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Kolumne Über Ball und WeltChilenische Eins gegen Israel

Martin Krauss
Kolumne
von Martin Krauss

Viele beschweren sich über die Vermischung von Sport und Politik. Dabei gehört beides stets zusammen, wie nun ein Fall aus Chile zeigt.

Selbstdarstellung von Deportivo Palestino auf Facebook Screenshot: cd palestino / facebook

U nter dem Gesichtspunkt einer ästhetischen Geografie ist Chile 0x505e1131102b91d,Chile&gl=de&ei=bofXUo3TF6Gj0QWIp4Ew&ved=0CM0BELYD:ein langes und schlankes Land. Grafiker mögen vielleicht die Ziffer Eins in die Form des südamerikanischen Landes interpretieren. Ähnliches, nicht ganz so passend, 0x6a6b422013352cba,Israel&gl=de&ei=p4fXUt7bKqOk0QX96YHQCQ&sqi=2&ved=0CMMBELYD:könnte man mit Israel machen, zumindest, wenn man das Westjordanland und den Gazastreifen hinzunimmt: Länglich ja, aber ob es das Gebilde mit Chile aufnehmen kann?

Kann es, meinen zumindest Fußballer des Club Deportivo Palestino, Erstligist im chilenischen Fußball. Der hat neuerdings auf dem Rücken seiner Trikots, als typisierte Eins die Landkarte Israels plus Westjordanland plus Gaza gedruckt.

Schon das ist ungewöhnlich für einen chilenischen Erstligisten, aber da der Verein das Wort Palestino im Namen trägt und ein Symbol der in Chile recht großen palästinensischen Community ist, soll dieses grafische Gebilde, das nicht ganz so schlank wie die Darstellung Chiles ist, ganz Palästina zeigen.

Das ist nicht nur grafisch gewagt. Die jüdische Gemeinschaft Chiles protestiert energisch: Es sei doch verboten, „den Fußball als Plattform für politische Statements zu benutzen“. Das Anliegen ist sympathisch, das Argument jedoch großer Unfug. Denn nicht, dass sich Deportivo Palestino politisch äußert, ist skandalös. Auch nicht, wo sie es tun, auf ihren Trikots nämlich, ist zu verurteilen. Schlimm ist schlicht, was sie da machen.

Was alles politisch ist

Der Fußball als politische Plattform wird nämlich auch genutzt, wenn Mannschaftskapitäne vor einem Spiele Statements gegen Rassismus vorlesen. Politisch ist es auch, wenn Teams in Trikots auflaufen, die zu Billiglöhnen in Fernost produziert wurden. Politisch ist es, wenn Nationalmannschaften zur Steigerung des Ansehens ihres Landes auflaufen.

Nur hat man sich angewöhnt, bloß das „politisch“ zu nennen, was man nicht mag, um sich nicht damit beschäftigen zu müssen. Politisch, heißt es beispielsweise, sind die Sozialproteste vor der Fußball-WM in Brasilien, während der Umstand, dass der Staat Geld, das woanders dringend benötigt wird, in Stadionbauten und Infrastruktur kippt, mit Politik nichts zu tun haben soll.

So gesehen ist es alles andere als beklagenswert, wenn mit Deportivo Palestino der – bemerkenswert erfolgreiche – Fußballverein einer Einwanderer-Community sich selbst ein politisches Mandat zuspricht. Gegen – beispielsweise – türkische oder arabische Clubs in Deutschland, die für die Verbesserung ihrer Situation werben oder gegen Rassismus protestieren, ist ja auch kaum etwas zu sagen.

Eine Botschaft des Hasses

Was gegen die Aktion des Erstligisten spricht, ist, dass das vermeintliche Interesse, das da in Form der grafischen Eins artikuliert wird, eine Botschaft des Hasses ist. Mit Israel wird da ein Land von der Karte weggewischt, das real existiert, in dem 7 Millionen Menschen leben, die auch ein Recht dazu haben.

Tatsächlich spricht vieles dafür, dass sich der Club Deportivo Palestino nicht selbst als politischer Akteur versteht, was zu begrüßen wäre, sondern sich zum Büttel machen lässt: Exklusiv gesponsert wird der Verein von der Bank of Palestine, dem zweitgrößten privaten Arbeitgeber in Westjordanland und Gazastreifen. Die eng mit der Autonomiebehörde verbandelte Bank unterstützt keinen einzigen weiteren Sportverein – auch nicht in den palästinensischen Gebieten.

Ökonomische Motive, also Werbung fürs Bankgeschäft, zu vermuten, ist abwegig. Die Begründung der Bank of Palestine für ihr Engagement lautet entsprechend einsilbig, sie wolle die Verbindung zu im Ausland lebenden Palästinensern intensivieren.

All das ist ganz offensichtlich nicht dazu angetan, die Situation palästinensischer Migranten in Chile zu verbessern, noch weniger vermag es Menschen im Westjordanland und im Gazastreifen helfen, und als ob das nicht ausreicht, artikuliert sich noch der unangenehme Wunsch, Israel möge verschwinden.

Nichts gegen Politik im Fußball. Nur nicht so eine.

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte
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9 Kommentare

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  • HE
    Ha Eretz

    Verstehe die Aufregung nicht. Die abgebildete Sihouette zeigt Israel einschließlich der durch Verteidigungskriege hinzugewonnen, arabisch besetzten Gebieten jenseits des Jordan und bei Gaza.

    Die marode "Selbstverwaltung" der Araber kann nur von begrenzter Dauer sein, bis sie sich selbst zerlegt. Danach gibt's wieder ein Israel für alle. Das dürfen sie gerne auch in Chile zeigen :-)

  • T
    T.V.

