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Kommentar Arafats TodDas Rätselraten bleibt

Kommentar von Susanne Knaul

Die Wahrheit über die Todesursache des früheren Palästinenserführers wird wohl nie richtig bewiesen werden. Damit muss sich die Welt abfinden.

Schweizer Experten haben Polonium in Arafats Körper gefunden, russische nicht. Bild: ap

J ERUSALEM taz Nicht so eilig, Soha Arafat. Wenn man die Witwe des Palästinenserchefs von einst Jassir Arafat hört, möchte man meinen, sie habe den Bericht des Schweizer Untersuchungsteams gar nicht erst gelesen.

Die Experten fanden zwar in den Proben von Arafats sterblichen Überresten unerwartet große Mengen von Polonium, ähnlich wie sie sie schon vor zwei Jahren an seiner Unterwäsche, Hut und Brille entdeckten, trotzdem sei auch durch die neuen Erkenntsnisse die Theorie eines Mordes nur mäßig bewiesen. Dazu kommen die vor zwei Wochen veröffentlichten Ergebnisse eines russischen Expertenteams, das weder Polonium noch sonst irgendeinen Hinweis auf Mord gefunden haben will. Hier steh ich nun, wird sich der palästinensische Normalbürger ratlos am Kopf kratzen, und bin so klug als wie zuvor.

Die Palästinenser und der Rest der Welt werden sich damit abfinden müssen, die Wahrheit über Arafats Todesursache nie zu erfahren. Das Rätselraten bleibt und es passt ja auch ganz gut zu dem Volkshelden mit dem originellen Kopftuch. Zu Lebzeiten war er so von Mythen umwoben wie jetzt auch nach seinem Tod. Wie profan wirkt dagegen seine junge Witwe, die aus dem Spektakel um den toten Mann Profite herauszuschlagen hofft.

Nach einer Serie von Skandalen klopfen die Journalisten nun wieder höflich an ihre Tür, und mit etwas Glück, so wird sie meinen, springt vielleicht noch der ein oder andere Euro einer Wiedergutmachung für sie und ihre bedauernswerte Tochter heraus. Nur: Wer sollte das bezahlen?

Der arme Kerry

Wer zahlt überhaupt die Unkosten für die drei Forschungsteams, die parallel über Monate mit nichts anderem als den pathologischen Proben Arafats und seiner Unterwäsche beschäftigt waren? Auftraggeber war die Palästinensische Autonomiebehörde, die zu weiten Teilen aus EU-Töpfen gefördert wird. Oder begleichen die Palästinenser die offenen Rechnungen mit den 75 Millionen Dollar, die US-Außenminister John Kerry aufbrachte, um die PLO im Friedensprozeß bei der Stange zu halten, und die eigentlich in die Wirtschaft und mehr Arbeitsplätze hätten investiert werden sollen?

Der arme Kerry. Erst kündigt Israel den Bau tausender neuer Siedlerwohnungen an, dann wird der erzkonservative Avigdor Lieberman freigesprochen, und nun auch noch das. Einer positiven Atmosphäre bei den Friedensverhandlungen sind die Gerüchte über einen Mord an Arafat nicht gerade förderlich.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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14 Kommentare

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  • L
    lowandorder

    Nochmals - heute morgen paper-taz - gahrp!

     

    Viel Geld für eine Leiche

     

    Darüber täuschen die mildere Überschrift in der e-taz und die Begleitartikel nicht hinweg - eher verstärken sie den Eindruck: - schamlos.

     

    Denn - ob Polonium nun die finale Todesursache war oder nicht - so what!

    Wissenschaftler sind keine Jounalisten und daher

    zu recht vorsichtig;

    Tatsache aber bleibt bisher, daß Arafat wie auch immer genau Polonium in ungewöhnlich hoher Menge beigebracht worden ist.

     

    Und - daß dies aufgrund der Eigenart des Stoffes nur durch Spezialisten geschehen sein kann.

    Wer, welche Organisation on the top of the tell steht kann sich jeder selbst beantworten.

