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Kommentar AfD und MinderheitenUnsere Party ist geiler!​

Malaika Rivuzumwami
Kommentar von Malaika Rivuzumwami

Gauland bläst zur Jagd – besonders Minderheiten sehen sich nun gefährdet. Man darf sich aber nicht zu Gejagten machen lassen​.

Bunt statt braun. Wir dürfen uns nicht zu Gejagten machen lassen Foto: Imago/RelaXimages

D er Satz „Deutschland hat aus seiner Geschichte gelernt“, seit sechs Jahrzehnten gültig gewesen, ist seit spätestens Sonntag Geschichte. Bald ziehen Deutschtümelei und NS-Nostalgie in den Bundestag ein. Die in dieser parlamentarischen Demokratie wichtigste Bühne hat die AfD jetzt erreicht; das nicht-völkische und nicht-wutbürgerische Publikum muss künftig lernen, mit erhobenen Häuptern in die demokratische Arena zu gehen, um Terrain zurückzuerobern.

Denn: Die AfD wird sich gegen pluralistische Kultur, demokratisches Engagement, gegen Geflüchtete und andere Minderheiten richten. Rassistische Einstellungen und die Verachtung derer, die anders sind als die von ihnen aufgestellte Norm, werden unverhohlen zum Ausdruck kommen.

In den nächsten vier Jahren werden Minderheiten in Deutschland erleben, was es heißt, wenn Alltagsrassismus zum politischen Alltag wird. Das Bild einer schützenden deutschen Obrigkeit hat ihren wohl größten Riss bekommen. Für viele bedeutet das vor allem eines: Angst vor der Zukunft.

Viele stehen nun einer Gruppe von Menschen gegenüber, die ihnen das Recht auf freies Leben in der Heimat aberkennen wollen. Fast 90 Abgeordnete, die anderen das Deutschsein nehmen wollen, ihre Religion, ihre Sexualität. Alexander Gauland will auf die Jagd gehen – gegen Kanzlerin Merkel, aber vor allem auf all das ihm Fremde. Wir aber dürfen uns nicht zu Gejagten machen lassen.

Das Spiel von Angst und Provokation hat die AfD perfektioniert. Und trotzdem recken sich die ersten, schnell gebastelten Pappschilder der Gegendemonstrationen kurz nach den blauen Wahlparty-Luftballons gen Himmel. Direkt vor den Eingangstüren der Berliner AfD-Feier sammelten sich schon am Sonntagabend zahlreiche hauptsächlich junge Menschen. Zwischen Pfiffen und Parolen ist es aber vor allem der Schock, der die Gesichter zeichnet. Nach einer zähen Legislaturperiode suchte sich im Wahlkampf besonders eine Emotion ein Ventil: die Wut. Und sie ist stark.

Dass Furcht lähmt, konnte Deutschland schon einmal erleben. In der Berliner Nacht hallten aber „Unsere Party ist geiler!“-Sprechchöre dagegen. Das ist genau die Stimmung, die dringend gebraucht wird. Es geht nicht darum, die Wahl einer demokratisch aufgestellten Partei anzufechten, sondern nicht stillschweigend hinzunehmen, wie sie mit Inbrunst Hass schürt.

Mehr noch: Die Stimmen jener, die von der Atmosphäre, die die AfD verbreitet, stumm gemacht werden, müssen wieder Gehör finden, müssen hörbar werden.

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Malaika Rivuzumwami
Redakteurin taz zwei
Jahrgang 1994 | bei der taz seit 2016 | früher auf Deutschlandreise für taz.meinland & Editorial SEO für die taz | seit 2019 Redakteurin für Gesellschaft und Medien | spricht mit im Podcast Weißabgleich und schreibt die Kolumne Digital Naives | Interessiert sich für Datenpolitik, Fake News & Social Bots.
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8 Kommentare

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  • Frau Malaika, jetzt rüsten Sie bitte mal verbal ab. Ihre Worten nach könnte man glauben, der alte Adolf sei auferstanden und Deutschland eilt dem Vierten Reich entgegen.

    • @Nikolai Nikitin:

      Wir müssen aus unserer Geschichte lernen. Wir haben auch eine besondere und große Verantwortung gegenüber der Weltgemeinschaft. Darum müssen gerade rechtsextreme und verfassungswidrige (auch wenn politische) Entwicklungen an unsere Verfassung angepasst werden. Die Politik der AfD ist oft nicht Grundgesetz konform. Gerade Aussagen von einigen AfD Politikern zum 2 Weltkrieg sind erstens abstoßend und zweitens als eine Warnmeldung aufzunehmen!

