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Kommentar Abgeschossenes FlugzeugRussland muss aufklären

Bernhard Clasen
Kommentar von Bernhard Clasen

Für Schuldzuweisungen ist es wohl nie zu früh. Dabei braucht es eine rückhaltlose und neutrale Aufklärung, für die Kiew und Moskau in der Pflicht stehen.

Prorussische Kräfte an der Absturzstelle. Bild: reuters

W er sich kurz nach dem Abschuss der malaysischen Passagiermaschine über russische Fernsehstationen, die sich in vielen Kiewer Hotels immer noch problemlos empfangen lassen, ein Bild machen wollte, dem konnte sich nur ein Schluss aufdrängen: Die Ukrainer haben das Flugzeug abgeschossen. Und wer die Stellungnahmen der ukrainischen Regierung liest, muss zu dem Schluss kommen, dass hier Russland die Verantwortung trägt.

Die Frage ist nicht, ob Russland an der Katastrophe schuld ist oder nicht. Die Frage ist, wie groß die russische Schuld ist. Am 14. Juli hatten die Aufständischen ein ukrainisches Militärflugzeug abgeschossen, in 6.000 Meter Höhe. Ende Juni hatten die Aufständischen „BUK“-Flugabwehrraketen erbeutet. Mit diesen Raketen lassen sich Flugzeuge in einer Höhe von über zehntausend Meter Höhe abschießen.

Eine Truppe verzweifelter Aufständischer und pensionierter russischer Militärs kann ohne professionelle Hilfe weder Militärjets abschießen noch BUK-Raketen einsetzen. Russland muss, wenn es nicht in den Verdacht der Mittäterschaft kommen will, alles tun, um eine unabhängige Aufklärung der Tragödie zuzulassen. Aber auch Kiew und der Westen sollten mit vorschnellen Schlüssen vorsichtig sein.

Als Erste waren Feuerwehrleute und Milizionäre der von den Aufständischen kontrollierten Gebiete an der Unglücksstelle. Nun ist es an der Zeit, internationalen Experten Zugang zu der Absturzstelle zu geben. Damit dies möglich wird, ist auf Russland Druck auszuüben, damit es diesen Zugang nicht behindert. Und Kiew sollte motiviert werden, auf den von den Aufständischen für die Dauer der Untersuchungen angebotenen Waffenstillstand einzugehen. Ansonsten werden die Spaltung des Landes und die Gewalt weiter zunehmen.

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Bernhard Clasen
Journalist
Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.
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8 Kommentare

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  • Die taz fordert: erklärt den Russen endlich den Krieg! Deutsche, beendet die Sanktiönchen, schickt endlich Panzer!

    In einigen Jahren wird man fragen, wie konnte es soweit kommen, selbst die taz, geründet als ein ehr links-grünes Projekt der Hoffnung auf Emanzipation, jetzt wird dort der Krieg gefordert, in Europa. Es ist unerträglich.

  • Alle Zeitungen titeln Putin sei Schuld. Was soll das? Für alle die Probleme wird ein einziger Staatsmann beschuldigt? So ein Schwachsinn. Wem nützt es?

    http://de.wikipedia.org/wiki/Die_einzige_Weltmacht:_Amerikas_Strategie_der_Vorherrschaft

  • Und noch etwas, weil mir ohnehin schon wieder mal megaschlecht ist: Sowohl die Russen als auch die Separatisten können von mir aus gerne alles sein, ABER SO FUDAMENTAL STRUTZDUMM, in der aktuellen Situation IHRERSEITS eine ZIVILMASCHINE runterzuholen, also NICHT das Wissen zu haben, was daraufhin geschieht...NO, meine Lieben, DAS zu GLAUBEN, ist einfach nur STRUTZDUMM! Da das im Grunde auch der CIA klar ist, fängt sie bereits an, von einem "tragischen Versehen" labern zu lassen.. OH MANN! Was für eine Chuzpe!! Im weiteren: Die Knallchargen von der UNO sollten, wenn sie schon da sind, sich nicht an der Absturzstelle tummeln, sondern SO SCHNELL WIE MÖGLICH ALLE !!! in diesem Raum befindllichen BUK-Systeme SUCHEN, FINDEN und KASSIEREN!! Aber das verantwortliche Teil ist sicher längst zerlegt und über alle Berge. Und die eigentlichen Täter auch. Mmmm, für den Westen wirklich eine perfekt angekochte Aktion, nicht nur wegen der PR, sondern auch durch den nunmehr offenen Zugang zum Separatistengebiet! Sorry, liebe Leser, wenn das alles so zynisch klingt... aber GENAU SO wird sowas gehandled.. und sollte deshalb auch so analysiert werden. Was ich fühle, werde ich hier nicht und nirgendwo mehr schreiben!! Mein herzlichstes Beileid den Angehörigen der Ermordeten.

