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Kolumne Ich meld' michVor Einbruch der Nacht

Im Yasuni Nationalpark in Ecuador lebt der Dschungel. Noch. Denn unter dem Boden liegen ergiebige Erdölfelder.

Hinterm Gebüsch lauert ... Bild: imago/Chromorange

E s wird Abend im Yasuni-Nationalpark. Von einem Moment zum anderen setzt Lärm ein, ein Keckern und Zilpen, Schnarren und Flöten, als müsse sich jedes Wesen vor Einbruch der Nacht noch einmal melden, um nicht vergessen zu werden.

Den ganzen Nachmittag sind wir durch das Labyrinth namens Dschungel gepaddelt. Wir haben Schlangenhalsvögel entdeckt, lärmende Papageien an einer Salzlecke und Totenkopfäffchen, die wie Kamikaze-Akrobaten durch einen Guavenbaum tobten. Hoatzins, die Urzeitvögel, bellten, und stahlblaue Morphofalter taumelten wie besoffen übers Wasser.

In einem Seitenarm hatte unser Führer plötzlich den Finger auf den Mund gelegt. Schon tauchte ein schwarzer Kopf aus dem Wasser, ein glitschiger Körper folgte. Und plötzlich prusteten und planschten gleich fünf Riesenotter wie Schuljungen miteinander. Jetzt gleiten wir zurück durch die Kanäle. Der schwarze Spiegel des Wassers verdoppelt Palmen, Helikonien und Mangroven.

Bild: privat
Franz Lerchenmüller

Franz Lerchenmüller ist freier Reiseautor und lebt in Lübeck. Kontkat: www.franz-lerchenmüller.de

Ein Glucksen und Gurgeln dringt aus der amphibischen Welt, immer wieder hört man ein Wälzen im Wasser, einen Schwall, ein zu Tode erschrockenes Fiepen. Große Fledermäuse sind unterwegs, die Frösche huldigen den ersten Sternen. Das Gebiet der Napo-Wildlife-Lodge ist eines der wundersamsten Stückchen Erde.

Doch unter seinem Boden liegt auch eines der ergiebigsten Erdölfelder Ecuadors. Schon heute wird im Nationalpark nach Öl gebohrt. Noch nicht angezapft sind drei große Felder. Präsident Correa hat der Welt angeboten, diesen Schatz nie anzurühren – wenn sie ihm die Hälfte des Werts ersetzt. Tolle Sache, fand die Welt. Aber zahlen – zahlen sollen die anderen. Der Vorschlag hat sich wohl erledigt.

Irgendwann, befürchten die achtzig Familien vom Stamm der Kachwa, die in der Lodge vom Tourismus leben, rücken dort die Bohrer an. Die Bungalows am Ufer der Lagune kommen in Sicht. Ein letztes Mal grollen von fern die Brüllaffen. Es klingt wie ein Rückzug. Wie Krieger, die einen Kampf verloren haben.

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