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Kolumne EierDer mit den zwei Schwulen im Taxi

Schwulen-Witze, Frauen-Witze, Juden-Witze – in der Regel sind Witze über Minderheiten nicht lustig. Außer, sie gehen auf Kosten der Mehrheit.

Pffrrrzzzzztfchrrt Foto: imago/Steinach

A ls ich Teenager war, da erzählte man sich immer diesen einen „Schwulen-Witz“: Sitzen zwei Schwule im Taxi, der eine furzt: Pfffff. Dann der andere: Pfffff. Dann furzt der Taxifahrer: Pffrrrzzzzztfchrrt (hier beim Erzählen die Lippen anspannen, richtig spucken). Die beiden schwulen Fahrgäste nicken sich wissend zu. Der eine zum andern: „Sag ich doch: Jungfrau!“

Das Genre des Minderheiten-Witzes hatte Konjunktur – hat es wahrscheinlich auch heute noch. In der Regel macht diese Sorte Witz der thematisierten Minderheit keinen großen Spaß. Schwulen-Witze, Frauen-Witze, Schwarzen-Witze, Behinderten-Witze, Juden-Witze: Die Mehrheit lacht, der Rest nicht – weil er karikiert oder reduziert wird in einem Maß, in dem die Mehrheit einfach nicht karikiert werden kann.

Was ich an dem Witz über die furzenden Schwulen im Taxi aber immer mochte: Er heißt zwar offiziell Schwulen-Witz, geht aber eigentlich zulasten aller anderen. Das wurde mir klar, als ich ihn bei einer Kirchenchorfreizeit dem jungen Priester erzählte (Ich hatte getrunken). Der erstarrte, womöglich, weil er erst mal nicht verstand; und dann, weil er verstand.

Über den Witz lachen zu können, setzt Wissen voraus (etwa, dass Analsex sich natürlich nicht darauf auswirkt, wie man furzt). Und: Man braucht eine entspannte Einstellung zum Thema. Deswegen bleibt in der Regel allen, die diesbezüglich – hihi – einen Stock im Arsch haben, bei diesem Witz das Lachen im Hals stecken. Eignet sich super für Familienfeste. Falls Onkel Harald oder Tante Grit laut lachen, sollten Sie mit denen mal wieder quatschen.

Klar, alles was mit Analsex zu tun hat, verunsichert Heteromänner. Viele schwule Männer verunsichert es auch. Ist ja auch verständlich, wenn man all die Jahre beigebracht bekommt, dass man zum Stecken da ist, nicht zum Gesteckt-werden. Analsex verunsichert auch Frauen, aber anders, wie ich aus den Fragen meiner Freundinnen schließe. Da geht es dann darum, ob’s weh tut, ob’s Spaß macht, ob’s sicher ist. Praktischer Kram.

Je fester beim Gegenüber der Schließmuskel angespannt ist, desto mehr Spaß für die oder den Erzählenden.

Männer hingegen haben das Gefühl, dass es sie zu einem anderen Menschen macht, wenn sie anal Spaß haben. Dass es auch noch als negativ gilt, „gefickt“ zu sein, kommt erschwerend hinzu. Ein homophobes Familienmitglied von mir sagte mal, dass er keine Schwulen mag, weil die sich „in den Arsch ficken“. Dazu muss man sagen, dass sie das nie einfach so in seiner Gegenwart getan haben. Es stört ihn aber trotzdem viel mehr als alles andere, was Homos den ganzen Tag tun.

Deswegen ist dieser Schwulen-Witz eigentlich ein Heten-Witz, der in einem trojanischen Dildo durch die Hintertür eingeführt wird. Je fester beim Gegenüber der Schließmuskel angespannt ist, desto mehr Spaß für die oder den Erzählenden. Und ein Türöffner für ein bisschen Sexualkundeunterricht.

Und ja, mir ist bewusst, dass ich gerade eine Kolumne verschwendet habe, um einen Witz zu erklären.

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Peter Weissenburger
Autor
Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Medien.
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12 Kommentare

 / 
  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    It gets better - sogar für heterosexuelle, weiße männliche Marvel-Superhelden! Die dürfen mittlerweile auch schon passiv sein

     

    Links entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @2097 (Profil gelöscht):

      Ich bitte vielmals um Entschuldigung, den Wikipedia Link gepostet zu haben. Wenn mir bewusst gewesen wäre, dass sogar Wikipedia Links hinsichtlich Sexualaufklärung gegen die Netiquette verstoßen, hätte ich dies natürlich unterlassen!

  • Ist ja ganz witzig und den Furzwitz kannte ich noch nicht, aber wieso werden Frauen mit dem Etikett 'Minderheit' belegt? Und wo bleiben dann die Männer-Witze? - Es gibt 3 Phasen im Leben eines Mannes. Ich will 's, ich hab 's und ich hab 's satt.

  • @Janus

    Sie schreiben „Witze lassen sich über herausstechende Charakteristika einer Person/Personengruppe am besten machen.“

    Nur ist der Unterschied bei angesprochenem Witz-Genre dass es sich nicht um Charaktereigenschaften handelt sondern um soziale Konstruktionen (bspw.: Gender, race, Klasse).

    Mich würde interessieren, ob Sie sich einmal mit dem was Sie als „neulinke Verständnis von “Macht”“ verstehen, einmal auseinander gesetzt haben. Der „Anfänger_innenfehler“ der Ihnen unterläuft lässt erahnen, dass Sie es nicht getan haben. Es geht also nicht darum WO Sie einen Witz erzählen sondern WER diesen Witz macht.

    Ja es tut immer weh, wenn man Privilegien (bspw. immer Witze über alle machen zu können und dafür so gut wie nie auf die Fresse zu kriegen, Stichwort Mehrheit/Macht) abgeben muss.

