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Kolumne Die eine FrageMehr Sozialökologie wagen

Peter Unfried
Kolumne
von Peter Unfried

Selbst in der Wirtschaft mehren sich Anzeichen für eine sozialökologische Wende. Aber kann auch die CDU Klimapolitik?

Hat den Hut auf und urteilt hart über ihre Partei: CDU-Politikerin Diana Kinnert Foto: dpa

D as Beste, was man für die SPD tun kann, ist, ihr eine Pause zu gönnen. Medial, weil ihre ewigen „Fahrpläne“ (Superwort!) und Personalwechsel ja nur die Herrschaft des bürokratischen Aktionismus ausstellen und damit das inhaltliche Vakuum.

Und eine Pause in der Regierungsverantwortung sowieso, sonst hat die alte und noch älter aussehende Partei überhaupt keine Chance mehr, sich unter Einbeziehung der zentralen zukunftspolitischen Felder neu zu erfinden. Wodurch sich zwangsläufig die Frage nach der CDU Deutschlands stellt, denn mit irgendwem werden die Grünen ja im kommenden Jahr koalieren müssen.

Die gesellschaftliche Frage ist sehr wahrscheinlich nicht mehr, ob sie zusammen regieren, sondern wie man sie dazu bringt, sich nicht entlang der alten Quatschfolklore aufzustellen, sondern entlang der neuen Konflikte und entscheidenden Zukunftsfragen.

Die junge Unternehmerin und CDU-Politikerin Diana Kinnert hat in einem Essay in der Welt die Union als „uneins, strategisch und programmatisch überfordert“ beschrieben.

Während sich die Anzeichen mehren, dass auch die Wirtschaft tatsächlich zu einem (behutsamen) sozialökologischen Aufbruch bereit sein könnte, keilt die Union mit müfflig riechendem Material aus der guten alten Zeit der national und patriarchal organisierten Industriegesellschaft gegen die urbanen und urban sein wollenden Leistungsträger der Mittelschicht und ihre protestierenden Kinder.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Wie soll das weitergehen? Mir fallen drei Szenarien ein.

Nummer 1: Die CDU verstärkt den von Annegret Kramp-Karrenbauer personifizierten Sound des Verächtlichmachens ihrer eigenen gesellschaftlichen Liberalisierungserfolge und framt die Erderhitzung als Erziehungsprojekt von linken Spinnern. Was doppelt danebengeht: Erstens ist Klimaproblembewusstsein Mainstream, zweitens haben sich linke Spinner nie für die Klimakrise interessiert.

Nummer 2: Die CDU steuert radikal um und macht die Erderhitzung zum zentralen Politikfeld. Diana Kinnert hat diese Neuerfindung skizziert: eine moderne Partei, die nicht die Grünen imitiert, sondern komplementär funktioniert und kulturell auch mit Gesellschaftskonservativen verknüpft.

Nummer 3: Bundeskanzlerin Merkel gelingt ein Befreiungsschlag, mit dem sie den Eindruck erzeugt, dass die Regierung und die Union die Klimaverträge von Paris einzuhalten bereit und in der Lage sind. Worauf die Mehrheitsgesellschaft glücklich zurücksackt, doch wieder CDU wählt und sich ihren Marotten und Klassikern zuwendet. Bis ihr eines Tages auffällt, dass immer noch nichts passiert ist.

1, 2 oder 3 – was es am Ende wird? Okay, Nummer 2 ist unwahrscheinlich. Aber das Verlässliche am CDU-Abgeordneten ist seine Pragmatik: Wenn er denkt, er könne seinen Wahlkreis mit Klimapolitik verteidigen, wird er sie anbieten. Wenn nicht, dann nicht. Es geht also darum, sie als gesamtgesellschaftlich prioritäres Politikprojekt zu verstehen und einzufordern.

Die entscheidende Frage der nächsten Bundestagswahl ist also weniger, wer mit wem regiert – sondern wozu

Die entscheidende Frage der nächsten Bundestagswahl ist also weniger, wer mit wem regiert – sondern wozu. Die radikal-realistische Politikaufgabe im Sinne von Robert Habeck lautet: Wie und mit welchen Leuten, Kompetenzen, Ministerien, Vernetzungen jenseits des Status quo kriege ich das in vielerlei Hinsicht sehr gut funktionierende Gesellschafts- und Wirtschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland sozialökologisch und europäisch upgedatet?

Man kann Angst kriegen, klar. Aber man kann auch sagen: Geil, dies ist die Chance, bei einer historischen Sache dabei zu sein, die sogar den westdeutschen Nachkriegsaufbruch von Willy Brandt in den Schatten stellen kann.

