Kolumne B-Note: Ohne Japan, ohne Bärte
Das WM-Finale daheim nachspielen? Das geht, weil EA Sports bei seiner „Fifa“-Reihe endlich auch Frauen mitspielen lässt. Was nicht allen gefällt.
B ei „NHL 16“ werden den Spielern Bärte wachsen. Das Eishockey-Computerspiel simuliert nun auch „authentische Bartlängen, -stärken -stile und -Wachstumsraten individueller Spieler“, verkündet Publisher Electronic Arts, der ganz offensichtlich einen harten Job damit hat, für seine Sportspiel-Serien Jahr für Jahr neue Kaufanreize zu erfinden. Für das Fußball-Pendant „Fifa 16“ hat man ebenfalls etwas Tolles entdeckt: Seit 1993 läuft die Reihe und, sieh mal an, es machen ja gar keine Frauen mit!
Das ändert sich ab dem 24. September, dann lässt sich das Finale der Fußball-WM in Kanada endlich im eigenen Wohnzimmer nachspielen. Na ja … außer, wenn Titelverteidiger Japan wieder im Endspiel steht. Oder Mitfavorit Norwegen. Denn die machen nicht mit bei „Fifa 16“, überhaupt sind nur Australien, Brasilien, China, Deutschland, England, Frankreich, Italien, Kanada, Mexiko, Schweden, Spanien und die USA spielbar, also gerade mal 11 der 24 WM-Teilnehmer.
Dass Weltmeister Japan fehlt, dürfte wohl lizenzrechtliche Gründe haben. Dass kein afrikanisches Team dabei ist, eher marketingtechnische. Überhaupt sind mit den 12 Teams bei weitem nicht die vielen Spielmodi der Männer möglich. Auch Frauen gegen Männer antreten lassen geht nicht – weil das ja bei der echten Fifa auch nicht passieren würde, so die Begründung. Nebenbei drückt sich Electronic Arts so um die Frage, auf welchem Männerniveau man die weltbesten Frauen einsortieren müsste und erspart sich damit mutmaßlich einigen Ärger in den sozialen Medien.
Den gab es natürlich trotzdem. Schon nach der Ankündigung im Mai hagelte es sexistische Kommentare: „Frauenfußball ist wie Pferderennen mit Eseln.“ „Auf Frauenfußball bei FIFA hab ich genau soviel bock wie auf Fußpilz.“ „Gibt es auch Trikottausch?“ „Und im Karrieremodus fallen dann die Spielerin wegen ihren Tagen aus oder was?“ Es ist ein Jammer.
Warum es so viele Fans der Fifa-Reihe einfach nicht ertragen, dass jetzt Frauen mitmachen dürfen? Weil die Entwickler dann nicht viel wichtigere Neuerungen einbauen können: „Wäre viel cooler, hätten sie sich erstmal um andere Sachen gekümmert, wie zum Beispiel 3. Bundesliga.“ Oder eben um Bärte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten