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Kolumne PressschlagDie transatlantische Kleinwerdung

Kolumne
von Markus Völker

Hannover 96 hat der Bundesliga vorgemacht, wie effektives Scouting funktioniert: Man ordert per Katalog. Kleine Fehler nimmt man dann auch in Kauf.

Immerhin ist er überhaupt nach Hannover gekommen: Franca Bild: dpa

V ielleicht tröstet es Franca, dass Lionel Messi nur 1,68 Meter groß ist und Santi Cazorla, Arsenals Mittelfeldgenie, sogar nur 1,65 Meter. Franca nämlich misst, letzten Messungen zufolge, immerhin 1,82 Meter, auch wenn man bei Hannover 96 davon ausging, er sei sechs bis acht Zentimeter größer. Der „Schrumpf-Brasilianer“, wie ihn Bild sogleich spöttisch betitelte, hat also jüngst auf dem Hinflug pro 1.000 Kilometer etwa einen Zentimeter verloren.

Das könnte ihm einen Eintrag im Guiness-Buch der Rekorde sichern. Angeblich beschäftigt sich nun sogar die katholische Kirche mit dieser transatlantischen Kleinwerdung, denn „das Wunder bringt dem Menschen zum Bewusstsein, dass er nicht weiß, was in ihm und in der Welt alles geschehen kann“, wie aus gut unterrichteten Klerikalkreisen verlautet.

Hannover hat den Schwundkicker trotzdem verpflichtet. Wenn er schon mal da ist, mögen sich die Entscheidungsträger in der niedersächsischen Tiefebene gedacht haben, dann kann er ruhig das Trikot der 96er überstreifen (Größe M reicht). Möglicherweise kann er ja trotz seiner Spontanschrumpfung gut Fußball spielen.

Bild: taz
Markus Völker

ist Sportredakteur der taz.

Wäre ja auch irgendwie peinlich einzuräumen, dass man es mit dem Scouting nicht so genau genommen und sich auf windige Prospekte verlassen hat. Offenbar bestellt man in Hannover noch per Versandhauskatalog. Wie jeder weiß, kann das gut gehen, muss aber nicht. Meistens passt das georderte Stück nicht. Man behält es aber trotzdem, weil man zu faul ist, die Retoure zur Post zu bringen.

Normalsterbliche kostet so ein Fehlkauf nicht viel. Hannover 96 hat 1,3 Millionen für Franca hingeblättert. Peanuts. Bei so einer Summe versteht es sich von selbst, dass man nicht in den brasilianischen Bundesstaat Paraná, genauer, in die Stadt Coritiba fährt. Ein Besuch im dortigen Estádio Major Antônio Couto Pereira ist auch vollkommen überflüssig, denn als deutscher Fußballexperte weiß man ja eh, dass die Brasis da drüben alle kicken können.

Also wird in der Versandhausaußenstelle von Coritiba geordert: „Bom dia, mein lieber João, schick mal einen Defensiv-Brasi zu uns rüber. Brauchen wir gerade dringend. Geht über unsere Portokasse.“ – „Irgendwelche Sonderwünsche?“ – „Och, na ja, groß soll er halt sein, so einsneunzig, habt ihr so was?“ – „Franca, Riesentyp aus dem Süden.“ – „Perfaitamente, nehmen wir, wie üblich 3 Prozent in unsere Kaffeekasse. Alles paletti und adeus, mein Lieber!“

Wie sich herausgestellt hat, ist Franca, der eigentlich Welington Wildy Muniz dos Santos heißt, nicht nur zu klein, sondern mit 88 Kilogramm auch zu dick. Aber selbst das ist kein Problem. Wie schon der große Diego Maradona unter Beweis gestellt hat, kann man auch mit einem Body-Mass-Index von 30 noch prima Fußball spielen.

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Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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