     

    Und daß nie Klarheit erzielt werden wird, liebe Frau Knaul, erweist sich doch als ihr persönliches ganz banales Wunschdenken;

    wie unlängst sich angesichts der Ermordung Lumumbas wieder gezeigt hat.

    Man wird sehen, wie weit hier Omerta reicht.

  • RW
    Rainer Winters

    @ AUCH DAS NOCH - Korrektur - es fehlte das Wort "nicht"

     

    Po210 ist radioaktiv, zerfällt also in sein Endprodukt Blei der Machart Blei-206. Davon fanden die Mediziner unglaublich viel in seinen exhumierten Rippen.

     

    Blei in dieser Form liegt zu 24% genau so vor und ist das Endprodukt des radioaktiven Zerfalls in der Reihe

     

    Uran --> Polonium --> Blei

     

    Frau Journalistin kann Ihnen jedoch nicht den Part des "Vertrauens" abnehmen: Glauben Sie dem wissenschaftlichen und veröffentlichten 100-Seiten-Bericht aus Lausanne oder der russischen Absage (die über die Medien gestreut wurde - ohne wissenschaftlichen Rechenschaftsbericht)?

  • RW
    Rainer Winters

    @ AUCH DAS NOCH

     

    Po210 ist radioaktiv, zerfällt also in sein Endprodukt Blei der Machart Blei-206. Davon fanden die Mediziner unglaublich viel in seinen exhumierten Rippen.

     

    Blei in dieser Form liegt zu 24% genau so vor und ist das Endprodukt des radioaktiven Zerfalls in der Reihe

     

    Uran --> Polonium --> Blei

     

    Frau Journalistin kann Ihnen jedoch den Part des "Vetrauens" abnehmen: Glauben Sie dem wissenschaftlichen und veröffentlichten 100-Seiten-Bericht aus Lausanne oder der russischen Absage (die über die Medien gestreut wurde - ohne Wissenschaftlichen Rechenschaftsbericht)?

  • die rolle von arafats luxus-witwe und ihr streit mit der PA um die milliarden EU "hilfen" (unsere gelder), die verschwunden sind, wird mir in deuschland überhaupt nicht veröffentlicht.

     

    ist auch krass, wieviel geld und aufmerksamkeit die welt den pallys widmet...ach nee: nur den pallys, die etwas mit israel zutun haben. den pallys, die im libanon wie menschen 3te klasse leben oder zu tausenden in syrien abgeschlachtet werden, zeigt die welt (und auch der deutsche michel) die kalte schulter.

  • AD
    auch das noch

    frage mich seit tagen, warum die russen sagen es lässt sich nach so langer zeit kein polonium 210 mehr nachweisen, wegen zerfalls, ect. die schweizer dagegen finden unerwartet hohe dosen. wie so oft konnte ich in den medien keine aufklärung zu diesem widerspruch finden, frau journalistin. eigentlich ihr part, bevor solche artikel wie ihrer geschrieben wird, mit berechtigter kritik anderer kommentatoren.

  • "Wie profan wirkt dagegen seine junge Witwe, die aus dem Spektakel um den toten Mann Profite herauszuschlagen hofft." Gibt es hierfuer irgendwelche Anhaltspunkte, oder ist das eine boeswillige und ehrenruehrige Unterstellung? Man muss doch wohl kein Arafat-Fan sein, um zu erkennen, dass sowohl die Witwe als auch die Palaestinenser ein durchaus berechtigtes Interesse haben, zu erfahren, ob Arafat ermordet wurde. Es ist doch voellig abwegig zu suggerieren, dass Geld, das in die Aufklaerung einer schwerwiegenden Straftat mit gravierenden politischen Konsequenzen investiert wird, besser in Form von Strassen und Supermaerkten angelegt worden waere.

    • @Irma Kreiten:

      wer war 2004 gegen eine autopsie? die pallys, die sich strikt gegen eine untersuchung gewehrt haben.

       

      na fällt der groschen?

      • @mehrdad beiramzadeh:

        Nicht so dreist. Nur weil Sie anderer Meinung sind als ich, muessen Sie mir nicht unterstellen, von weniger wachem Verstand zu sein als Sie selbst. Im uebrigen scheinen Sie fuer Ihren Teil gar nicht den Kern meiner Argumentation begriffen zu haben bzw. bereit gewesen zu sein, diesen nachzuvollziehen.

