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Kommentar Asyl in der SchweizSchweizerInnen künftig unter sich

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Steter Tropfen höhlt den Stein: Nach der Volksabstimmung von Sonntag wird die Schweiz die flüchtlingsfeindlichsten Asylsgesetze in Europa haben.

Zwei Asylbewerber im Kanton Graubünden: Alpacas vor Schweizer Alpenkulisse. Bild: dpa

N ach einer schon seit Ende des Kalten Krieges andauernden ausländerfeindlichen Hetzkampagne der rassistischen rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) haben die Eidgenossen bei einer Volksabstimmung am Sonntag mit fast 80-prozentiger Mehrheit eine drastische Verschärfung des Asylrechts abgesegnet. Die Schweiz hat nun eines der flüchtlingsfeindlichsten Asylgesetze in Europa.

Da die Alpenrepublik von EU-Ländern umschlossen ist und die Dublin-Abkommen sowie andere EU-Bestimmungen zur Flüchtlingsabwehr übernommen hat, werden nach der nun vollzogenen Abschaffung der Möglichkeit, Asyl auf Schweizer Auslandsbotschaften zu beantragen, künftig deutlich weniger Flüchtlinge auf Schweizer Boden gelangen.

Bislang hatte die Schweiz im Verhältnis zur eigenen Bevölkerungsgröße nach Malta, Luxemburg und Schweden die viertgrößte Zahl von Asylbewerbern zu „verkraften“. Mit dieser Zahl betrieben die Befürworter der Gesetzesverschärfung erfolgreich Angstpropaganda. Unterschlagen wurde, dass im Durchschnitt der letzten zehn Jahre lediglich zwölf Prozent aller Asylgesuche auch erfolgreich waren.

Bild: Kristin Flory
Andreas Zumach

ist UNO-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf.

Die erschreckend große Mehrheit für die Asylrechtsverschärfung kam nur zustande, weil ein erheblicher Teil der Mitglieder und WählerInnen der Grünen und Sozialdemokraten entgegen der Empfehlung ihrer Parteien für das - von einer sozialdemokratischen Justizministerin vorgelegte - neue Gesetz stimmten. Nur so ist erklärbar, dass erstmals auch in Genf und in anderen Westschweizer Kantonen, in denen alle Vorstöße für ausländerfeindliche Gesetzesverschärfungen in den letzten 20 Jahren abgelehnt wurden, diesmal eine Mehrheit mit „Ja“ votierte.

Im Unterschied zu früheren Abstimmungen haben die von der SVP jahrelang mit Erfolg bei den "kleinen Leuten" geschürten irrationalen Überfremdungsängste inzwischen den Mittelstand und die Oberschicht erreicht. Die nach dem Inkrafttreten des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU gestartete Kampagne der SVP gegen deutsche ÄrztInnen, LehrerInnen oder PastorInnen, die den Eidgenossen angeblich die Arbeitsplätze wegnehmen, die Wohnungsmieten in die Höhe treiben und die Busse und S-Bahnen in Zürich überfüllen, war erfolgreich. Hinzu kommt, dass seit einigen Monaten die „Wirtschaftsflüchtlinge“ nicht mehr nur aus Eritrea oder anderen afrikanischen Hungerländern in die Schweiz kommen, sondern auch aus den Krisenländern in Südeuropa.

Das Ergebnis dieser Schweizer Volksabstimmung „bedeutet eine Schwächung unserer humanitären Tradition und zeigt einen Mangel an Solidarität gegenüber den Menschen in krisengeplagten Ländern“.

Diesem Urteil der christdemokratischen Abgeordneten Anne Seydoux-Christie, der einzigen Abweichlerin in den Fraktionen der vier Befürworterparteien im Berner Bundesparlament, ist nichts hinzuzufügen.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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21 Kommentare

 / 
  • AB
    Antonie Buddenbrook

    Ich bin für einen BürgerInnenentscheid über die Fragen der Asylpolitik in Deutschland. So wie jetzt in München und Hamburg soll es nicht weitergehen.