    Und zu ihrem Witz – Ein Witz ist scheiße, wenn bestehende Machtverhältnisse stabilisiert werden. Das heißt also nicht, dass man keine Witze mehr machen kan in denen bspw. Jüdinnen und Juden vor kommen. Sie haben also mit ihrem Witz dafür ein Beispiel geliefert.

     

    Zu dem Artikel selbst: Vielen Dank! Ich habe herzlich gelacht!

     

    Zu beschissenen Witzen allgemein: Ich kann als weiße, 'gesunde' Frau mich nur über Witze äußern, die eben auf die soziale Konstruktion des Geschlechtes abzielen.

    Ich kann über sexistische Witze lachen. Allerdings lache ich aus einem anderen Grund, als die Person die diesen Witz bringt. Ich lache, weil ich es lächerlich und erbärmlich finde, dass es Menschen gibt die es für nötig halten sich immer noch solcher Witze bedienen zu müssen. Dies gelingt mir aber in der Regel nur, wenn ich mit Freund_innen zusammen bin, die diese Situation ähnlich wie ich reflektieren. Wenn ich allein bin bleibt mir ebenfalls das Lachen im Halse stecken.

    Ist im übrigen sehr empowernd, wenn man gemeinsam mal Dumpfbacken auslachen kann. Die sind meist sehr perplex, weil ihr Plan voll nach hinten losgegangen ist XD

     

    P.P.S.: Lasst uns hier in den Komentaren coole Witze sammeln!!!

    • @Gerda Abdalla:

      "Mich würde interessieren, ob Sie sich einmal mit dem was Sie als „neulinke Verständnis von “Macht”“ verstehen, einmal auseinander gesetzt haben."

       

      Natürlich habe ich das. Man kann kaum taz lesen und nicht damit konfrontiert werden. Aber keine sorge, in mancherlei hinsicht bin ich ein echter Masochist, ich habe mir auch Foucault angetan (den ich hauptsächlich für diesen Unsinn in der Verantwortung sehe).

       

      "Es geht also nicht darum WO Sie einen Witz erzählen sondern WER diesen Witz macht."

       

      Beides ist relevant, da die "Machtverhältnisse" nur in Israel klar zugunsten der jüdischen Bevölkerungsanteile stehen.

       

      "Ein Witz ist scheiße, wenn bestehende Machtverhältnisse stabilisiert werden."

       

      Das fasst ziemlich gut zusammen, warum diese Denke totale Grütze ist. Sie erlaubt keinerlei politische Positionierung. Sie kämpfen stets gegen diejenigen die in der "Machtposition" sind und wenn es eine einstige Minderheit, der Sie mal positiv gesonnen waren, in eine Machtposition schafft dann müssen Sie auch diese bekämpfen. Diese Opfer/Täter Logik ist simpel, radikal, eindimensional. Eine plumpe Adaption von Marx aus dem Ökonomischen ins Soziale.

       

      "Ist im übrigen sehr empowernd, wenn man gemeinsam mal Dumpfbacken auslachen kann."

       

      Jajaja,... wenn man selber mal in der "Machtposition" ist dann muss man ja auch beweisen das man keinen Deut besser ist als die Menschen auf die man sonst stets schimpft, nicht wahr? ;-)

  • Die schönste Form der Verschwendung!!!

  • Es gibt keine Mehrheit.

    • @Demokrat:

      Und daher sollten generell keine Witze gemacht werden.

  • Mein schwarzer Kumpel, mit dem ich in meiner Jugend jahrelang um die Häuser gezogen bin, liebte es, Negerwitze (wie er sie nannte) zu erzählen.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @Meister Lampe:

      Das wird eventuell ein Teil seiner persönlichen jugendlichen Bewältigungsstrategie gewesen sein, mit dem gesellschaftlichen Rassismus klar zukommen! https://de.wikipedia.org/wiki/Bew%C3%A4ltigungsstrategie

  • Entwaffnender Schluss: ein ganzer Artikel über heiße Luft also! Egal, war amüsant zu lesen. ;)

  • Ich sehe das deutlich entspannter. Witze lassen sich über herausstechende Charakteristika einer Person/Personengruppe am besten machen. Das Lachen kann einem aus politischen Gründen im Halse stecken bleiben. Ansich sehe ich aber keinen Grund warum ein Witz über Juden weniger lustig sein sollte als ein Witz über Scientologen.

    Es gibt ja eine ganze Reihe von Begriffen, die das äußerst merkwürdige, neulinke Verständnis von “Macht” mit einbeziehen. Das bizarre daran ist das nach dieser Logik ein Witz über Juden in Jerusalem witzig sein kann, der gleiche Witz aber in Riad nicht komsich wäre.

    Das ist fast noch merkwürdiger als zu Behaupten das jemand der Asiaten hasst in Peking kein Rassist ist, die gleiche Person aber in Paris rassistisch wäre.

     

    // Ein Rabbi und ein Priester gehen an einem heißen Sommertag am See spazieren. Die Sonne strahlt gnadenlos auf ihre Häußter und die beiden würden sich nur zu gerne im See erfrischen. Doch leider haben sie keine Badekleidung dabei. Da schlägt der Priester vor: Komm lass uns baden gehen, so wie Gott uns geschaffen hat! Gesagt – Getan, die beiden Springen nackt in den See und erfrischen sich.

    Es kommt eine Gruppe Menschen aus ihrer Gemeinde am See entlang und ertappt die beiden dabei wie sie nackt am Ufer stehen. Der Priester verdeckt seine Blöße, der Rabbi schlägt die Hände vors Gesicht. Fragt der Priester den Rabbi: Warum hälst du dir die Augen zu? Antwortet der Rabbi: Meine Gemeinde erkennt mich am Gesicht!