    Es wirkt schon arg krampfhaft, wie hier eine antisemitische Tendenz herbeibeschworen wird. Sämtliche negativen Schlüße die gezogen werden, ergeben sich erst aus der Interpretation des Autors. Feinde hat nur, wer sie sich sucht.

  • BB
    beeindruckt bin ich nicht

    hooooooo

     

    wow, die trauen sich was!

    hätten sie sich getraut eine

    mohammed karikatur zu hissen?

    eine winzig kleine?

     

    israelkritik ist gefahrlos und

    deshalb bei weitem beliebter

    als dinge die mut verlangen.

  • F
    Francesco

    Wenn es Hass ist, wenn Palästinenser eine Karte zeigen, in der das ganze ehemalige Mandatsgebiet (Israel und die palästinensischen Gebiete Westjordanland und Gazastreifen) als "Palästina" dargestellt werden, was ist es dann, wenn die selbe Karte mit "Israel" überschrieben ist?

    • @Francesco:

      das wäre dann in beiden fällen faktisch falsch

  • L
    Lowandorder

    Natürlich ist Sport von Anfang bis heute - völlig unpolitisch;

     

    Wie anders hätte die viel größere Arbeitersportbewegung erst ausgegrenzt, dann nazi-zerschlagen und kalter-kriegs-entsorgt werden können?

    ( Fair-play diente ebenfalls zu nichts anderem)

     

    Alle Vereinsnamen ( Eiche Weslohe…)

    wurden purgiert: zu SV, VfB ….!

    "Lokomotive Gießen"o.s.ä. ( klar 68er)

    - da war aber der DSB und

    RA v. Falkenstein vor;

    die allerdings gegen die

    Krupp-Ringe bei ETUF Essen nix hatten("historisch").

     

    Und in dem Rückenembleme

    KELLY FOR BRICKWORK

    (TOKIO 1964 …=>GOLDENMETALWORK)

    des Achters vom

    Vesperboatclub Philadelphia

    steckt auch die Rache

    John B. Kellys sr. für seinen

    Fair-Play-begründeten Ausschluß von den

    Diamond-Skulls in Henley;

    (Kelly's application was rejected in part because he had done manual labor as a bricklayer=Maurer!)

     

    http://m.youtube.com/watch?v=XIurl4HPjSA

     

    und wir staunten nicht schlecht in

    Ritzbüddel über den rein

    schwarzen Achter mit dem klassischen Emblem der

    Jail-Numbers auf der Brust;-))

     

    So denn - den

    Funktionärs-Heuchlern und den trittbrettfahrenden

    Polit-VIP-Kanaken einschl. Grokofantin und

    Kaiser Franz " keine Ketten" -

    seien stellvertretend die Handschuhe von

    Smith und Carlos ins Gesicht

    geschleudert; und der Dritte -

    Norman nicht vergessen! -

     

    alle mit dem

    OPHR Button -

    OLYMPIC PROJEKTS FOR

    HUMAN RIGHTS;-))

    that's the way!

  • NE
    Nur ein Gast

    Ich finde es traurig wie schnell immer von "Hass" gesprochen wird. Und lieber Autor BITTE gucken Sie dochmal wenigstens die Bilder an, die Sie da reinstellen. Aber naja ich weis schon Palästinenser Flagge sieht Werbewirksamer aus (da nimmt man gerne auch die falsche Mannschaft mit ähnlichen Namen, für alle anderen die richtige Mannschaft finden Sie unter "CD Palestino SADP" bei Facebook ).

    Und, kann es nicht vielleicht sein, das der Verein von Leuten aus dem Gebiet Palästina gegründet wurde und ja das schließt auch Israel ein. Sprich hier geht es nicht um einen Staat sondern um ein Gebiet.

    Und was spricht eigentlich gegen den Wunsch eines Palästinas ohne Israel? MIT Juden und Moslems friedlich miteinander? Ist es nicht schrecklich, dass sich das kaum noch einer vorstellen kann? Und ja diese Idee gibt es auch unter Palästinensern.

    Aber gut ich kenne den Verein nicht und kenne niemanden, den ich fragen könnte. Und kann nur anhand meines begrenzten Spanisch und den Bildern, die ich gesehen habe, eine Einschätzung machen und da sehe ich nicht, dass es sich um Gegner Isreals handelt. Kann mich aber auch Irren. Und für die Fans will ich nicht sprechen, da gibt es bestimmt schwarze Schafe, aber die haben die von Ihnen beschrieben Vereine auch.

  • S
    Sick

    Wenn Palästinenser daran erinnern, dass ganz Israel mal Teil Palästinas war, bevor die Zionisten kamen, um die Araber zu vertreiben ist also eine Botschaft des Hasses. Das Israel Palästina immer mehr von der Karte ausradiert und die Menschen unterdrückt ist aber völlig OK oder was? Schon mal überlegt, ob es nicht um die Vernichtung Israels sondern um die Gründung eines gemeinsamen Staates Palästina geht, der im Gegensatz zum jüdischen Staat Israel, als der Israel anerkannt werden will, ein Staat für Christen, Juden uns Muslime sein könnte, wie es war, bevor die euopäischen Eroberer nach Palästina kamen und die Araber vertrieben ...

    • RD
      Rainbow Dash
      @Sick:

      Welches Palästina? Vor der Staatsgründung Israels war das Land englisches Mandatsgebiet, davor Teil des Osmanischen Reiches. Einen Staat Palästina hat es nie gegeben und als Palästinenser verstehen sich die Araber dort auch erst seit den 1960er Jahren.

       

      Kein Wort deinerseits über die Juden, die aus dem Westjordanland vertrieben wurden, als Jordanien es annektierte, kein Wort über die 800.000 Juden die in den arabischen Staaten enteignet und vertrieben wurden. Das passt.