Kommentar Ägypten: Hoffnungsträger Militär
Das Versagen der Verwaltung und der Justiz verstärkt die Frustration in Ägypten. So mehren sich die Stimmen, die gerade im Militär die Rettung sehen.
D ie immer wieder aufflammenden Unruhen in Ägypten verdeutlichen einmal mehr, dass das Land zwei Jahre nach dem Sturz von Husni Mubarak weit von jeder Normalisierung entfernt ist. Und dass Mohammed Mursi, der Muslimbruder in der Rolle des Nachfolgers, sich seiner Sache offenbar nicht sicher ist.
Die Ägypter müssen jedenfalls diesen Eindruck haben: Entscheidungen des Präsidenten – wie die Abhaltung von Wahlen – werden von ihm selbst revidiert und der neue Termin vom Gericht kassiert. Die schlimmsten Randalierer bei den Fußballunruhen vor einem Jahr werden zum Tode verurteilt, Verantwortliche aus der Verwaltung kommen aber mit einem blauen Auge davon.
Die Polizei ist verärgert, dass immer öfter Militär zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung eingesetzt wird, sie selbst ist dazu aber auch nicht in der Lage.
ist Nahost-Experte und Autor der taz
Das breite Versagen der Verwaltung und der Justiz verstärkt die Frustration unter der Bevölkerung, die unverändert unter wirtschaftlicher Not leidet. Hatten die Ägypter zunächst die vermeintliche Entmachtung der Armee als „graue Eminenz“ gefeiert, so mehren sich die Stimmen, die gerade im Militär die Quelle der Rettung zu sehen beginnen.
Schon sind Militärs in wichtige Städten zu Ordnungseinsätzen abbeordert, sie müssen die freie Schifffahrt im Suezkanal absichern, und ein von Mursi verkündeter Ausnahmezustand in Teilen des Landes scheint ein weiterer Beweis dafür, dass das Militär langsam, aber sicher zurückkehrt in die Rolle des Machthabers, die es seit der Revolution von 1952 immer schon gespielt hat.
Mursi ruft zum „nationalen Dialog“ auf, die Opposition ist dazu aber nicht bereit. Die Muslimbrüder sind es wohl auch nicht, die radikaleren Salafisten erst recht nicht. Ohne Verständigung aber wird die Gewalt wohl weiterhin tonangebend bleiben.
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