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Kommentar Bachmanns VolksverhetzungImmerhin eine Verurteilung

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Lutz Bachmann kommt mit einer Geldstrafe davon. Die Richter stellen klar: Der Pegida-Gründer und alle, die sich ausdrücken wie er, sind Volksverhetzer.

Bachmann verlässt den Gerichtssaal nach dem Urteil Foto: dpa

N atürlich wäre es erfreulicher gewesen, wenn Pegida-Gründer Lutz Bachmann für sein hasserfülltes Gequatsche auf Facebook hinter Gitter gelandet wäre statt mit der Zahlung von 9600 Euro davon zu kommen. Die Staatsanwaltschaft hatte nicht ohne Grund mehrere Monate Haft gefordert. Doch letztlich ist nicht ausschlaggebend, wie hoch die Strafe ausfällt. Wichtig ist vor allem, dass es überhaupt eine Verurteilung wegen Volksverhetzung gegeben hat.

Wer schon einmal das zweifelhafte Vergnügen hatte, eine Pegida-Demonstration aus der Nähe zu sehen, für den ist eines unübersehbar: Die Teilnehmer, die dort wie von Sinnen „Asylantenpack“ oder „Volksverräter“ oder „Haut ab“ brüllen, halten sich tatsächlich für besorgte Bürger. Sie sehen sich im Recht.

Jetzt haben die Richter klar gestellt: Bachmann und alle, die sich ausdrücken wie er, die von Menschen als „Viehzeug“ reden und Asylsuchende für Dreck halten, sind Volksverhetzer. Sie bewegen sich außerhalb des demokratischen Spektrums. Den harten Kern der Bachmann- und Pegida-Anhänger wird das zwar nicht beeindrucken. Sie werden in allen gegen sie gerichteten Entscheidungen immer nur eine Bestätigung dafür sehen, dass die Erde eine Scheibe ist. Mit einem gewissen Bodensatz an Unbelehrbaren muss sich eine Gesellschaft wohl abfinden.

Doch alle anderen, die einfach nur mit einem irgendwie gearteten Unwohlsein den Pegida-Organisatoren hinterher latschen und meinen, dass das, was auf solchen Demos gesagt wird, Ausdruck von Meinungsfreiheit sei, müssen nun zur Kenntnis nehmen: nein, ist es nicht. Die sozialen Medien sind kein rechtsfreier Raum für Rechtsextreme. Das Bachmann-Urteil, auch wenn es nur eine Geldstrafe ist, hat damit zu einer wichtigen politischen Klarstellung beigetragen.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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5 Kommentare

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  • "Das Bachmann-Urteil, auch wenn es nur eine Geldstrafe ist, hat damit zu einer wichtigen politischen Klarstellung beigetragen."

     

    Als ob vorher jemals unklar war, was Volksverhetzung ist. Bachmann war einschlägig gewarnt und auf Bewährung unterwegs. Von einem Gericht erwartet doch niemand politische Klarstellungen, sondern die Anwendung des geltenden Rechts. Dieses Gericht ganz offensichtlich seine Arbeit verweigert. Das ist überaus skandalös und dem lässt sich auch rein gar nichts Positives mehr abgewinnen.

  • Blödsinn!

    Es ist nie und nirgends "erfreulich", wenn irgendjemand in den Knast geht.

    Noch niemals und nirgends ist jemand durch den Knast ein "besserer" Mensch geworden. Bestenfalls trotz des Knastes.

    In vielen Fällen gar nicht.

    Die dümmliche Formulierung ist Ausdruck eines kleinbürgerlichen Rachededankens, der sich jenen Vorstellungen der Pegedioten zumindest annähert.

    Das Urteil haben im Übrigen nicht "Die Richter" gesprochen. Am Amtsgericht entscheidet EinE RichterIn.

    Und das Urteil ist nicht rechtskräftig.

    Die Entscheidungen von Amtgerichten entfalten keine Rechtsbindungswirkung für andere Gerichte.

    Möglicherweise werden die Richter der folgenden Instanzen ganz anders entscheiden.

  • Maxime 1: "Mit einem gewissen Bodensatz an Unbelehrbaren muss sich eine Gesellschaft wohl abfinden".

    Traurig, aber wahrscheinlich wahr. Obschon Qualitätsallgemeinbildung statt Dressur von Firmenrädchen hülfe, breite Unbelehrbarkeit erst gar nicht aufkommen zu lassen.

    Maxime 2: "Die sozialen Medien sind kein rechtsfreier Raum für Rechtsextreme". (Hoffentlich) Amen.

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Angesichts der beachtlichen kriminellen Karriere Bachmanns und der Tatsache, dass er die Volksverhetzung unter laufender Bewährung beging, erscheint eine Geldstrafe weder tat-, noch schuldangemessen.

    Allerdings erscheint sie dem speziellen Dresdner und Sächsischen Klima, demzufolge (auch nur vermeintliche) Straftäter von links de facto energischer und härter zu verfolgen sind, als solche von rechts angemessen.

    Vorliegend hätte es gereicht Bachmann so zu behandeln, wie jeden anderen uneinsichtigen und beherzten Bewährungsversager auch: Mit einer empfindlichen Gefängnisstrafe.

    In der taz klang ja bereits an, dass Bachmann auf einen für ihn überaus angenehmen Vorsitzenden Richter traf (http://www.taz.de/!5293295/). Generalprävention oder auch ein fühlbares Einwirken auf einen Gewohnheitskriminellen sind mit Samthandschuhen nicht zu erreichen.

  • Naja, Haft wäre schon schöner gewesen. Immerhin ist der ja schon vorher mehrfach straffällig geworden. Und v. a. kann man eine Haft nicht so einfach mit Spendengeldern der Anhängerschaft bezahlen. Da kommt doch sicher genug für vier weitere Volksverhetzungen zustande. Aber dennoch natürlich: Verurteilung an sich ist was wert, ja.