piwik no script img

Kolumne Die KriegsreporterinMänner, die aus dem Jenseits senden

Kolumne
von Silke Burmester

Das ZDF schickt heute-Moderatoren ins Plakatwerberennen. Kann man die jetzt mieten? Für Partys? Harald Schmidt masturbiert derweil.

Schönes zum Thema Zahlen: Wenigstens Gruner & Jahr hat jetzt eine Frau an der Spitze. Bild: dapd

H allo, taz-Medienredaktion!

Das ZDF hat meine Gebührengelder genutzt, um großformatige Anzeigen zu schalten. In der Süddeutschen etwa oder im Spiegel. Darin bewirbt es „Fornoff“. Was, wie das Bild suggeriert, ein Mann sein könnte. Und der Text nahelegt: „Der Mann von heute“.

Tatsächlich, ich bin ja nicht blöd, ist „Fornoff“ ein Präsentator der heute-Nachrichten. Der Mann auf dem Bild sieht zwar nur wie der Bruder von dem aus dem Fernsehen aus, aber die Frage bleibt: Warum schalten die diese Anzeige? Welche Information soll hier transportiert werden? Kann man den jetzt kaufen? Oder ist das ein Mietmoderator, den ich mir für meine Party buchen kann?

Ich meine, einen Koch zu mieten, damit er meinen erlebnishungrigen Gästen einen brät, das ist ja nun durch. Aber so ein Moderatörchen, das Nachrichten verliest, das ist doch mal was Neues. Also, ich nehme an, die Anzeige ist dafür.

Überhaupt scheint das ZDF auf dem Weg, sich Nebeneinkünfte erschließen zu wollen. Im „Auslandsjournal“, jenem Magazin, in dem Pan Tau unter dem Namen „Theo Koll“ eine Anschlussverwendung gefunden hat, hat man zur Illustration des Themas „Gewalt in Honduras“ eine Blutlache in Form der Schweiz gezeigt.

Dass ausgerechnet die Schweiz gewählt wurde, ist eher Zufall. Dabei war das nur der Anfang, weitere Länder sollen als Blut- und Kotzelachen folgen und zum Weihnachtsgeschäft als Memory-Spiel erhältlich sein. Für ein Quartett-Spiel wird an eine Städtereihe in Form von Piss-Flecken auf Jogginghose gedacht, aktuelle und historische Nazi-Hochburgen sollen in der „Guido-Knopp-Kack-Edition“ herauskommen, für die das Titanic-Papst-Cover bzw. dessen Rückseite die Vorlage bietet.

Harald Schmidt im Reich der Untoten

Die Trennlinie zwischen einem relevanten Mann und demjenigen, der als ewig Gestriger im Fernsehen aus dem Reich der Untoten sendet, hat dieser Tage Harald Schmidt überschritten. Lange Zeit lief er federnd auf dieser Linie wie auf einer Slack-Line entlang, doch mit einer Zuschauerzahl von 5.000 beim Bezahlsender Sky lässt sich seine Relevanz für das Fernsehen deutlich ablesen.

Bild: Eva Häberle
Silke Burmester

berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Vor seinem ersten Auftritt sagte er: „In erster Linie mache ich die Sendung für mich selbst“, womit er sich nicht nur als Germanys next Top-Kassandra qualifiziert, sondern auch eine neue Honorarmarke für Selbstbefriedigung gesetzt haben dürfte. Hat eigentlich noch wer seine Witze zu Gottschalks Quotendesaster parat?

Schönes zum Thema Zahlen gibt es diese Woche aus Hamburg zu vermelden. Gruner & Jahr ist nämlich der Forderung des Vereins „Pro Quote“ gefolgt und hat ein Frau in die oberste Führung berufen. Zusammen mit zwei Männern teilt Julia Jäkel sich das höchste Amt im Verlag, die Leitung. Tja, selbst schuld, Pro Quote, wenn man nur 30 Prozent Frauenanteil in der Führung fordert …

Interessanterweise kriecht mir ein Gedanke unter den Helm, den zu haben heutzutage sich nicht mehr ziemt: Frau Jäkel hat im März Zwillinge bekommen. Ob ich will oder nicht, tut sie mir leid. Natürlich kann man alles um die Kinder herum „organisieren“ – aber so einen Job und dann zwei Babys im Rücken in einer ihrer bedürftigsten Phasen? Während der Körper von der Geburt gerädert ist?

