Kolumne Hier spricht Brasilien: Alles ist falsch?

Nicht nur die WM-Organisation ist schräg, sondern das ganze Fortschrittsmodell Brasiliens. Deshalb begehren die Menschen auf.

Mehr Ordem als Progresso. Bild: dpa

Alles ist falsch!“ Der Satz stand auf einem Graffito einer Brasilien-Fahne im Norden von Rio. Er ersetzte die offizielle Inschrift „Ordem e Progresso“ (Ordnung/Befehl und Fortschritt). So etwas kam im Land des Fußballs früher nicht vor: eine heftige Kritik der Weltmeisterschaft.

Die Art und Weise, wie diese WM im Land umgesetzt wird, scheint wirklich falsch. Aber ist nicht „alles“ falsch? Ist nicht auch ein Fortschritt falsch, der die Wünsche der Bevölkerung nicht berücksichtigt? Ein Fortschritt, der qua Befehl durchgesetzt wird? Der Befehl, zu schweigen, zu akzeptieren, zu vertreiben, zu säubern, der Befehl, die Ordnung aufrechtzuerhalten.

Alle Welt schaut auf Brasilien. Ein guter Anlass, eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Aufrechterhaltung der Macht in unserer Demokratie zum Ausbruch zu bringen. Familien werden für Parkplätze aus ihren Häusern geräumt, Grundrechte negiert, öffentlicher Raum wird privatisiert. #EswirdkeineWMgeben! (#NãovaiterCopa!)

Wo ist denn die Demokratie, wenn wir gar nicht gefragt wurden? Immer mehr Leute fordern echte und direkte Teilhabe an den politischen Entscheidungen. Der Missmut über die Mechanismen der repräsentativen Demokratie wird immer deutlicher.

Graffitis zieren die für Touristen geschminkte Stadt. Es sind Stimmen derjenigen, die die Verletzung ihrer Rechte nicht mehr nur hinnehmen wollen. Wenn befohlen wird, zu schweigen, wird auf der Straße reagiert, denn wir wollen mitmachen und Politik gestalten. #EswirdkeineWMgeben, denn die Stadt gehört nicht der Fifa. Die Stadt ist, was wir aus ihr machen.

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