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Kolumne Die eine FrageWas wird aus Özdemir?

Peter Unfried
Kolumne
von Peter Unfried

In der richtigen Welt würde Robert Habeck jetzt Partei- und Cem Özdemir Fraktionsvorsitzender. Bei den Grünen nicht.

Cem Özdemir auf dem Grünen-Parteitag am 25. November 2017 Foto: dpa

I n der richtigen Welt wäre jetzt völlig klar, dass Robert Habeck Parteivorsitzender wird und Cem Özdemir Fraktionsvorsitzender. Zwar haben sich die Grünen bei den Sondierungen als zukunftsbereite Partei inszeniert, die fähig ist, für die zentralen Politikfelder Sozialökologie, Europa und liberale Gesellschaft tragfähige Kompromisse mit Andersdenkenden zu schließen, aber im Ergebnis ist man wohl die kleinste Partei in der Opposition. Also die Besten nach vorn?

Schleswig-Holsteins Vizeministerpräsident Habeck ist Herz und Hirn eines anschlussfähigen Politikwechsels mit sozialökologischer Perspektive, Spitzenkandidat Özdemir für weite Teile der nicht grün wählenden Leute (und das sind nun mal die meisten) ein Staatsmann, der ihr Vertrauen hat. Oder schlicht der einzige Bundesgrüne, den sie überhaupt kennen.

Wie will man der mediengesellschaftlichen Irrelevanz entkommen und gleichzeitig eine anschlussfähige politische Gestaltungsperspektive anbieten, wenn man nicht die zwei Geeignetsten nach vorn stellt und als Kern eines neuen strategisch-operativen Zentrums begreift? Selbst wenn man mit Grünen redet, die das genauso sehen, erzählen sie stundenlang, warum das nicht geht.

Die Grünen-Weltlogik

Also Habeck, okay, da werde man sich mit ihm hoffentlich so einigen, dass es die Statuten nur dehnt, aber nicht verletzt. Und, klar, Özdemir sei landauf, landab der beliebteste Bundesgrüne. Aber das gehe ja wegen der diversen Quotierungen nicht und wegen der machtstrategischen Züge, die andere innerhalb der Grünen-Weltlogik ziemlich perfekt gemacht haben. Konkret: Das Bündnis der derzeitigen Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt (Frau, realagrün) und Anton Hofreiter (Mann, linksgrün) sichert beide ab – und Bienenkönigin Göring-Eckardt ist nach jetzigem Stand so eisern, dass der als Realomann etikettierte Özdemir nicht gewählt werden kann.

taz am wochenende

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Warum das mit Habeck nicht längst geklärt ist; warum das bekannteste Gesicht in die dritte Reihe rücken und der Rest einfach weitermachen soll: ein normaler Mensch kann das alles unmöglich verstehen. Aber das tut nichts zu Sache. Die Grünen sind schon wieder vollauf damit beschäftigt, die Zentrifugalkräfte in der eigenen kleinen Welt auszubalancieren. Das war das zweite Leitmotiv des jüngsten Parteitags neben der perspektivlosen Selbstbegeisterung. Das Auseinanderdriften, die Konzentration auf das Eigentliche, nämlich das Eigene, das sich in dem rhetorischen Beschwören der neuen Harmonie verbergen wollte und genau dadurch offenbarte. Die einen brauchen ihren Dogmatismus, den sie ironischerweise als Fortschrittstradition pflegen, damit ihre kleine Welt nicht aus den Fugen gerät. Und die anderen haben sich abgefunden. Oder täusche ich mich?

Wenn man beim Grünen-Parteitag zuhört, dann ist man mal in der kleinen Grünen-Welt selbstgerechter Hohepriester der Dogmatik und eines merkwürdigen ethischen Überlegenheitsanspruchs, aber dann auch wieder in der realen Welt komplexer politischer Kompromisse. Die Aufgabe ist nicht, sich „treu“ zu bleiben, sondern eine neue sozialliberalökologische Antwort zu suchen auf die radikalen Veränderungen der deutschen und europäischen Gesellschaft, die Marginalisierung der nur noch eingeschränkt funktionierenden Volksparteien und die eigene Niederlagenserie. Robert Habeck macht mit seiner Partei in Schleswig-Holstein genau das. Die ganz große Antwort gibt es übrigens auch schon, das will ich ausnahmsweise hier mal sagen. Sie kommt von Winfried Kretschmann.

