Flüchtlinge in Europa: EU bekommt einheitliches Asylgesetz

Künftig müssen alle Asylbewerber in der EU gleichbehandelt werden. Doch einige Punkte des neuen Gesetzes bleiben fragwürdig.

Die Rechte von Flüchtlingen werden mit dem neuen Asylsystem nicht gestärkt, kritisiert die EU-Abgeordnete Franziska Keller. Bild: dpa

STRASSBURG taz | EU-Kommissarin Cecilia Malmström spricht von einem großen Tag für Europa. Über vierzehn Jahre lang hätten die EU-Innenminister und zuletzt auch das Europäische Parlament über eine Reform des europäischen Asylrechts verhandelt und jetzt sei es endlich so weit:

Am Freitag hat der Ministerrat die Neuregelung verabschiedet, am Mittwochvormittag hat auch das Europäische Parlament mit großer Mehrheit das Gesetzeswerk angenommen.

Dadurch soll das EU-Asylrecht vereinheitlicht werden. Fünf neue Gesetzestexte sollen sicherstellen, dass Verfolgte überall in der EU den gleichen Rechtsschutz genießen und mit einem kurzen Asylverfahren von höchstens sechs Monaten rechnen müssen. Ihr Zugang zum lokalen Arbeitsmarkt würde erleichtert, zudem bekämen die Asylbewerber einen Anspruch auf medizinische und psychologische Grundversorgung.

Mit den neuen Regeln baue die EU einen gemeinsamen Schutzraum und zeige auch ihre „humanitäre Seite“, erklärte die zuständige EU-Kommissarin Malmström in Straßburg.

Schandfleck Eurodac

Die grüne EU-Abgeordnete Franziska Keller sieht das anders: „Das Asylsystem bleibt nach wie vor ein Flickenteppich in Europa, die Rechte von Flüchtlingen werden nicht verstärkt,“ monierte sie in der Debatte in Straßburg.

Schlimmer noch: Der größte Schandfleck des gemeinsamen Asylsystems sei Eurodac. Menschen, die Schutz vor Verfolgung suchen, würden in eine Ecke gestellt mit Schwerverbrechern und Kriminellen, klagt die Grünen-Politikerin.

Gemeint ist die seit zehn Jahren bestehende Datenbank Eurodac, in der Fingerabdrücke von Asylbewerbern gespeichert sind. Nach der Neuregelung dürfen erstmals auch die nationalen Strafverfolgungsbehörden bei der Suche nach Straftätern auf Eurodac zugreifen – allerdings nur „unter strengen Bedingungen und als letztes Mittel“ versichert die EU-Kommission.

Außerdem sieht die neue EU-Regelung vor, dass Fingerabdrücke von anerkannten Asylbewerbern bis zu drei Jahren gespeichert werden, von abgelehnten Asylsuchenden zehn Jahre lang.

Südländer haben andere Sorgen

Auch die Liberalen im EU-Parlament klagten, mit dieser Regelung würden alle Asylsuchende unter Generalverdacht gestellt. „Ich glaube nicht, dass dieses Asylpaket so gut gelungen ist, es ist sehr löchrig“ bemängelte die FDP-Abgeordnete Nadja Hirsch.

Die Südländer Europas haben ganz andere Sorgen: Trotz aller Neuregelungen bleibt das sogenannte Erststaatsprinzip des EU-Asylrechts weiterhin in Kraft, nach dem ein Asylbewerber weiterhin in dem EU-Mitgliedsstaat Asyl beantragen muss, in den er zuerst eingereist war. Insbesondere Griechenland, Italien und Malta hatten eine Quotenregelung verlangt, allerdings ohne Erfolg.

Sämtliche EU-Abgeordnete aus diesen Ländern beschweren sich nun über die aus ihrer Sicht ungleiche Verteilung der Lasten bei der Versorgung von Flüchtlingen. Cecilia Malmström lässt dies nicht gelten. „Keines dieser Länder empfängt heute die große Mehrheit der Asylbewerber“, erklärte die EU-Kommissarin in Straßburg.

Allerdings sieht Malmström auch ein, dass Länder wie Italien und Griechenland derzeit unter großem Druck stehen, und verspricht den Südländern „große Hilfe mit technischer und humanitärer Unterstützung“.

In einer weiteren Entscheidung beschloss das Parlament, dass die Schengenstaaten künftig in Notfällen bis zu zwei Jahren lang ihre nationalen Grenzen geschlossen halten können. Bislang galt das nur kurzfristig bei Großereignissen oder etwa nach einem Terroranschlag.

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