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Kolumne Press-SchlagAbgeblattert

Martin Krauss
Kolumne
von Martin Krauss

Es gibt kaum etwas Unwichtigeres als die Personalie des Fifa-Präsidenten. Sepp Blatter ist nicht das Problem und Prinz Ali nicht die Lösung.

Die Fans sollten sich den Fußball zurückholen. Foto: dpa

G ut, das Gesicht der Fifa ist er natürlich. Man könnte sagen: Sepp Blatter ist die Fratze des Weltfußballverbandes. Und auch das geht: Der Blattersepp ist bloß eine – auch wenn der erste Teil des Wortes nur schwer über die Tastatur geht –: Charaktermaske.

Sepp Blatter ist nämlich Chef des Verbandes, der seit 1904 Monopolist in Sachen Fußball ist. Es ist ein Weltkonzern, seine teuerste Ware ist das, was man früher „Weltmeisterschaft“ nannte und was seit ein paar Jahren „Fifa World Cup“ heißt, Registered Trademark selbstverständlich.

Sein Geld macht der Konzern mit dem Verkauf der Fernsehrechte und mit dem Verkauf der geschützten Begriffe an exklusive Sponsoren. Wenn ein Bäcker „Weltmeisterbrötchen“ ins Regal legt, kriegt er eine Abmahnung.

In einer halbwegs zivilisierten Sportwelt gäbe es das nicht, aber: Es ist die Geschäftsgrundlage der Fifa. Nur ein Chef, der das Monopol hegt und pflegt und ausbaut, wie es Blatter und sein Amtsvorgänger João Havelange seit den siebziger Jahren taten, ist ein guter. Jeder, der als Alternative zum Blattersepp gehandelt wird und wurde, muss dieses Kriterium erfüllen: Macht und Reichtum der Fifa mehren.

Nichts als Facelifting

Was in der Kampagne, der Blattersepp müsse endlich weg, zum Ausdruck kommt, ist also zunächst nur die Ansicht, ein neues Gesicht müsse her. Facelifting. Sodann zeigt sich in der Rücktrittsforderung, wie sie etwa von Uefa-Präsident Michel Platini vertreten wird, der politische Wille, dem europäischen Fußball mehr Macht zu geben. Statt der als zu mächtig empfundenen afrikanischen und asiatischen Verbände soll der Kontinentalverband mit den meisten WM-Teilnehmern, den reichsten Klubs und der Geldmaschine Uefa Champions League den Weltfußball beherrschen.

Die Uefa ist also keine Alternative zur Fifa, sie ist bloß deren mächtigster Kontinentalverband, der – oh Wunder – noch mächtiger werden möchte.

Was nicht in Sicht ist, ist eine halbwegs starke Bewegung für eine Demokratisierung des Weltfußballs: Fans, die sich das Spiel zurückholen. Profis, die sich nicht bevormunden lassen. Parteien und soziale Bewegungen, die den Fußball als ein Recht der Menschen ernst nehmen.

Möglich und nicht ganz unrealistisch wäre eine kapitalistische Modernisierung des Fußballs: dass sich also die reichen Clubs von der Fifa emanzipieren und ihren eigenen Verband ausrufen.

Spannend wäre das, vielleicht auch nicht ganz unsympathisch. Aber dass wir so einem demokratischen Fußball näher kämen, ist leider nicht zu erwarten. Und Sepp Blatter? Der hat damit so wenig zu tun wie Michel Platini oder Karl-Heinz Rummenigge, der von einem „Neubeginn in der Fifa“ spricht.

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte
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2 Kommentare

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  • Supertolle Idee, das mit der "Demokratisierung"! Das machen wir.

     

    Mal sehen.. zu allererst schmeißen wir uns mal in einer netten Raucherkneipe zusammen und werden uns einig, wir wir das machen wollen. Ganz neues, radikales Konzept! Zeitgleich machen das in anderen Raucherkneipen anderswo auch viele, viele andere. Die haben die Zeichen der Zeit verstanden. Dann veranstalten wir "Basisgruppen des demokratischen Fußballsports" (BGDF) natürlich spannende Wettkämpfe untereinander, die die Unterstützerszene natürlich gerne besucht. Dafür brauchen wir dann natürlich auch regionale Plattformen, in denen die diversen BGDF gleichberechtigt und demokratisch legitimiert mit Repräsentanten vertreten sind. Mittlerweile hat die Supi-Idee auch in fernen Ländern und Kulturen gezündet und nun gibt es natürlich auch die Idee, dass eine Bestenauslese der Regionen oder gar des Kontinents einen spannenden Wettkampf austrägt, möglichst in regelmäßigen Abständen. Damit sowas organisiert und abgewickelt werden kann, muß es natürlich auch eine demokratische usw. Plattform geben.

     

    Und dann kommt der Clou an der Sache. Weil die Idee des Kommentators soooo supigut war, setzt sie sich natürlich weltweit durch. Und so kommt es wie es eben kommen muß: Ein globaler Wettkampf der Auswahlmannschaften der regionalen BGDF wird etabliert. In regelmäßigen Abständen. Fußballfeste, wie wir uns alle sie wünschen. Endlich.

    • @ajki:

      Je nun. So ein gepflegter Fatalismus ist was Feines, gel? Alles Scheiße, Onkel Otto. Aber was soll’s? Wenn wir Kleinen nicht hingehen, wird es auch nicht besser. Hoch also die Tassen, eine schicke Welle angeschoben, ein wenig rumgebrüllt und aufgejault, den unbekannten Nebenmann umhalst und auf dem Heimweg noch mal kurz die Fans der anderen Mannschaft angemacht. Ein bisschen Spaß muss schließlich sein, wenn sie uns schon nicht die ganz großen Räder drehen und das große Geld einstreichen lassen.

       

      Vielleicht, verehrteR AJKI, sollten wir das Mittelalter ja gleich wiederbeleben. Gehe nicht über Los, ziehe keine Millionen ein. War ja auch nicht alles schlecht, damals. Nur schade, dass das mit dem jordanischen Prinzen nun doch (noch) nichts zu werden scheint. Noch ist der zur rechten Zeit ausreichend spendable Geldadel das "Gesicht" bzw. die "Fratze" des Weltfußballs. Und dabei gibt es doch gar keine Märchen, in denen fußballspielende Volkswirte ihre Möchtegernprinzessinnen bzw. -prinzen auf dem weißen Pferd ins Schloss und in den Ehehafen führen.

       

      Hm. Wo ich das jetzt so hinschreibe, glaub‘ ich fast, das könnte es sein…!