Kolumne Die Kriegsreporterin: Rechtschreibfehler? Küche putzen!
„Bild.de“ sucht die „Millennials“, Der „Spiegel“ wird aktiv bei der Frauenförderung. Und „Focus.de“ minimiert die Buchtsabendreher.
Hallo taz-Medienredaktion!
Kennst du das, dass du durch eine Winzigkeit, einen kleinen, dahingeworfenen Satz begreifst, dass du dich über Jahre getäuscht hast? Bei mir war es die Meldung, dass Bild.de, also die Stromausgabe der Bild-Zeitung, auf ihrer Seite ein Extraangebot für Menschen plane, die um das Jahr 2000 geboren sind. Also für 15- bis 20-Jährige.
Als ich das las, war ich überrascht und mir wurde klar, dass ich die ganze Zeit davon ausgegangen war, dass Bild.de bereits für diese Altersgruppe gemacht werde. Also für Leute, die mitunter noch eine einfache Sprache brauchen, komplexe Inhalte auf „Weil es zu heiß wurde, machte das Atomkraftwerk krawumm“ runtergebrochen bekommen müssen und viele Bilder brauchen, die ihnen helfen, die Inhalte zu verstehen.
Aber die sich eben auch für wenig mehr interessieren als für Bier, Titten und Fußball. Und Griechen, die uns alles wegnehmen. Verrückterweise nennt der Springer-Verlag seine neu definierte Zielgruppe „Millennials“, und ich frage mich, ob das nicht ein wenig hochgestochen ist und ob Menschen, die das Wort lesen und aussprechen können, nicht eher Geo lesen möchten.
„Jungs berufen nur Jungs – das machen wir nicht mehr!“
Sehr gefreut habe ich mich letzte Woche über die Sätze von Klaus Brinkbäumer, Chefredakteur des Spiegels. Er hat im Gespräch mit Pro Quote, einem Verein frustrierter Frauen, die Katzenbilder sammeln und beim Sex mit dem Ehemann an Roland Kaiser denken, außer sie sind lesbisch, dann denken sie an Megan Fox, egal wobei, gesagt, er wolle die Ketten seiner Machokultur sprengen und Frauen nicht länger den Zugang zu Führungspositionen verweigern.
Es waren Sätze wie „Jungs berufen nur Jungs – das machen wir nicht mehr!“, die mich voll und ganz für ihn einnehmen. Und mehr noch, ein Satz wie: „Einfach nur warten, dass Frauen von ganz allein den Weg nach oben schaffen, ist nicht genug. Personalverantwortung bedeutet, dass man handeln muss.“
Das sind Statements, meine ich, die sagt man nicht nur einfach so dahin. Das sind Bekenntnisse, die es selbstverständlich werden lassen, dass Frauen, die das Spiegel-Gebäude betreten, ein Kompass ausgehändigt wird. Eine Maxi-Packung Hartkekse und dass diese Frauen einen Beutel Astronautennahrung bekommen, deren Haltbarkeitsdatum nicht vor dem Jahr 2045 abläuft.
Das Schimpf- und Schande-Ressort
Meldungen über Focus sind eigentlich überflüssig, schließlich liest das Ding niemand. Ich kenne nicht einmal jemanden, der jemanden kennt, der auf einen Taxifahrer getroffen ist, der einen Cousin hat, der beim Zahnarzt ins Heft geguckt hat. Auch bekommt man nicht mit, dass irgendjemand – außer mir ab und zu, ich gebe es zu – auf focus.de guckt, was so los ist. Egal.
Tun wir mal, als täte das noch jemand. Dann nämlich wird folgende Information interessant: Um die Fehler auf der Seite – Buchtsabendreher, Rächtschreipfehler – zu minimieren, wird ein internes Fehlermeldesystem installiert, das festhält, in welchem Ressort die meisten Vehler passieren. Das Schimpf- und Schande-Ressort muss dann die Redaktionsküche putzen. Das finde ich schon mal eine tolle Idee, die der Chefredakteur Daniel Steil da vorstellt.
Das Gold der Zeit allerdings ist die LeserInnenbindung. In Kontakt mit dem Leser, der Leserin zu kommen, ist das größte Bestreben der Verlage. Und da frage ich mich, wäre es nicht viel klüger, die LeserInnen die Fehler finden zu lassen und dann loszufahren und deren Küche zu putzen? Mal ganz abgesehen davon, dass da womöglich auch weniger zu tun wäre. Ich finde, da sollte man noch mal drüber nachdenken. Und mit dieser So-überleben-die-Medien-Idee gebe ich frohen Mutes zurück nach Berlin!
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