    Eine Abstimmung ist basisdemokratisch.

  • UM
    Ulli Müller

    Wann hatte die Schweiz noch mal das Frauenwahlrecht eingeführt?

    Allgemein ist es natürlich so, dass in jedem land eine solche Abstimmung ähnliche Ergebnisse erzielt.

    Wenn die Menschen nicht so verblendet, verleitet und verängstigt wären, gäbe es sicherlich auch keine CDU & FDP im Parlament und die Politik würde sich mehr an den Interessen der Menschen ausrichten.

  • D
    Dusel

    Warum sollte die Schweiz mutwillig ihr Land kaputt machen!? Ist sie nicht im recht, wenn sie das nicht tut? Ich denke, dass überzogene Gutmütigkeit auch zugleich Dummheit ist. Oben die verzichten nicht-, beim gemeinen Volk wird abgezwackt-,wie hier.

  • S
    Seehaus

    "von @Seehaus:

     

    Ich glaube nicht.

    Nach den Wahlergebnissen in der BRD zu urteilen, wäre die Mehrheit der Deutschen dagegen.

     

    Verschärfung des Asylrechts ist wohl eher was für nichtetablierte Parteien und deren Wähler."

     

    Ich bin da wesentlich pessimistischer als Sie. Die Linie einer etablierten Partei ist eine Sache, aber eine direkte Volksabstimmung ist etwas anderes. Bestes Beispiel für mich, warum ging wohl kein Aufschrei der Empörung jüngst durch Hamburg?

  • H
    hschweizer

    Werter Herr Zumach. Genau solch sinnfreie Kommentare wie Ihrer und das Zücken der Rassismuskeule bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit haben dieses Resultat zu verantworten. Dass es eine riesige Missbrauchsquote im Asylwesen gibt, dass die Kriminalitätsraten unter den sogenannten Flüchtlingen horrend sind, dass aus Ländern wie Marokko und Tunesien ausschliesslich junge Männer um Asyl bitten, dass Nigerianer laut dem Ex-Chef des Bundesamts für Migration zu 99% kriminell sind, etc. dürfte man - wenn es nach einem Herrn Zumach, der SP und den Grünen ginge - nicht laut sagen. Sorry, wir sind eine direkte Demokratie, keine repräsentative Scheinrepublik.

  • D
    D.J.

    @Brandt,

     

    wie kommen Sie auf diese Behauptung, dass sich die Schweiz "entzieht"? Nach wie vor (trotz bereit seit 1 existierenden Gesetzes) nimmt die Schweiz mit die meisten Flüchtlinge in Europa auf im Vergleich zur Bevölkerung. Gerade gegenüber der Schweiz ist die Mischung aus Ignoranz und Arroganz bei uns Deutschen phänomenal. Und Ihr "Hühnchen rupfen" mir anderen Nationen können Sie bitte stecken lassen. Kommt nicht gut an.

  • S
    @Seehaus

    Ich glaube nicht.

    Nach den Wahlergebnissen in der BRD zu urteilen, wäre die Mehrheit der Deutschen dagegen.

     

    Verschärfung des Asylrechts ist wohl eher was für nichtetablierte Parteien und deren Wähler.

  • DF
    Die froehlichen Monde von Beteigeuze

    Schweiz Auslaenderanteil 25%. Deutschland Auslaenderanteil 7%.

     

    Andreas Zumach lebt in der Schweiz, als einer der 25%.

     

    Auslaenderanteil bei der taz.

     

    Sieht nach unter 5% aus.

     

    Auslaenderanteil in den dt Medien unter 5% vor der Kamera oder Redakteure. Bei der Haltung braucht man da keine Gesetze verschaerfen, aber von dort aus meckern sieht nicht sexy aus.

