Kommentar Berlusconis neue Kapriolen: Italiens Lage ist hochgefährlich

In Italien droht erneut die Regierungskrise. Die Instabilität gefährdet nicht nur das Land: Das Risiko besteht, dass die EU-Wirtschaftkrise sich verschärft.

Silvio Berlusconi steht wieder mal im Mittelpunkt. Bild: reuters

„Das nächste Haushaltsgesetz wird uns die Troika schreiben“ – mit diesem Kassandraruf reagierte Stefano Fassina, Staatsminister im Finanzministerium, auf den Ausbruch der Regierungskrise. In der Tat ist das Risiko groß, dass die politische Instabilität Italiens zur dramatischen Verschärfung der Wirtschafts- und Finanzkrise führt.

Schon die bisherige Regierung unter Enrico Letta verdankte sich ausschließlich der Not des Landes. Eines Landes, das seit zwei Jahren unter der Rezession ächzt, das zudem über keine reale politische Mehrheit im Parlament verfügt – und das unter kontinuierlicher Sonderbeobachtung der Finanzmärkte steht.

Das Kabinett Letta hat Italien bislang nur Zeit gekauft: Zeit, in der der Zinsabstand (Spread) unter 3 Prozent verharrte, Zeit, in der spekulative Attacken gegen Italien ausblieben. Trotzdem hat sich die Situation erneut verschlechtert. Die Staatsschulden für 2013 sind wieder über die 3-Prozent-Marke geklettert, damit droht ein neues Defizitverfahren der EU-Kommission. Und der IWF warnt vor kommenden milliardenschweren Schieflagen bei den Banken.

Sollte die Regierungskrise zu schnellen Neuwahlen führen, so dürfte sich die Lage fatal zuspitzen. Denn das herrschende Wahlrecht lässt die Wiederholung des Resultats der Wahlen vom Februar 2013 wahrscheinlich werden: einen Senat ohne klare Mehrheiten und ein Parlament, in dem die aus europäischer Sicht völlig unkalkulierbaren Truppen Berlusconis und Beppe Grillos weiter starkes Gewicht haben werden.

An einer neuen Notstandsregierung führt deshalb kein Weg vorbei. Sie müsste allerdings eine Regierung sein, die – anders als das bisherige Kabinett Letta – nicht nur aus der Not geboren ist, sondern sich ihr endlich stellt, vorneweg mit einer entschlossenen Wahlrechtsreform.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.