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Kommentar BaukindergeldGegen Wohnungsnot hilft es nicht

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Eine Bezuschussung des Wohnungskaufs unterstützt auch Menschen, die es gar nicht benötigen – und treibt die Immobilienpreise in die Höhe.

Vielen Wohnungssuchenden bleibt heute kaum was anderes übrig, als sich eine Wohnung zu kaufen Foto: dpa

I mmer dann, wenn es um Sozialleistungen für die Mittelschicht geht, wird es heikel. Denn in der Mittelschicht fühlen sich mehr Menschen als Bedürftige denn als Privilegierte. Diese verzerrte Selbstwahrnehmung gehört zum Sozialstaat.

Die Gerechtigkeitsfrage stellt sich auch beim Baukindergeld: Sollte man Käufer von Wohnungen und Bauherren aus Steuermitteln subventionieren? Wo doch solche Subventionen auch Menschen helfen, die darauf gar nicht angewiesen sind? Einerseits. Andererseits aber bleibt vielen Wohnungssuchenden in den Ballungszentren heute kaum noch etwas übrig, als sich eine Wohnung zu kaufen und einen hohen Kredit aufzunehmen.

Kommt das Baukindergeld, werden erst recht Tausende von Menschen Wohnungen erwerben oder Häuser bauen. Es ist bezeichnend, dass den zuständigen Politikern erst jetzt das Kostenrisiko der neuen Subvention aufgefallen ist. Nur aus diesem Grund haben sich die zuständigen Minister Olaf Scholz (SPD) und Horst Seehofer (CSU) nun eine Limitierung bei der Wohnungsgröße ausgedacht.

Wer einen Bauernhof mit 130 Quadratmetern kauft, kriegt keine Subvention mehr. Wer eine kleinere Wohnung in München erwirbt, egal wie teuer, vielleicht auch noch Erbe ist, bekommt aber das Geld vom Staat noch obendrauf. Die Quadratmeterbeschränkung ist dilettantisch.

Aber sie wirft auch ein Licht auf die eigentliche Problematik: Eine Bezuschussung des Wohnungskaufs aus Steuermitteln unterstützt garantiert auch Menschen, die dieses Staatsgeld gar nicht benötigen, und treibt die Immobilienpreise in die Höhe.

Das Baukindergeld hilft auch nicht bei der Bewältigung der Wohnungsnot in den Ballungszentren. Es ist ein Unding, wenn sich jemand aus Wohnungsnot beim Erwerb einer Immobilie auf Jahrzehnte hoch verschuldet und die Existenz Wohnungssuchender vom Zinsniveau abhängt. Wir brauchen eine Lösung für den Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen. Die liefert das Baukindergeld nicht.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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4 Kommentare

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  • Es geht doch nur darum, daß der Horst und sein Söder in den Bierzelten verkünden können, sie hätten für "anständige Familien" (oder sowas in der Art) das Baukindergeld durchgesetzt, hurra.

    Die Einkommensobergrenze wird ja die schlimmsten Exzesse verhindern - allerdings muß das alles dann die 10 Jahre der Laufzeit überwacht werden. Wie ist es denn bei Freiberuflern, die mal ein fettes und mal ein mageres Jahr haben können? Und was, wenn man wirklich Erbe ist - aber eine unbrauchbare Hütte ganz wo anders geerbt hat? Ist man dann kein Ersterwerber mehr und bekommt nichts?

    Ach, das ganze ist einfach nur unfassbar dumm.

  • Es ist alles so einfach: Nicht die Nachfrage anheizen sondern das Angebot an Wohnraum erweitern.

    So steckt die Politikelite (gut, der Begriff könnte ein Lacher in der Heute Show sein) das Geld von anderen Leuten in die Taschen einer bestimmten kleinen Gruppe, damit die verstärkt mit der Kohle Wohnraum nachfragen. Man hofft, dass dabei neuer Wohnraum entsteht.

    Der entsteht sowieso an den Stellen wo noch Bauland zur Verfügung steht und besonders wenig Wohnraum in allen Kategorien bereit steht.

  • Man müsste doch meinen auf so etwas wie hier in diesem treffenden Kommentar müssten auch die Leute in der GroKo kommen. Das ist doch der sogenannte gesunde Menschenverstand von dem die Rechten immer so gerne reden. Das kann man doch auch erkennen, mal abseits davon ob man ein Rechter oder Linker ist, müsste man meinen. Ich finde es immer wieder schade wie uninspiriert oft in deutscher Politik gedacht wird, ich hoffe es wird gedacht, es macht leider nicht den Anschein. Oder hat man einfach mal die Immobilienwirtschaft gefragt ob sie noch ein paar Subventionen braucht? Diese unpolitische Haltung der GroKo die oft eher als Bürokraten auftreten (ich glaube übrigens Bürokraten wären da sogar eher auf eine bessere Lösung gekommen) macht mich noch nicht mal mehr wütend, sondern fast schon eher mutlos.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Zutreffender Kommentar!