Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Inszenierung des Hilfstheaters
Leider kein „Wallraffplatz“ mehr im WDR, Kreuzfahrtenjournalismus ahoi und das große Sommer-Flüchtlings-Special der BILD.
H allo taz-Medienredaktion, liebe Neger!
Der Filterkaffee ist ja schon mal wieder da. Allerdings warte ich noch immer auf die Rückkehr des Hustinettenbärs und auch auf die der Klimbim-Familie, zumal ja mit Barbara Schöneberger ein adäquater Ersatz für Elisabeth Volkmann gefunden wäre. Und während ich auf die Wiederauferstehung des guten alten, renitenten Fernsehens hoffe, will der WDR die Mediensendung „Funkhaus Wallrafplatz“ aus dem Radioprogramm nehmen.
Das könnte einem schnurzpiepegal sein, will man die Definitionsmacht von „interessant“ und „relevant“ gänzlich dem Internet überlassen oder unterbinden, dass HörerInnen sich mit dem WDR auseinandersetzen, mir aber bricht es ein weiteres Stück aus meinem kindlichen Herzen. „Der Spatz vom Wallrafplatz“ war eine Sendung, die ich nur allzu gern gesehen habe. Dass es die nicht mehr gibt, ist das eine. Immer habe ich mich des Namens erfreut.
„Walraffplatz“ – das klingt als Sendungsname so wunderbar sperrig und ungelenk. So nach „da will einer was“, dass es mich recht betrübt, wenn auch dem „Funkhaus Wallrafplatz“ die Antenne abgeknickt wird, zumal ja auch das „Funkhaus“ für den Charme von Heinz Erhardt und das langsame Aufwärmen des Fernsehapparates steht.
Ein alter Springer-Mann
Wo wir bei Heinz Erhardt sind – Oliver Schmidt wird Chefredakteur von „Koehlers Guide Kreuzfahrt“. Und bevor du jetzt denkst, Burmester sind die sauren Gurken zu Kopf gestiegen, Oliver Schmidt kennt doch keine Sau und Koehlers Dings schon gar nicht, rufe ich: „Einhalt!“ Ich kenne Oliver Schmidt recht gut und ich kann sagen, Oliver Schmidt ist der heiße Scheiß der Kreuzfahrtberichterstattung. Schmidti gehört nämlich zu den Chosen Few, die von sich behaupten können, ein Schiff am Schornstein zu erkennen.
Ich schätze mal, Oliver Schmidt hat mehr Zeit auf einem Dampfer verbracht als Rezzo Schlauch auf dem Fahrrad, und was er an Geschichten von Mensch und Meer zu erzählen weiß, bläst einem die Prinz-Heinrich-Mütze vom Kopf. Obendrein kann er aus dem Stegreif Heinz Erhardt zitieren, dass man vor Freude noch ne Runde Eierlikör ausschenkt.
Dummerweise gehört das Dings zu dem Verlag des unsympathischen Militaria-Sammlers Peter Tamm, dem die Hamburger Politsäcke unter Ole von Beust sein ekliges Schiffsmuseum erstaunlich großzügig finanzierten. Durch die Verlagszugehörigkeit profitieren nun auch die Leser von Springers Seelenverkäufer Die Welt von der Kompetenz des Käpt’n Schmidt: Es gibt eine Medienpartnerschaft. Oh Wunder. Der „Ehrenschleusenwärter“ Tamm ist alter Springer-Mann.
„Das große Sommer-Special“
Dass „gelernt gelernt ist“ beweist Springer erneut mit seiner aktuellen Kampagne. Nachdem jahrelang Menschen dämonisiert wurden, die einen Asylantrag in Deutschland stellen könnten, inszeniert man nun ein Hilfstheater unter dem Motto „Das große Flüchtlings-Drama“. Was auch nicht viel anders klingt als „Das große Sommer-Special“. In diesem Sinne ist es sicherlich zu verstehen, dass Bild.de ein Foto der in Österreich erstickten Menschen im Lkw gezeigt hat. Trifft das nicht zu, steht die Veröffentlichung sicherlich im Zusammenhang mit dem Kampf Springers für die Pressefreiheit, die im Bild.de-Chef Julian Reichelt eine neue Galionsfigur gefunden hat.
Viel Aufregung gab es, weil auch die Kronen Zeitung in Österreich das Bild unverpixelt gezeigt hat. Ich kann die Aufregung nicht verstehen. Anders als deutsche Medien, hat die Krone das Firmenlogo des Lkws unkenntlich gemacht. Nicht, dass man noch wegen Rufschädigung drankommt. Alles an seinem Platz wissend, zurück nach Berlin!
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