  • Ist das so Zitat: "Die Frage ist nicht, ob Russland ...schuld ist oder nicht. Die Frage ist, wie groß die russische Schuld ist." Wie groß ist den die Schuld wenn sich herausstellt das die Ukrainer das Flugzeug abgeschossen haben. Nach Zeugenaussagen aus Slawiansk von vor etwa eine Monat, haben die Kiewer Machthaber des öfteren Zivile Flugzeuge als Schilde für Luftangriffe benutzt oder besser zur Geisel gemacht. https://www.youtube.com/watch?v=jKyuNnwbuUc

    Damit die Russen aufklären können haben sie einige Fragen

    1. Unmittelbar nach der Tragödie beschuldigten die ukrainischen Behörden die Selbstverteidigungskräfte. Worauf basieren diese Anschuldigungen?

    2. Wären die Ukrainischen Streitkräfte bereit internationale Ermittler die Bestände ihrer Luft-Luft-Raketen und ihrer Boden-Luft-Raketen sehen zu lassen, einschließlich der in den Boden-Luft-Raketenstartrampen genutzten?

    3. Wird die internationale Kommission Zugang bekommen zu den Verfolgungsdaten aus zuverlässigen Quellen bezüglich der Bewegungen ukrainischer Kampfflugzeuge am Tage der Tragödie?

     

    4. Wie kann das offizielle Kiew die Berichte in den sozialen Netzen kommentieren, von einem vermeintlichen spanischen Fluglotsen der in der Ukraine arbeitet, dass da zwei ukrainische Militärflugzeuge längsseits der Boeing 777 über ukrainischen Territorium flogen?

    5. Warum hat der ukrainische Geheimdienst begonnen mit den Aufnahmen der Kommunikation zwischen ukrainischen Fluglotsen und der Besatzung der Boeing zu arbeiten, ohne auf die internationalen Ermittler zu warten?

    6. Welche Lehre hat die Ukraine aus dem ähnlichen Vorfall gezogen, als eine russische Tu-154 im Schwarzen Meer abstürzte? Damals stritten die ukrainischen Behörden jegliche Verwicklung der ukrainischen Streitkräfte in den Vorfall ab, bis unwiderlegbare Beweise die Schuld Kiews erwiesen.

    Die Fragen dürften kein Problem darstellen -Kiew ist am Zug

  • HALLO, noch irgend jemand zuhause??? CUI BONO, meine Lieben!! Nun, ich finde es vor allem von der CIA und ihren Special Forces wirklich ausnehmend rücksichtsvoll, diese erstlassige PR-Provokation erst NACH der Fussball-WM auf die Reise zu schicken, auch unsere Schland-Party durften wir so noch ungetrübt ein paar Tage geniessen, allerdings hätte die WM die allgemeine Aufmerksamkeit doch auch zu sehr zersplittert. Kiew liegt also schon ganz an der kurzen Leine des neuen Herrchens. Also, vom professionellen PR-Standpunkt aus: Wirklich stark, wie sehr damit der Druck sowohl auf Putin als auch die Separatisten hochgepeitscht wird! Nicht schlecht ausgedacht, ihr widerwärtigen Schlapphüte!

  • Wer auch immer dieses Flugzeug abgeschossen haben mag, es wird vermutlich versehentlich geschehen sein. Zumindest versehentlicher als die Ermordung der afghanischen Zivilisten am Kundus-Fluss. Und der dafür verantwortliche Bundeswehroffizier ist zum General befördert worden.

  • Viele Möglichkeiten gibt es nicht.

    Entweder hat die Ukraine das Flugzeug bewusst oder aus Versehen abgeschossen(ist ja 2001 schon einmal passiert) oder die Aufständischen haben das Flugzeug bewusst oder aus Versehen abgeschossen.

    • @mrf:

      Ja so ist es. Aber wer behindert die Aufklärung dieses Verbrechens oder Versehens? Mir scheint es ist (bis auf den Präsidenten) die selbsternannte Regierung in Kiew, auch wenn die westliche Sicht immer wieder aber Gott sei dank nicht nur die Russen in den Focus setzt.