Wir wollen mehr Sozialökologie wagen.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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11 Kommentare

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  • &! Däh&Zisch - Mailtütenfrisch -





    So sind sie halt, die "Schwatten" -



    stelln alles in den Schatten,



    Vergesst den Willy Brandt!



    Jetzt gibt`s in diesem Land



    das Wunderwerk der Theorie,



    genannt "Sozialökologie"







    Der Robert Habeck datet up



    was sowieso schon funktioniert



    und hält das deutsche Land auf Trab.



    Die Wirtschaft läuft schon wie geschmiert



    und schmeißt sich an die Grünen ran.



    denn Robert ist ein toller Mann.







    Als Philosoph klärt er sodann



    die Fragen, die ein Wagner stellt.



    So gibt`s ein neues "Bild" der Welt



    taz.de/Der-Stil-Fr...-Wagners/!5603346/



    Virginia Woolf bei "Zimmer frei"



    Götz Alzmann hätte Spaß dabei,



    Frau Westermann ist`s einerlei.“

    Klar - FJD - “Nächstens oder Mittwoch morgen oder gleich“

    www.spinnert.de/ka...ardt-hochzeit.html

    Franz Josef Degenhardt – Hochzeit

    Nächstens oder Mittwoch, morgen oder gleich



    hocken wieder schwarze Vögel auf dem Deich.



    Jemand steht auf einem Eimer, mit der Hand



    Droht er und stößt Wolken in das Land.



    Beweg dich nicht. Wo ist dein Mund?



    Schließ noch nicht die Augen, sieh in den Himmel, und



    dann merk dir ganz genau,



    wo der Polarstern steht,



    eh der große Bär ihn frisst.



    Ritz dir in die Hand



    die Marschzahl, wenn es geht,



    eh man die Windrose bricht.…“

    kurz - Spiel nicht mit den Schmuddelkindern •

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Quoi qu'il en soi, zwei bevorstehende, vom zeitlichen Eintreffen jedoch kaum vorauszuberechnende Entwicklungen werden dem noch zu schließenden grün-schwarzen Pakt im Bund ein recht kurzes Leben bescheiden:



    1) Intensivierung bzw. gar regelrechte Eskalation der Migrationskrise und



    2) Die nächste globale Finanzkrise, ausgehend diesmal von chinesischer Überdehnung seiner Potenz



    Jedes für sich alleine wird unaushaltbare innere Widersprüche in der zukünftigen Koalition verursachen und gleichzeitig schonungslos offenlegen, wie hilflos die politischen Akteure angesichts solcher Krisen sind, so dass das was heute noch als eine ausdauernde zukünftige grün-schwarze Ära möglich scheint, schneller vorbei sein könnte als Unfried darauf einen angemessenen Abgesang geschrieben hat

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @61321 (Profil gelöscht):

      Erratum: *soit

  • Die Produktion von neuen Worthülsen funktioniert. Das zusammennageln von zwei Adjektiven zu einem Substantiv klingt sehr gescheit, ist allerdings die gleiche Augenwischerei, mit der seit Jahrzehnten die wachsende Bereitschaft der Gesellschaft für Umwelt-/Klima-/Ressourcenschutz und -schonung untergraben wird. Es ist nur die Verkürzung von "Versöhnung von Ökologie und Ökonomie"

    Vom "umweltfreundlichen Auto" zum (zusätzlichen) "klimafreundlichen Auto", von mit NOX Filtern ausgestatteten "umweltfreundlichen" Kohlekraftwerken zu (zusätzlichen) "klimaneutralen" Wind- und PV-Anlagen, von Müllhalden über Müllverbrennungsanlagen zur (zusätzlichen) "grünes Gewissen Industrie" des Dualen Systems"...

    Wir reden heute über die Folgen dieser seit 40 - nein - fast 50 Jahre andauernden Augenwischerei mit "schönen neuen Begriffen". Ihr ausschließliches Ziel ist, den Status quo der Wachstumslogik zu erhalten und mit neuen zusätzlichen Technologien den Schein von Lösungen aufrechtzuerhalten.

    Was meint "Sozialökologisch"? Nur die Gegenwart? Den sozialen und ökologischen Status quo der Toten von 2050? Was ist sozial daran, die ökologischen Grund- und Lebensbedingungen der Lebenden von 2050 zu zerstören?



    Oder meint es: Nicht mehr "mehr vom gleichen", sondern die "Veredelung des Lebensstils", wie es Ralf Fücks formulierte? Darüber lässt sich sicherlich sehr leicht ein Einvernehmen mit der CDU herstellen. Es ist ein Versprechen für die Gegenwärtigen, zu Lasten der Zukünftigen! Und rein von nationalen ökonomischen Interessen geleitet.