Ich stelle mir das sehr gruselig vor und kann mich auch nur unzureichend durch das Bild trösten, wie der Zwillingsvater, der 69-jährige Ulrich Wickert, die schreienden Kinder mittels französischer Wiegenlieder in den Schlaf nuschelt. Immerhin hatte Die Zeit die Meldung von Jäkels Aufstieg bereits am Dienstag im Druck. Und niemand hat es gemerkt. Nicht einmal die von der Zeit. Schön blöd. Und damit zurück nach Berlin!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • RB
    Rainer B.

    Schön geschrieben! Was steht eigentlich drin?

  • T
    tazitus

    @ Hotel Ostoria:

    Wer fällt noch rein

    auf Martenstein?

  • HO
    Hotel Ostoria

    Harald Martenstein hat in seiner ZEIT-Kolumne bereits vor Jahren empfohlen Rentner für Vaterschaft zu rekrutieren. Frau Jäkel ist dem Rat gefolgt. Da sag noch einer Frauen denken nicht pragmatisch. Frau Wagenknecht hat auch schon Vorkehrung getroffen... Na denn, alles beim "Alten".

     

    Grau wie Ulrich ist Butlers Theorie.

  • A
    anke

    Wäre interessant gewesen zu erfahren, wem (oder was) Gruner & Jahr die Führung anvertraut hätte, wenn 50% Quote gefordert wären - bei drei freien Plätzen...?

     

    Ich hoffe, Silke Burmester bleibt in Top-Form und berichtet über alle diesbezüglichen Gleichstellungs-Fortschritte umgehend. Ansonsten vermag ich die Kriegsreporterin vielleicht beruhigen: Die Erfahrung lehrt, dass der Körper junger Mütter die Strapazen einer Geburt und die anschließende Rückkehr in ein stressiges Erwerbsleben in aller Regel ausgezeichnet verkraftet. Und auf ihre psychische Eignung ist Frau Jäckel gewiss vor der Einstellung gar umfänglichst getestet worden. (Dass Gruner & Jahr zwar extrem kompetente Juristen, aber keine dito Personaler beschäftigt, kann ich mir nicht vorstellen.) Ich meine: Vielleicht gehört Julia Jäckel zur großen Mehrheit derjenigen (Männer und Frauen), die sich einfach "keinen Kopp machen" über die Folgen ihrer Entscheidungen. Für andere, meine ich. Womöglich hat sie es ja nie von irgend wem lernen dürfen. Dann wäre die Dame jedenfalls genau richtig. Bei Gruner & Jahr und auch sonst (fast) überall, wo heutzutage geführt wird.

     

    Wenn das ZDF clever ist, druckt es als nächstes auf meine Kosten Poster mit dem Konterfei der Frau Jäckel. Ich bin ganz sicher, dass die ein riesiger Geschäftserfolg werden. Und vom Gewinn kauft das ZDF dann Hansi Hinterseer. Der hat immerhin zu 50% die selben Initialen wie Harald Schmidt. Wenn auch sein Ego vielleicht ein ganz klein wenig volkstümlicher ist.

  • TA
    TAZ an

    Der Mensch lebt von seinen Informationen !

    Warum nur hat H.S. so einen Quotenschwund und lebt jetzt im Tal der Unquoten ?

    Und was passiert mit der EU ,wenn Raab Bundeskanzler wird.

  • MS
    Mats seine Mutter

    Die Sonne scheint, die Burmester kriegsreportet....

    das Leben kann soo schön sein.