Kolumne Liebeserklärung: Politik könnte wieder sexy werden

Eine Kooperative Koalition, die den Parteien politischen Freiraum lässt, wäre genau die richtige Antwort auf den Erfolg der AfD.

Nein, die „Koko“ ist nicht Kokolores Foto: TOM

Das Pferd ist tot. Wer die BeobachterInnen des politischen Berlin fragt, bekommt fast nichts anderes zu hören. Die Koko, also die Kooperative Koalition, wird als Kokolores abgetan. Vor allem die Linken innerhalb der SPD hatten die Idee, dass sich die Partei mit der Union in zentralen politischen Themen auf ein gemeinsames Vorgehen einigt, in allen anderen Punkten aber freie Hand bekommt. Das soll nun also Kokolores sein. Aber warum eigentlich?

Weil Kokolores so gut zu „Koko“ passt? Ja, schöner Witz. Weil die CDU/CSU total dagegen ist? Ach, echt, seit wann ist die Union wieder so stark, dass sie ihren Willen durchsetzen kann? Weil – igitt – die SPD dann „fremdgehen“ könnte?

Da kommt man dem Problem schon näher. Die Koko wäre geradezu exotisch. Sie wäre ein Festival der Demokratie, ein Aphrodisiakum für die Debatten im Bundestag. Politik könnte wieder sexy werden. Kein Wunder, dass man im konservativen politischen Raum ob so viel Freizügigkeit die Nase rümpft.

Dabei würde die Koko es allen Parteien erlauben, ihr politisches Profil zu wahren. Unterscheidbar zu sein. Attraktiv zu bleiben. Sie von dem Vorwurf befreien, sich wegen des Koali­tionszwangs bis zur Unkenntlichkeit zu verbiegen. Ja, die Koko hätte ein Pro­blem: die AfD. Bei wechselnden Mehrheiten wird es Entscheidungen geben, die nur zustande kommen, weil auch die Rechtsextremen dafür waren. Aber das ist ein akzeptables Vorgehen, solange sich keine der anderen Parteien bei den Populisten mit Kompromissen anbiedert, um deren Zustimmung zu bekommen.

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Auf jeden Fall wäre das eine bessere Antwort auf den Bundestagseinzug der AfD als die nun wieder von allen Seiten hochgelobte Große Koalition. Die, da waren sich nahezu alle KommentatorInnen noch vor Kurzem einig, ist gleichbedeutend mit politischem Stillstand, fatal für den demokratischen Prozess, Doping für Populisten.

Nein, das Pferd ist nicht tot. Es fehlt nur der Mut, es zu besteigen. Denn die Koko ist wild, nicht einfach zu händeln. Wer sich in ihren Sattel traut, könnte sogar stürzen. Aber sie dürfte das Publikum anziehen, vielleicht sogar begeistern. Jedenfalls mehr als der festgefahrene Karren, an dem zwei Ackergäule in unterschiedliche Richtungen zerren, der neuerdings wieder als Zukunftsmodell gepriesen wird.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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