    • @Drabiniok Dieter:

      Liggers…als diese Quarktasche mir unterkam …

      “…Die gesellschaftliche Frage ist sehr wahrscheinlich nicht mehr, ob sie zusammen regieren, sondern wie man sie dazu bringt, sich nicht entlang der alten Quatschfolklore aufzustellen, sondern entlang der neuen Konflikte und entscheidenden Zukunftsfragen.…“

      Wer klemptnert sowas sehenden Auges zusammen & läßt es scheint‘s volltaub tränenblind via Redaktion vom Tisch & in Druck gehen^?^ Ma waas es nich.

      & Wie passend zeitgemäß - die bekannt'



      Burdaistaikone fein - in Fotto gesetzt👹

      kurz - “…und der Rest ist Schweigen…



      & 🕳 🕳 🕳 “

      Ach herm. Nich to glöben.



      Njorp •

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Da stehen sie dann alle auf der Wiese vor dem Reichstag und stellen sich entlang der alten Quatschfolkore auf.

        So sind sie das ja auch gewohnt.

        Kommt Coach Unfried um die Ecke:

        "Hey, ich sagte doch, ihr sollt euch entlang der neuen Konflikte und Zukunftsfragen aufstellen! Hört ihr mir denn nie zu?"

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @88181 (Profil gelöscht):

          .



          Sie dachten bei Ihrem kleinen Gedankenspiel nicht etwa an eine ganz neue Generation von Coachs?



          www.youtube.com/watch?v=__G4RrlGmVk

          • 8G
            88181 (Profil gelöscht)
            @61321 (Profil gelöscht):

            Der ist gut. Die Briten sind einfach die besten.

            Und das ist die neue Generation von Manschaft:

            www.youtube.com/watch?v=P6DVxRweVsU

  • "zweitens haben sich linke Spinner nie für die Klimakrise interessiert"

    Ich weiss ja nicht wen Sie als "linke Spinner "bezeichnen . aber wenn Sie damit die marxistisch-leninistische (splitter) partei meinen sollten so sollten Sie mal deren aktuelles programm lesen.da spielt der klimaschutz eine zentrale rolle und ihr vorsitzender hat sogar ein buch darüber geschrieben .



    auch wenn Ich kein leninist,sondern nur marxist bin halte Ich auf dem gebiet des klimaschutzes planwirtschaft für unverzichtbar .bin Ich damit für Sie auch ein "linker Spinner"?



    Sie plädieren für eine schwarz-grüne koalition im bund.die würde dazu führen dass die grünen den grössten teil ihrer wahlversprechen brechen müssen weil sonst die "c"du nicht mitmacht . infolgedessen würden die grünen ziemlich schnell unglaubwürdig werden .die enttäuschten wähler*innen würden dann bei der nächsten wahl in grosser zahl die linke wählen.



    konsequenter klimaschutz geht nur antikapitalistisch und nur unter der bedingung dass der primat der politik gegenüber der ökonomie den die neoliberalen in den letzten jahrzehnten nach und nach in sein gegenteil pervertiert haben restauriert wird . und zwar in einem bundesstaat der so global wie möglich und kein wohlstandschauvinistisches unsolidarisches projekt wie die heutige eu sein sollte



    auf den fridays for future demos fordern viele jugendliche einen systemwechsel.sie haben recht.



    auf dem freien weltmarkt der die freie marktwirtschaft auch in allen staaten erzwingt die auf ihm um kapital und arbeit konkurrieren,sind die kohlendioxidemmissionen bisher immer nur gestiegen und noch nie gesunken.



    die freiheit die neoliberale meinen wenn sie von freiheit sprechen ist die des wirtschaftlich stärkeren keine rücksicht auf das klima,die natur und den menschen nehmen zu müssen.es ist die freiheit von verantwortung.

    • @satgurupseudologos:

      Da haben Sie vermutlich recht, SATGURUPSEUDOLOGOS: Freiheit ist für manche Leute Freiheit von jeder Verantwortung. Die Frage ist also doch, wer mit wem regiert.

      Die Frage, nach dem Wozu muss natürlich außerdem gestellt werden. Allerdings nicht an eine ganze Partei (denn die wird niemals eine klare Antwort geben), sondern an einzelne Personen. Und nun, Herr Unfried, übernehmen Sie bitte wieder. Sie haben nämlich einen Job zu erledigen. Orakeln können Sie, wenn der getan ist.

      • @mowgli:

        Die Sonne tief über der Venne 😎

        & Däh!



        “…Und nun, Herr Unfried, übernehmen Sie bitte wieder. Sie haben nämlich einen Job zu erledigen. Orakeln können Sie, wenn der getan ist.“ (Gellewelle)🎭

        Das - nehmmer als - Wort zum Sonntag.

        Na denne 👺