Kommentar Berlusconi: Der, der nie aufgibt

Silvio Berlusconi verkündet seinen Rückzug vom Rückzug und kehrt mit „neuem“ Programm zurück. Dass er damit keine Mehrheit gewinnen kann, ist ihm herzlich egal...

Eins muss man Silvio Berlusconi lassen: Der Mann gibt einfach nie auf. Andere hätten nach einer – wenn auch nur erstinstanzlichen – Verurteilung zu vier Jahren Haft ihren Abschied von der Politik erklärt. Berlusconi dagegen? Er kehrt mit voller Kraft zurück, statt zu gehen, er tritt den Rückzug von jenem Rückzug an, den er erst letzte Woche, zwei Tage vor dem Urteil, verkündet hatte.

Auf den ersten Blick mag dieser Schritt völlig bizarr anmuten. Berlusconi ist schließlich, so scheint es, völlig abgehalftert; vor knapp einem Jahr scheiterte er kläglich als Regierungschef, in den Meinungsumfragen liegt seine Partei bei nur noch 15 Prozent. Und das „Programm“, das er jetzt zu seiner Leitlinie macht, wirkt wie der x-te Aufguss der alten, abgestandenen Parolen. Den Befreiungskampf gegen die „Diktatur der Richterschaft“ will er führen, dazu den „Terror der Steuerbehörde“ beenden und die Grundsteuer gleich komplett abschaffen.

Dieses Programm ist recht schmal – doch man sollte es ernst nehmen. Berlusconis Kampf geht weiter, der verbissene Kampf zur Verteidigung seiner eigenen Interessen, vorneweg seiner eigenen Straflosigkeit. Der Mann ist einfach verdammt dazu, in der Politik zu bleiben, verdammt auch dazu, auf aggressiven Populismus zu setzen. Berlusconi selbst weiß nur zu gut, dass er bei den nächsten Wahlen, spätestens im Frühjahr 2013, nicht die Mehrheit gewinnen, dass er nicht an die Regierung zurückkehren wird.

ist Italien-Korrespondent der taz mit Sitz in Rom.

Doch das muss er gar nicht: Ihm würde es völlig reichen, über eine solide Sperrminorität zu verfügen. Und die erreicht er am leichtesten mit einer furiosen Kampagne – gegen die Richter, gegen Mario Monti, gegen „la Merkel“. Ob darüber die Regierung vorzeitig stürzt, ist Berlusconi herzlich egal: In seiner Weltsicht fallen schon immer die Interessen Italiens mit seinen ganz privaten zusammen.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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