    • S
      SiedlervonCatan
      @Irma Kreiten:

      ,,Es ist doch voellig abwegig zu suggerieren, dass Geld, das in die Aufklaerung einer schwerwiegenden Straftat mit gravierenden politischen Konsequenzen investiert wird, besser in Form von Strassen und Supermaerkten angelegt worden waere.''

       

      Naja, klingt eigentlich ganz verlockend. Neue Straßen und Supermärkte würden den Palästinensern auch mehr nützen als ewiger Märtyerkult. Oder man könnte das Geld den Hinterbliebenen der Opfer geben, die der Terrorist Arafat im Laufe seiner Karriere ermordet hat. Nur zwei von vielen Möglichkeiten...

      • @SiedlervonCatan:

        Falls Sie, ein Angehoeriger, Freund oder Weggefaehrte von Ihnen mal Opfer eines Verbrechens werden sollte, erinnere ich Sie, sollten Sie dann Hilfe von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten in Anspruch nehmen wollen, gerne daran, dass die Beleuchtung des Fahrradwegs in Ihrer Nachbarschaft, der neue Fassadenanstrich des Rathauses oder die Ansiedlung einer Wurstfabrik "mehr nützen" als das sture und egoistische Beharren auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenwuerde.

        • S
          SiedlervonCatan
          @Irma Kreiten:

          Ich geb ja zu, juristisch betrachtet haben sie vollkommen recht. Aber in der politischen Dimension sollte man auch mal bedenken welche Person Arafat war. Er hat erhebliche finanzielle Ressourcen für den Terrorkrieg gegen Israel bereitgestellt und den ideologischen Nährboden dafür bereitet. Sein ganzes Schaffen hatte mit Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde wenig zu tun, und wir wissen beide dass er sich nie hätte dafür verantworten müssen. Was ich damit sagen will: Sowohl er als auch seine eventuellen Mörder haben nach den gleichen Regeln gespielt . Sicher ist das alles illegal, aber hat mit meinen oder ihren Freunden, Angehörigen und Weggefährten wenig zu tun.

          • @SiedlervonCatan:

            Rechtsstaatlichkeit meint nicht, dass ich Menschen in dem Masse, wie ich sie sympathisch finde und ihr politisches Tun schaetze, Rechte zuerkenne, sondern dass die gleichen Rechte fuer alle gelten, ohne Ansehen der Person. Mein Vergleich hinkt ein wenig, ja,da haben Sie recht, aber an anderer Stelle als von Ihnen behauptet: Arafat war das politische Oberhaupt der Palaestinenser, waehrend Sie - zumindest hier - rein als Privatmensch fungieren. D.h., dass ein moeglicher Mord nicht nur eine Verletzung rechtlicher Normen darstellen wuerde, sondern als politischer Akt auch noch einen Akt der Aggression gegen den palaestinensischen politischen Koerper als solchen und seinen intendierten Willen darstellen wuerde. Die Beurteilung von Arafats politischem Handeln wie auch dem seiner Gegenparts auf israelischer Seite ist dagegen Ansichts- und Geschmackssache.

            • S
              SiedlervonCatan
              @Irma Kreiten:

              Also wenn das politische Handeln Terrorismus beinhaltet ist das doch mehr als nur eine Geschmackssache, es sei denn man hat einen sehr schlechten Geschmack. Mann muss sich schon entscheiden ob man Diplomat oder Kombattant sein will, Arafat wollte immer beides sein. Und auch jetzt noch steckt hinter dem Wunsch nach Aufklärung, so berechtigt er sein mag, doch auch nur in erster Linie die Suche nach einem Grund um die Leute ein bischen mehr gegen Israel aufzuhetzen. Deswegen, politisch gesehen - und das meinte ich damit - wärs doch klüger den alten Krieger in Frieden ruhen zu lassen und kommenden kommenden Generationen nicht als Märtyer anzubieten.

  • ziemlich viel spekulatius. besonders über die junge witwe.

    was soll dasß frag ich mich und kratze mich am kopf.