  • B
    Brandt

    Die Schweiz entzieht sich Pflichten gegenüber der Staatengemeinschaft, die Flüchtlingsproblematik gemeinsam zu lösen - andererseits will die Schweiz weiterhin toleriert werden wegen ihres unfeinen und unehrlichen Wirtschaftsweise. Die Staatengemeinschaft sollte Kapitalströme in die Schweiz unmöglich machen, unnd die Schweizer zwingen anonyme Bankkonten zu verbieten. So können wir dann auch einige Mrd. € zusätzlich aufnehmen, die uns durch Steuerflucht entgangen sind. Das Geld brauchen wird dann auch für die Flüchtlinge. Wenn ich das so recht bedenke, dann machen wir bei einem Massnahmenbündel dieser Art ein dickes Plus. Desweiteren haben wir noch ein Hühnchen mit den Schweizer zu rupfen. Ein Teil unserer Kommunen ist verschuldet durch misslungende Zins-Swaps mit Schweizer Franken. Die Banken haben da einigen Reibach gemacht. Ursächlich war aber das intranparente Geldsystem, das die Schweiz mit den Steueroasen verbindet.

  • A
    Antares78

    Was haben Länder wie die Schweiz, Frankreich, Österreich u.a. gemeinsam:

     

    Offene politisch-gesellschaftliche Auseinandersetzungen und somit ein hohes Maß an gelebter Demokratie!

     

    Trotz Rechtspopulismus, Minarett-Verbot, Burka-Verbot und Politikern wie Le Penn oder Haider lebt es sich in diesen Ländern gut - auch als Ausländer.

     

    Ich mache mir um die Schweiz überhaupt keine Sorgen!

  • M
    Marti

    "SchweizerInnen künftig unter sich" - was für eine schwachsinnige Überschrift! Als gäbe es durch das neue Asylgesetz keine Nichtschweizer mehr in der Schweiz.

     

    Die Schweiz hat mit ca. 23 Prozent nach wie vor eine sehr hohe Ausländerquote, von den Eingebürgerten mal ganz abgesehen.

     

    Die Schweizer tolerieren also sehr viele, die nicht ursprünglich aus der Schweiz kommen. Warum sollten sie auch noch massenhaft weitere Menschen aufnehmen, die nicht selten einfach ein attraktives Land suchen, das auch denjenigen viel bietet, die wenig oder nichts leisten.

  • B
    Butzele

    Man könnte fast meinen : Die Guten ins Töpfchen (Schweiz) die Schlechten ins Kröpfchen (Europa)

  • V
    vjr

    "SchweizerInnen künftig unter sich" ...wirklich? Nöö, geht nicht! Ging auch nie!

    Irgendwie hatten die 30.4% der Stimmberechtigten* genug der Offenheit und stimmten dem verschärften Asylgesetz** zu.

    Auch ich, mal Geflüchtet, wuchs in diesem, heute meinem, Land auf. Und hatte, anfänglich, auch mit einigem zu kämpfen, wie mit meinen Ängsten, z.B. vor den damals aktuellen Schwarzenbach-Initiativen (eines Schwarzenbachs, des Vorgängers von Blocher... nebenbei, und voll zur Sache: Blochers (SVP) Urgrossvater wanderte ja, als Prediger-Flüchtling, aus Württemberg ein...)

    Wären wir, meine junge Familie und ich, damals nicht aufgenommen worden, wofür ich fast zwei Jahre lang kämpfte, wäre unsere Reise weitergegangen. Wir durften bleiben, ich lernte dabei zu kämpfen, und öffnete eine weitere Tür im Leben.

