eskalation noch Einhalt gebieten? Im Moment scheint Boko Haram den Regierungsarmeen immer einen Schritt voraus zu sein, was die Frage aufwirft, ob sich hinter Boko Haram wirklich nur ein armseliger Haufen verrückter Islamisten verbirgt. Eines ist sicher: Wenn der Krieg sich in diesem Tempo weiter ausdehnt, gibt es nicht nur Ende März keine Wahlen in Nigeria, sondern überhaupt nicht mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?