       

      Und, sorry, Worte im Artikel sind keine Waffen und schon gar keine Verherrlichungen von Holocaust oder dem Zweiten Weltkrieg (was die AfD macht). Vieles was die AfD sagt oder macht ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar!

    • @Nikolai Nikitin:

      Haben Sie denn das Programm der AfD mal gelesen?

      Ich zitiere mal:

      8.1Deutsche Leitkultur statt „Multikulturalismus“

      Die AfD bekennt sich zur deutschen Leitkultur. Diese fußt auf den Werten des Christentums, der Antike, des Humanismus und der Aufklärung. Sie umfasst neben der deutschen Sprache auch unsere Bräuche und Traditionen, Geistes- und Kulturgeschichte. Damit eng verbunden sind unser liberaler Rechtsstaat, unsere Wertschätzung von Bildung, Kunst und

      Wissenschaft sowie die soziale Marktwirtschaft als Ausdruck menschlicher Kreativität und Schaffenskraft. Die Ideologie des Multikulturalismus gefährdet alle diese kulturellen Errungenschaften. „Multi-Kultur“ ist Nicht-Kultur.

      Sie löst die Gemeinschaft auf und befördert die Entstehung von Parallelgesellschaften. Dauerhafte existierende Parallelgesellschaften führen sehr oft zu innenpolitischen Konflikten und können letztlich sogar den Zerfall eines Staates bewirken.

      • @Jen Ny:

        Kein deutscher Politiker hat es bis jetzt geschafft eine deutsche Leitkultur wirklich zu benennen, sie meinen es jetzt mit ihrer Auflistung geschafft zu haben?

         

        Gott sei Dank gibt es da aber auch noch andere Ideen zu der deutschen Leitkultur!

         

        Und noch eines möchte ich hinzufügen,

        Anfang der 1930iger kamen ähnliche Argumente, wie die Ihren und was war der Erfolg von dem Runterspielen dieser rassistischen Fantasien?

        Jeder der sich mal mit nicht "Braunen" dieser Jahre unterhält, wird hören, wie harmlos das alles begann und besser im Geschichtsunterricht aufgepasst zu haben hätte auch geholfen!!!

    • @Nikolai Nikitin:

      Die Autorin greift den Begriff "jagen" auf, den Gauland selbst verwendet hat (in Bezugnahme auf die anderen Parteien des Bundestags). Ihr Gebrauch des Begriffs in Bezug auf Minderheiten ist deutlich als metaphorisch zu verstehen.

       

      Die Aussage, dass vielen Menschen - nämlich den Angehörigen von Minderheiten - ihr Menschlichkeit genommen werden soll , kann wohl angesichts von Parteiprogramm, Wahlwerbung und Äusserungen von Parteifunktionären nicht bestritten werden.

      Daher ist der Vergleich mit dem Vierten Reich, der hier gemacht wird völlig abstruss, und dient nur den Kommentar lächerlich zu machen - und also die gesamte Problematik zu verharmlosen.

       

      Das ist daher kein Kommentar sondern eine Verunglimpfung.

      (ich habe diesen Kommentar daher auch gemeldet - und antworte hier nur für den Fall das er nicht entfernt wird).

      • @FreieMenschen:

        Vielen Dank für die Meldung meines Kommentares und die Mühe, die Sie sich gegeben haben, diesen zu analysieren. Ich meinerseits erspare mir mal jegliche Kommentierung Ihres Beitrags um Sie nicht noch mehr gegen mich aufzubringen.

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @Nikolai Nikitin:

      Das habe ich auch gedacht!

      Was soll das?

      Die Partei hat 13%, zerfleddert sich schon bei der ersten Pressekonferenz.

      87 % haben sie nicht gewählt!

       

      Dieser absurde Beitrag hilft nicht weiter,Frau Rivuzumwami!

      • @39167 (Profil gelöscht):

        82% hatten nicht die NSDAP gewählt. Wohin die Verharmlosung einer offen nationalistischen und rassistischen Partei führen kann, zeigt die Geschichte unseres Landes mit Bravour.

        Es ist nicht mehr weit bis die AfD – eigentlich wundert es mich das es diese Provokation noch nicht offen gegeben hat – die Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation durch Jodi und Dönitz als Verrat am "Volk"deklariert und eine neue "Dolchstoßlegende" strickt.