Kolumne Der Kommissar #15: Schnapslaune als Kriegsgrund

Akuter Vokalmangel, ethnische Säuberungen und überall Bauruinen. Das ist Kroatien. Kroatien muss raus aus der EU – noch in der Probezeit.

Die haben gerade noch gefehlt. Bild: ap

Kroatien ist erst seit letztem Jahr EU-Mitglied. Jetzt fragen alle: Wie konnte das passieren? Wer hat die reingelassen? Und was ist das überhaupt, Kroatien? So wie Slowakien und andere Phantasie-Republiken entstand Kroatien in den Neunzigern, als ein paar Dorfälteste nach dem Genuss von ein paar Flaschen Sliwowitz ihren Landstrich für unabhängig erklärten. Dabei wedelten sie wild mit dem vollgekleckerten Tischtuch herum, wodurch der neue Staat seine Nationalfahne erhielt.

Die Balkan-Kriege (1991-99, mitten in Süd-Ost-Europa!) waren größtenteils Folge einer Schnapslaune. Aber nicht nur. Denn die Jugos hatten zwar viele Gemeinsamkeiten (Sliwowitz, Hütchenspiel, Wettbetrug) aber auch knallharte Konflikte. Der krasseste: die Vokal-Ungerechtigkeit. Der Bonze im Kosovo schwelgte im Vokalüberfluss, während der Serbe („Srpski“), Montenegrer („Crna“) und Kroate („Hrvat“) unter akutem Vokalmangel litt.

Daran hat sich ein paar sinnlose Kriege später nichts geändert: Prst (Kroatisch für „Finger“), Krv (Kroatisch für „Blut“), Krk (Kroatisch für „Krk“). Nur, dass die Schnapsnasen vom Balkan plötzlich zur EU gehören. Aber: „E und U sind Vokale“, berichtet taz-Expertin Doris Akrap (39). Jetzt fragen alle: Wie kommt ein praktisch vokalloses Land in die EU?

Hauptstadt: Zagreb

Größe: klein

Bevölkerung: gesäubert

Exportgüter: Krawatten, Serben

Berühmte Leute: Ante Pavelic, Ante Gotovina, Ante Sapina

Berühmte Orte: Bratus, Adria-Grill, Café King

Kultur: Schach, Schachbrettmuster, Ethnische Säuberung

EU-Tauglichkeit: null

Der Krieg hat den Kroaten zwar keine neuen Vokale gebracht (alle vorhandenen stammen noch aus der Tito-Zeit!), aber neue Gebiete. Clever: Sie überließen die unwegsamen Berge ahnungslosen Hinterwäldlern („Bosnien“) und rissen sich die gesamte Jugo-Küste unter den Nagel, inklusive der über tausend Inseln, die jetzt den Blick aufs Meer versperren. Darum werden die Kroaten-Krieger als „Heroj“ (Kroatisch für: „Kriegsverbrecher“) gefeiert.

Benannt ist Kroatien nach der ersten und lange Zeit einzigen Erfindung, die diesen Leuten je geglückt ist: der Krawatte. Später überlegte man, das Land in „Ethnische Säuberung“ umzubenennen, ließ es dann aber wegen Verwechslungsgefahr sein.

Land der Bauruinen

Krawatte trägt der Kroate übrigens praktisch nie. Dafür baut er ständig irgendwelche „Ferienhäuser“, verliert aber schnell die Lust und lässt die Bauruinen in der Landschaft stehen, die er trotzdem an gutgläubige Touristen vermietet.

Die Straßen sind zu kurvig, die Menschen zu eckig, die Strände zu felsig (Seeigel-Alarm!). Lidl führt einen verzweifelten Kampf gegen Märkte, auf denen kroatische Bauern (das ist quasi jeder, der nicht gerade in der Armee dient ) selbstgebrannten Pflaumen-Schnaps, selbstgeräucherten Schweine-Schinken, selbstgeplündertes Hab und Gut der serbischen Nachbarn und die Dritten Zähne der Großeltern verkaufen. Kroatien muss sofort wieder raus aus der EU – am besten noch in der Probezeit!

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Von Juli 2007 bis April 2015 bei der taz. Autor und Besonderer Redakteur für Aufgaben (Sonderprojekte, Seite Eins u.a.). Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2011. „Journalist des Jahres“ (Sonderpreis) 2014 mit „Hate Poetry“. Autor des Buches „Taksim ist überall“ (Edition Nautilus, 2014). Wechselte danach zur Tageszeitung Die Welt.

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