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Kommentar Agrarreform der EUDie Verbraucher sind weiter

Kommentar von Svenja Bergt und Svenja Bergt

Aus Angst, die Agrarlobby zu verschrecken, bremst die Politik eine ökologische Agrarreform aus. Und das obwohl sogar die Wirtschaft mitgezogen hätte.

E s wäre einfach zu schön gewesen. Eine ökologische Agrarreform auf EU-Ebene, die stärkere Förderung von kleinen Betrieben, von ökologischem Landbau, naturbelassenen Flächen und damit merkbare Auswirkungen auf Klima, Biodiversität und den Geruch in der Nachbarschaft derzeitiger Massenställe. Doch der Öko-Vorschlag der EU-Kommission wird wohl auf dem Papier bleiben, die Praxis stattdessen die altbekannte: große Subventionen für große Betriebe.

Dabei planen EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und die Bundesregierung, die ihre Interessen in der EU erfolgreich durchsetzt, am Trend unter Verbrauchern vorbei. Der geht nicht nur hin zu ökologisch erzeugten Produkten, sondern auch zu solchen aus der eigenen Region.

Das betrifft längst nicht mehr nur Produkte wie Wein und Honig. Regional erzeugtes Öl, aus heimischen Saaten vor Ort gepresst, ist genauso zu haben wie Obst und Gemüse, Kleidung und Kerzen. Für nahezu jede Region gibt es eine Initiative, eine Genossenschaft oder einen Verein, der sich darum kümmert, Akteure zusammenzubringen und die Produkte auf Märkten oder in Dorfläden zu platzieren. Auch die großen Handelsketten haben begonnen, die Nachfrage seitens der Verbraucher als Markt zu entdecken, und entwickeln zunehmend regionale Marken oder bewerben Produkte aus der Region besonders.

Natürlich ergeben sich daraus wiederum neue Probleme. Als regional vermarktete Produkte beispielsweise, die so regional dann doch nicht sind. An der Nachfrage, dem Interesse der Konsumenten, regionale und nachhaltige wirtschaftliche Strukturen zu unterstützen, ändert das aber nichts.

Svenja Bergt

ist Redakteurin für Netzökonomie der taz.

Die Situation ist somit einzigartig: Die Verbraucher stoßen eine Entwicklung an. In der EU-Kommission gibt es eine gute Idee, die diese Entwicklung unterstützen und vorantreiben würde. Die Wirtschaft geht – zumindest in Ansätzen – mit. Und die Politik bremst. Aus Angst, die große Agrarlobby zu verschrecken.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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3 Kommentare

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  • MG
    manfred gerber

    wie soll ich als Imker regionalen Honig erzeugen, wenn die Bauern aus der Region meine Bienen vergiften? Der Glaube, dass eine kleinbäuerliche regionale Landwirtschaft weniger Schäden verursacht ist Humbug.

    Auch Biobetriebe verwenden mittlerweile Pestizide, die stark Bienengefährlich (B1) sind.

    Die Eu hat bereits klare Regeln, die eine Fruchtfolge, keinen Humusabau, Pestizidbeschränkungen vorschreiben. Cross Compliance -> Subventionsentzug

    Diese werden jedoch von keinem Bundesland umgesetzt.

  • QV
    "Die Verbraucher sind weiter"

    Na klar, die Verbraucher und Wähler sind ja sowieso ein Hort der reinen Unschuld, achwas, geradewegs lebende Heilige sind sie.

    Die bösen sind immer und per Definition Industrie, Lobbyisten und Politiker.

     

    Wie kann man nur sowas abgrundtief Dummes behaupten?

    Wenn die Verbraucher weiter wären, dann würden sie eben nur ökologische Produkte kaufen;

     

    genau so wie Vattenfall und RWE schon seit Jahren ohne Kunden dastehen würden, wenn alle, die in Umfragen ständig zu Protokoll geben, sie wären gegen Atomenergie, da einfach nicht einkaufen würden.

     

    Wobei der Widerspruch bei ökologischer Landwirtschaft gar nicht mal so groß ist wie bei der Atomenergie.

    Bei der Atomenergie reißt eine Mehrheit ständig den Hals dagegen auf, schiebt gleichzeitig ihr Geld aber - vollkommen freiwillig - Vattenfall in den Arsch.

     

    Gegen nicht ökologische Landwirtschaft reißt aber noch nicht einmal eine Mehrheit den Hals auf.

    Ich bedaure das durchaus, ich fände es schän, wenn es anders wäre.

     

    Was das hinsichtlich des Verbraucers bedeutet ist aber schlicht, dass er noch nicht mal behauptet, er wäre dagegen.

    Im Gegensatz zur Atomenergie sind da Denken und Handeln des Verbrauchers sogar weitgehend im Einklang.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Die Landwirtschaft befindet sich in einem fortwährenden Anpassungsprozess,was die Erfordernisse der Europäischen Union betrifft.

    Weg von einer industriellen Agrarwirtschaft-hin zu einer dynamischen ökologischen Agrarwirtschaft,dies sollte das Ziel der Landwirtschaft sein.