Kolumne Liebeserklärung: Wolfsburg mit nachhaltiger Struktur?

Auf Wolfsburg wird gerne herumgehackt – derzeit, weil unklar ist, ob Bruno Labbadia in der nächsten Saison VfL-Trainer bleibt. Ganz schön dumm!

Bruno Labbadia

Lacht doch noch! Alles eben prima in Wolfsburg mit dem Bruno Labbadia Foto: dpa

Wolfsburg ist ja ein beliebter Punching-Ball der moralisch sensiblen Mittelschichten. Gegenüber der kleinen Stadt und ihren wackeren Arbeitern sind miese Gehässigkeiten erlaubt, die man sich sonst zu Recht nie gestatten würde. Vergessen wir bitte diesen Unfug und auch das selbstgefällige Kapitalismuskritikgefühl gegenüber ausgewählten Clubs in der durch und durch kommerzialisierten Unterhaltungsbranche Spitzenfußball. So.

Jetzt sehen wir einen normalen Bundesligaclub namens VfL Wolfsburg, der wegen seines Besitzers Volkswagen trotz struktureller Nachteile größere finanzielle Möglichkeiten hat als viele andere. Daraus hatte man zuletzt sehr wenig gemacht. In diesem Jahr läuft es mit dem Trainer Bruno Labbadia deutlich besser.

Der VfL spielt nicht spektakulär, beherrscht aber das Einmaleins des Gegenwartsfußballs derzeit besser als vorher und hat die Identifikation der Kernkundschaft dadurch wieder hergestellt. Dennoch ist unklar, ob Labbadias Chef Jörg Schmadtke mit ihm in die nächste Saison gehen will oder lieber nicht. Schweinerei?

Erst einmal ist auch unklar, ob Labbadia überhaupt bei Wolfsburg weitermachen will. Vor allem muss man den emotionsgetriebenen Augenblicksgefühlen aber einen rationalen Blick auf die Realität entgegensetzen. Denn der Normalfall ist ein Trainer, dessen Vertrag im Frühjahr unter großem Applaus verlängert wird, weil er einfach der Beste ist – um im Herbst unter großem Applaus gefeuert zu werden. Weil er einfach gar nix bringt. So geht das jahraus, jahrein. Es gibt nur drei Bundesligatrainer, die länger als drei Jahre im selben Job sind, und nur einen, der wirklich nachhaltig an einem Standort wirkt – Christian Streich in Freiburg.

Es gibt keine Branche, in der ein einziger Mensch so entscheidend ist für das ganze Unternehmen. Diesen Typen zu finden und mit ihm eine nachhaltige Struktur im Team und im Club aufzubauen, die eines Tages stark genug ist, um ohne ihn weiterzukommen: Das muss das Ziel eines verantwortungsbewussten Managers sein, der nicht selbst nur auf der Durchreise ist. Wenn Schmadtke sieht, dass Bruno Labbadia dieser Trainer sein könnte, sollte er ihn festhalten. Wenn nicht, dann nicht.

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Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried

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