Kolumne Pressschlag: Mia san miad
Der FC Bayern München, eben noch unantastbar, spielt sich in die Krise. Das hat nicht nur sportliche Gründe und könnte zu einem Umbruch führen.
W as man halt so sagt nach einer Niederlage: Stolz sei er, Pep, auf seine Mannschaft. Trotz Personalschwund und fehlender Angreifer auf außen habe sein Team in Unterzahl alles gegeben. Verloren haben die glorreichen Bayern trotzdem. Gegen Augsburg. Zu Hause. Mit 0:1. Die Bayern haben nun in Pflichtspielen sechs Stunden lang kein Tor mehr erzielt. So daneben waren sie zuletzt im Jahre 2009.
Der sieggewohnte Katalane Guardiola hat jetzt mit den Münchnern eine Negativserie erlebt wie noch nie in seiner Karriere als Trainer: vier Niederlagen hintereinander. Und am Dienstag kommt Barça. Bayern muss nur schlappe vier Tore mehr schießen als die Übermannschaft vom Mittelmeer.
Der Vorsprung der Münchner in der Bundesliga auf den Zweiten ist auch nicht mehr so opulent wie in den Vorjahren. Fakt ist: Sie haben einen Knacks abbekommen. Die Herren von der Säbener Straße sind nicht mehr unantastbar. Die Bayern sind fehlbar geworden, zeigen Schwachstellen. Die Verletzungen von Schlüsselspielern haben das Spitzenteam, das Siege für eine Selbstverständlichkeit hielt und die Liga mit seiner Dominanz langweilte, verletztlich gemacht.
Das hat nicht nur sportliche Gründe. Der Zwist von Guardiola mit Sportarzt Müller-Wohlfahrt hat Schockwellen durch den Klub gesandt, deren Amplituden immer noch messbar sind. Es ist unklar, ob Guardiola wirklich als Sieger aus diesem Machtkampf hervorgegangen ist. Eher nicht – was schon die spontane Magenverstimmung von Philipp Lahm nach dem Aus des Doc andeutete und auch die Wadenverletzung von Robben, der in sehr direkter Abhängigkeit zum Doc steht und ein stabiles Betreuungsverhältnis braucht.
Mentale Überreizung
Ohne Robben, Ribéry und Alaba scheint der vermeintlich übermächtige FC Bayern zu einem sehr weltlichen Klub zu mutieren. Sehr viel haben sie zuletzt verspielt: den DFB-Pokal und wohl auch den Champions-League-Pott. Noch so eine Aufholjagd wie im Viertelfinale gegen Porto werden sie kaum hinbekommen, da selbst die Münchner zugeben: „Mia san miad.“ Vor allem im Kopf.
Und in diese Phase der mentalen Überreizung platzt dann noch eine Meldung aus England. Der Sportsender beIN Sports, eine aus Katar kontrollierte Sendergruppe, vermeldete am Wochenende, Guardiola werde zu Manchester City wechseln. Noch ist es nur ein Gerücht, aber bei ManCity träfe Pep auf ein paar alte Bekannte. Txiki Begiristain und Ferran Soriano, zwei Weggefährten vom FC Barcelona, sind Sportdirektoren bei Manchester City.
Auch wenn sich diese Meldung als Ente entpuppen sollte, sorgt sie doch zumindest für Unruhe beim designierten deutschen Meister. Das alles sind denkbar schlechte Voraussetzungen, um am Dienstag ein kleines Fußballwunder gegen den FC Barcelona zu vollbringen. Nach dieser Partie könnte eine Ära in München zu Ende gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“