     

    * die diesmal*** Abstimmenden x die Ja-Stimmenden, 38.7% x 78.5% – siehe bfs.admin.ch > Themen > 17 Politik > Abstimmungen

    ** siehe ch.ch/de/abstimmungen/

    *** an einer der Abstimmungen, die – gemeinsam mit anderen Entscheiden – jeden Quartal stattfinden (briefliche Stimmabgabe, zunehmend)

  • H
    HoppSchwiiz

    Man kann auch objektiv bleiben und feststellen, dass "trotz" der Verschärfung die CH immer noch am 4.häufigsten Flüchtlinge aufnimmt und im Wesentlichen lediglich das Asylgesuch in CH-er Botschaften im Ausland abgeschafft wurde. Das wohlgemerkt als letztes Land in Europa, sofern andere Länder diese Möglichkeit überhaupt geboten hatten. Und ja, höchst unmenschlich, dass den Leuten ein möglichst rascher Entscheid beschieden werden soll, statt sie Jahre im Ungewissen zu lassen, das muss man schon sagen. Pöse Schweiz.

  • R
    Rosa

    "Die Schweiz hat nun eines der flüchtlingsfeindlichsten Asylgesetze in Europa.":

     

    Falsch:

     

    Die Schweiz hat nun eines der schweizerfreundlichsten Asylgesetze in Europa!

     

    "Unterschlagen wurde, dass im Durchschnitt der letzten zehn Jahre lediglich zwölf Prozent aller Asylgesuche auch erfolgreich waren.".

     

    Wurde auch unterschlagen, daß die Kriminalitätsrate unter Migranten besonders hoch ist?

    Muß ein Schweizer dafür Verständnis haben?

     

    Als Dank für ein bisher großzügiges Asylrecht, eine besonders hohe Kriminalität?

     

    Wäre die taz mutig, würde sie das Thema zur Entscheidung des Tages machen.

    Statt dessen kommen immer langweilige Themen, die keinem weh tun.

  • H
    Harli-Horli

    Die Schweiz ist die einzige wahre Demokratie in der Welt!

    Bürgerabstimmungen sind ein Indikator einer Demokratie, alles andere ist schlichtweg Dummfug.

    Es lebe die NZZ!

     

    :o)

  • DF
    Dein Freund Harvey

    von Andreas Zumach: "Die Schweiz hat nun eines der flüchtlingsfeindlichsten Asylgesetze in Europa."

     

    Wundert mich überhaupt nicht !

     

    http://www.youtube.com/watch?v=XNPqQ8-8LbI

  • H
    heinzl

    Was glauben Sie eigentlich wie eine Volksabstimmung zur Verschärfung des Asylrechtes in Deutschland ausfallen würde?

    Gezielte Migrationspolitik ist unabdingbar, sonst profitiert der braune Mob.

  • N
    nemorino

    Tja, die Demokratie. Eine dumme Sache, wenn der Demos nicht so will wie die "Demokraten".

  • S
    Sprachungetüme

    "Hetzkampagne der rassistischen rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei"

     

    Auch wenn man schlecht gelaunt ist, sollte man solche Wortungetüme vermeiden. Sie wirken auf mich wie Volksbelehrung à la Aktuelle Kamera in der DDR, also eher peinlich.

    Warum brauchte die DDR so etwas? Es liegt daran, dass viele Begriffe durch propagandistische Inflationierung ihre Wirkung verloren hatten und man meinte, durch Doppelung und Verdreifachung das wieder wettzumachen. Man kann sich denken, dass die Wirkung eine gegenteilige war.

    Also, bitte auch eine gern heftige Auseinandersetzung mit dem pol. Gegner, aber nicht mit einer Phraseninflation.

    Zu den 12% Anerkennungsquote: Vielleicht vorgestellt, dass das für viele Schweizer genau das Problem ist? (da die Mehrzahl ohnehin da blieb, was Herrn Zumach, der ja auch die Auweisung Krimineller laut älteren Artikeln irre populistisch findet, sicherlich völlig O.K. findet).

  • S
    Seehaus

    Machen Sie sich und uns nichts vor. Bei einer "Volksabstimmung" zum gleichen Thema in D würde das Ergebnis leider keineswegs anders aussehen.