Das zu ignorieren ist das eine. Aber es jetzt Cem Özdemir büßen zu lassen, das wäre wirklich lower als low.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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14 Kommentare

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  • Robert Habeck auf der taz-Titelseite. Klasse ! Bin das Gezwitscher von KGE und Özdemir sowas von leid; die beiden tun so, als wäre die Welt völlig in Ordnung KGE Hartz IV-Befürworterin und Özdemir als Quotierter. Mir reicht das.

    Auf Kretschmanns Kommentare kann ich gut verzichten.

    Und die Nachfolgerin von KGE steht bereit.

    Nachdem ich Futurzwei lese, finde ich Peter Unfried gar nicht so verquer.

     

    Go Ahead Robert Habeck und Glückauf !

  • Da hat sich Peter Unfried wieder auf seiner Spielwiese rumgetummelt - aber seine politische Logik ist der Struktur nach die gleiche geblieben: Mit einer unglaublichen Manie hechelt er den vermeintlichen Hoffnungsträgern hinterher: vor kurzem waren es noch Linder (der inzwischen in der Versenkung verschwunden ist), dann war es Macron (der scheint ihn auch schon nicht mehr zu interessieren), jetzt ist es Habeck, der neue Star (ohne nähere Begründung). Ach ja, Anschlussfähigkeit ist der neue Qualitätsbegriff.

    Lasst bitte Peter Unfried erst wieder auf diesen attraktiven Platz, wenn sich seine unkritische "Anhänglichkeit" spürbar nachgelassen hat.

  • Irgendwie bin ich nach dem lesen dies Artikels UNzuFRIEDen... ok, schlechtes Wortspiel.

    Winfried Kretschmann kennt also "Die Antwort" und Herr Unfried weiß dass Kretschmann sie kennt. Und wie ist die Antwort?

    Aber er lässt uns ratend zurück.

    UNbeFRIEDigend!

  • Hat Unfried einen Waschzettel von Özdemir abgeschrieben?

     

    Selten so eine Lobhudelei gelesen. Ich kenne eine Menge Leute, die wählen die Grünen WEGEN Özdemir nicht mehr (und auch wegen K. G.-E.).

  • Muss er jetzt Hartz IV beantragen?

    ...

    • @Hartz:

      Wer ?

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    In der 'richtigen Welt' würden weder SPD, CDU, FDP noch AFD zur Wahl antreten und die Grünen wären die neoliberalste Partei, die es gibt.

    In der 'richtigen Welt' hätten die Grünen nicht Hartz-IV eingeführt.

    In der 'richtigen Welt hätte die GroKo keine Gefangenenlager in Libyen finanziert.

    In der 'richtigen Welt' wäre das Kapitals als gesellschaftlich betimmende Kraft überwunden und Peter Unfried müsste was 'richtiges' schrieben.

    Da kann er eigentlich froh sein, dass dies nicht die 'richtige Welt' ist.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @85198 (Profil gelöscht):

      :-)

  • Weil alle anderen hier nur schlecht gelaunt kommenieren: Also ich habe das gern gelesen und komme mir hinterher nicht dümmer vor, im Gegenteil.

    • @Mark2013:

      Man muss allerdings beim Lesen schon mächtig gefickt worden sein, um zu wissen, wann „hinterher“ ist.

  • Ja wie? "Staatsmann" - Mannoman.

     

    Fehlt nur noch"Staatsmömmelmann" in grün - als der was andere - Superperformer. Gell.

     

    Anyway & Danke ins around.

    Daß ich ansonsten - heute frei hab.

    Fein.

  • Kommentar entfernt. Bitte verzichten Sie auf Beleidigungen. Die Moderation

  • "eine neue sozialliberalökologische Antwort"

     

    Die Adjektive sind da sicherlich in der falschen Reihenfolge, bzw. das erste kann man gleich weg lassen. So PulsOfEurope-, Macron- oder Schulz-Gedöns mit beseelten Sprechblasen, die knallharte ökonomische Realität verschleiern sollen...

  • Der Unfried der Woche ist also auch schon wieder auf dem Tisch. Mahlzeit!

     

    In der richtigen Welt würden die Grünen zu Weihnachten Schnee bestellen und die Rechnung dafür dann von Geringverdienern bezahlen lassen.

    Bei der taz Kolumne „Die eine Frage“ nicht und bei Bild hieße diese Kolumne wohl „Die Frage Nr. 1“.

     

    Was lernen wir? Winfried Kretschmann hat die „ganz große Antwort“ und Peter Unfried kennt sie sogar, behält sie aber besser gleich für sich. Na denn - Servus.