Kommentar Angriff auf Umweltverbände: Irrsinniger Amoklauf
Statt Verbandsklagen im Umweltbereich einzuschränken sollte die CDU lieber überlegen, wie Stickoxid-Grenzwerte eingehalten werden können.
E in Lieblingsthema konservativer PolitikerInnen ist die „Durchsetzung des Rechtsstaats“. Und das völlig zu Recht. „Rechtsfreie Räume“ dürften nicht geduldet werden, lautet das Credo, allerdings am liebsten in der Drogenpolitik, gegenüber Migranten oder bei Straftaten durch Demonstranten. Aber wehe, es betrifft Behörden, die das Recht missachten. Da gehört dann plötzlich an den Pranger, wer das Recht durchsetzen will.
So ist das beim irrsinnigen Beschluss der CDU, die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) prüfen zu lassen – weil der Umweltverband tut, was in seiner Satzung steht: Unternehmen abmahnen, die sich nicht an die Gesetze halten. Das störte kaum jemanden – bis die DUH erfolgreich Fahrverbote in Städten durchsetzte, die die gesetzlichen Grenzwerte bei Feinstaub und Stickoxiden nicht einhalten.
Wohlgemerkt, die DUH hat nicht den Verkehr lahmgelegt oder mit Steinen geworfen, sondern vor Gericht argumentiert und gewonnen. Aber wer Umweltgesetze ernst nimmt und auf ihre Umsetzung pocht, der macht sich bei den Regierenden in Bund und nun auch in den Ländern verdächtig.
So ist auch der Vorstoß der Justizminister zu verstehen, die nun die Möglichkeiten der Verbandsklage im Umweltbereich einschränken wollen. Das Ganze ist praktisch ohne Aussicht auf Erfolg, weil das Recht der Ökoverbände gerade erst in Umsetzung internationalem Recht eingeführt wurde. Es soll aber davon ablenken, dass Bund und Länder echte Lösungen, etwa bei der dreckigen Luft, verweigern. Auswege werden, wie beim „Dieselgipfel“, nur simuliert. Die Verschwendung von Zeit, Geld und Energie dabei ist enorm – und gewollt.
Solange die Parteien Aktion vortäuschen, müssen sie sich nicht den harten Fragen einer anderen Verkehrs- oder Umweltpolitik stellen. Die CDU sollte sich statt ihres Amoklaufs gegen die DUH lieber damit beschäftigen, wie sie Grenzwerte für halbwegs saubere Luft einzuhalten gedenkt. Rechtsfreie Räume darf es nicht geben. Auch nicht im Umweltrecht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen