Kommentar Al-Qaidas neue Taktik: Keine Sicherheit ohne Frieden
Nach den vereitelten Frachtanschlägen wird nun wieder eine Diskussion über die ultimative Sicherheit beginnen, von der alle wissen, dass sie eine Illusion ist.
A bsender al-Qaida in Jemen, Adressat eine jüdische Gemeinde in Chicago: Der Nahostkonflikt fliegt einmal per Luftfracht um die Welt. Saudi-Arabien rettet jüdische Einrichtungen in den USA, lässt sich die komplizierte Gemengelage in einem Satz zusammenfassen: Denn es war der saudische Geheimdienst, der den entscheidenden Tipp gegeben hat, um die Anschläge zu verhindern. Aber es war wahrscheinlich auch ein Saudi, Ibrahim al-Asiri, der die Paketbomben gebastelt hat. Und womöglich war es auch ein Maulwurf des saudischen Geheimdienstes in den Reihen al-Qaidas, der ihn verpfiffen hat.
Und nun beginnt wieder eine Diskussion über die ultimative Sicherheit, von der alle wissen, dass sie eine Illusion ist. Jeden Container, der über die Weltmeere schippert oder als Luftfracht transportiert wird, zu untersuchen, würde den Welthandel zum Erliegen bringen. Wenn sich Wirtschaftlichkeit und Sicherheit gegenüberstehen, wird es immer einen Kompromiss, sprich eine Sicherheitslücke geben. Und al-Qaida und Co werden diese finden.
Am Ende kann es nur ein Rezept geben: die Schwachstelle auf der anderen Seite auszumachen. Es ist die Instabilität der Nahostregion, die al-Qaida und anderen militanten Islamisten als ideologisches Unterfutter für den Terror dient. Was könnten sie tun, wenn sich Israel aus den besetzten Gebieten zurückzöge, wenn die arabischen Länder normale Beziehungen mit Israel aufnähmen? Den Militanten wäre der Teppich unter den Füßen weggezogen.
KARIM EL-GAWHARY ist Autor und Korrespondent der taz in Ägypten.
Es hat sich einmal mehr gerächt, dass US-Präsident Barack Obama den Nahostkonflikt, trotz gegenteiliger Ankündigungen, auf die lange Bank geschoben hat. Es wird sich noch viele Male rächen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren